Trotz einer gewissen Erleichterung an der Inflationsfront verzeichneten die globalen Märkte einen weiteren glanzlosen Monat und beendeten damit eines ihrer schlechtesten Jahre in der jüngsten Geschichte. Die Konsumentenpreise in den USA gingen im November stärker als erwartet auf 7,1 % zurück - der geringste 12-Monats-Anstieg seit Dezember 2021. Obwohl Risikopapiere unmittelbar nach der Veröffentlichung der Daten in die Höhe schnellten, ließen eine Reihe gemischter Wirtschaftsdaten und aggressiver Äußerungen der US-Notenbank die Rallye schließlich wieder abebben. 2-jährige US-Staatsanleihen schlossen den Monat und das Jahr bei 4,4% - geringfügig höher als im November und 3,6 % höher als im Vorjahr. Der S&P 500 schloss den Monat mit einem Minus von 5,9 %, während der Eurostoxx-50 um 4,3 % zurückging. Damit verzeichneten die globalen Aktienmärkte das schlechteste Jahr seit der Finanzkrise 2008 und die globalen Anleihenmärkte das bei weitem schlechteste Jahr seit Verfügbarkeit der Daten für den Bloomberg Global Aggregate Index im Jahr 1990.

 

2022 – ein Blick zurück

2022 war das zweitschlechteste Jahr in der 12-jährigen Historie Bitcoins. Der Leit-Coin verzeichnete einen Rückgang von etwa 65%. Der gesamte Kryptowährungsmarkt ist ebenfalls um ca. 65% gesunken und hat damit rund 1,4 Billionen USD an Marktkapitalisierung verloren. Ein Blick zurück auf ein turbulentes Jahr lohnt sich:

 

  • Februar-März: Der Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine erschüttert die globalen Märkte. Energiepreise schnellen nach oben. Öl wird zwischenzeitlich zu über USD 123 gehandelt. Inflationserwartungen passen sich den neuen Gegebenheiten an. Die Zinsen steigen. Aktien und insbesondere unprofitable Tech-Aktien werden auf breiter Front verkauft. Die Korrelation von Kryptowährungen zu Tech-Aktien nimmt stark zu.  

  • Mai-Juni: Der algorithmische Stable-Coin Terra-USD bricht spektakulär zusammen und vernichtet rund 60 Mrd. USD an Marktkapitalisierung. Die gesamte Anlageklasse verliert rund USD 500 Mrd. innert weniger Tage. Der Marktzusammenbruch hat die Risse im Kryptomarkt offengelegt. Unlizenzierte «Centralized Finance» (Ce-Fi) Plattformen wie Babel, Voyager, Celsius, welche effektiv das Geschäftsmodell einer Bank betreiben, kämpfen mit Liquiditätsengpässen und können Rücknahmen von Kunden nicht mehr bedienen. Tausende von Gläubiger verlieren ihr Geld. Der hochgradig gehebelte Hedge-Fonds 3 Arrows Capital wird liquidiert. Aufgrund seiner Grösse und seiner Verflechtungen mit anderen Krypto-Investoren ist der Fonds systemrelevant. Die Liquidierung des Fonds führt zu weiteren Ausfällen und intensiviert die Abwärtsspirale.  

  • September: Ethereum passt sein Validierungssytem von einem stromfressenden Proof-of-Work System zu einem umweltfreundlichen Proof-of-Stake-System an. Dieser Wechsel wird als «The Merge» bezeichnet. Damit ist Bitcoin der letzte verbliebene Blue-Chip Coin, dessen Validierungsmechaninsmus mit einem hohen Energieaufwand verbunden istt. Der Preis von Ethereum steigt in Antizipation auf den Merge an, kann das Niveau allerdings nach dem Ereignis nicht halten. Ethereum verliert innerhalb von 2 Wochen nach Einführung der Proof-of-Stake-Validierung rund 27% an Wert.

  • November: Nachdem das Newsportal Coindesk die Verflechtungen zwischen der Trading-Firma Alameda und der Krypto-Börse FTX publik macht, nehmen die Volumen der Rücknahmen von Kundengeldern auf FTX exponentiell zu. Einige Tage später muss die Börse, welche einige Monate zuvor auf eine Bewertung von USD 32 Mrd. kam, Insolvenz anmelden. Zurück bleiben ca. 1 Million Gläubiger. In den kommenden Wochen kommen weitere Details zur Causa FTX ans Tageslicht. Bei FTX/Alameda handelt es sich nicht um eine Inkongruenz zwischen Aktiva und Passiva und auch nicht um einen kurzfristigen Liquiditätsengpass. FTX ist ein Betrugsfall massiven Ausmasses. Die Abwesenheit von Risikokontrollen, einer seriösen Buchhaltung sowie einer unabhängigen Aufsicht durch den Verwaltungsrat waren allesamt Umstände, die es einer Handvoll von Insidern um den Gründer Sam Bankman-Fried ermöglichte, Kundengelder zu veruntreuen. Der breite Kryptomarkt gerät in den Strudel von FTX und verliert rund 20%.  

 

Rückblickend war der Annus Horribilis geprägt von den spektakulären Zusammenbrüchen bedeutender Pfeiler des Ökosystems. Obwohl all die oben genannten Beispiele nichts mit der Technologie von Kryptowährungen oder Blockchain zu tun hatten, wurde das Vertrauen in die gesamte Anlageklasse schwer erschüttert. Wir sind zuversichtlich, dass nun da viel Liquidität aus den Märkten genommen wurde, die Spreu vom Weizen getrennt und die schlechten Akteure aus dem Markt gespült wurden. Die gesamte Branche sollte das Jahr 2022 als Weckruf nutzen, um fundamentale Elemente wie Transparenz und Sicherheit zu verbessern. Der Umgang mit Kundengeldern und der operationelle Setup im Bezug auf die Verwahrung der Assets wird wieder verstärkt in den Fokus der Aufmerksamkeit gestellt werden. Regulatorische Bestrebungen diesseits und jenseits des Atlantiks müssen darauf abzielen, einheitliche Wettbewerbsbedingungen zu erstellen und das Vertrauen in die Anlageklasse zu stärken, ohne dabei Innovation abzuwürgen. Dies kann seriösen regulierten Firmen wie beispielsweise der SEBA Bank nur entgegenkommen. 

Gregory Mall - Head of Investment Solutions

Portfolio Manager specialising in investment management of portfolios with traditional asset classes and cryptocurrencies.