Seit Jahresbeginn profitiert vor allem Bitcoin von den Turbulenzen im Finanzsektor. Aufgrund der stark gestiegenen Zinsen und umfangreichen Abflüssen von Einlagen, leiden Kreditinstitute an Liquiditätsengpässen (siehe Zusammenbruch SVB) und erleben dadurch eine Phase schwindender Integrität und Vertrauensverluste vonseiten der Anleger. Das Debakel der Credit Suisse, welches aus jahrelangem Missmanagement und Risikogeschäften resultiert, setzt dem ganzen Unheil noch die Krone auf. Der iShares Global Financials ETF verliert seit Jahresbeginn -9% an Wert, während Bitcoin um +87% zulegt. Die Marktdominanz von Bitcoin steigt indes auf 46%, etwa +6%-Punkte höher als noch zu Jahresbeginn.

Fairerweise muss man festhalten, dass auch der Kryptomarkt im Verlauf des ersten Quartals mit einer Reihe an Negativnachrichten konfrontiert war. Durch die Schliessung der krypto-freundlichen Signature Bank im März, welche im grossen Umfang USD-Transaktionen zwischen Kryptofirmen abwickelte, rutschte der Preis von Bitcoin zwischenzeitlich unter die wichtige Marke von 20'000 USD. Damit verlor die Kryptoindustrie nach Silvergate ihre zweite Schlüsselbank innerhalb weniger Tage. Darüber hinaus verschärfte der Chef der US-Finanzaufsicht, Gary Gensler, seine Kritik gegenüber Kryptowährungen deutlich und warnte Anleger wiederholt vor dieser «hochspekulativen und volatilen Anlageklasse». Nahezu zeitgleich drohte die US Securities and Exchange Commission (SEC) mit einer Vollstreckungsklage gegen Coinbase weil diese mit dem illegalen Vertrieb nichtregistrierter Wertpapiere gegen das US-Bundeswertpapiergesetz verstossen haben soll. Die Börsenaufseher beziehen sich hiermit auf die Staking-Dienste diverser Kryptobörsen wie Coinbase und Kraken.  

Umso bemerkenswerter, dass sich der Kryptomarkt hiervon nicht beeindrucken lässt und die Performance aller übrigen Anlageklassen in den Schatten stellt.      

Kurssprung bei Ethereum nach erfolgreichem «Shapella Upgrade»    

Das Ethereum-Netzwerk erreichte in der Nacht vom 13. April mit dem reibungslosen «Shapella Upgrade» einen wichtigen Meilenstein und ermöglicht sogenannten Validieren nun ihre bereits «gestakten» ETH aus dem Protokoll wieder abzuheben («unstaking»). Entgegen der mehrheitlichen Meinung, dass ein Grossteil der wieder freigegebenen ETH-Bestände zu Verkaufsdruck führen würden, stieg der Preis von Ethereum um über 5% seither an und handelt zum ersten Mal seit Mai 2022 wieder über die Marke von 2'000 USD. Damit konnte die zweitgrösste Kryptowährung (gemessen an der Marktkapitalisierung) gegenüber Bitcoin die relativ schwächere Preisentwicklung seit September letzten Jahres wieder aufholen und die Jahresperformance auf 76% ausbauen.    

Makroökonomisches Umfeld trübt Perspektiven für weitere Kurssprünge von Risikoanlagen    

Wirft man einen Blick auf die weltwirtschaftliche Entwicklung, vor allem der USA, könnte der gegenwärtigen Euphorie am Kryptomarkt schon bald Einhalt geboten werden. Zuletzt fiel der ISM-Einkaufsmanagerindex (PMI) mit 46.3 Punkten auf den tiefsten Stand seit Mai 2020. Der ISM-Service Index (non-PMI) fiel ebenfalls von 55.1 Punkten im Februar auf 51.2 Punkte im März. Auch wenn Werte über 50 noch als expansiv gedeutet werden, ist hier dennoch eine deutliche Verlangsamung des ISM-Service auszumachen. Der Service Sektor spiegelt etwa 80% des US Bruttoinlandsprodukts wider und ist damit wesentlich für Wachstum und Inflation verantwortlich. In beiden Fällen fielen die Indizes jeweils deutlich unter die Erwartungen der Marktakteure. Am Arbeitsmarkt stiegen die Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung auf 228'000 an, ebenfalls höher als erwartet. Bislang unbeeindruckt davon zeigt sich derzeit nur die Anzahl neu geschaffener Arbeitsplätze (NFP) mit 236'000 und die Arbeitslosenquote von 3.5%.    

Meiner Meinung nach ist Skepsis über die weitere Preisentwicklung von Risikoanlagen bzw. Kryptowährungen im speziellen angebracht, da mit zunehmend rückläufiger Inflationsraten in den USA, auch der Druck der Federal Reserve abnimmt an der aktuell restriktiven Zinspolitik länger festzuhalten. Natürlich befindet sich die aktuelle US-Inflationsrate mit 5.0% bzw. die Kerninflationsrate mit 5.6% noch deutlich oberhalb des gesteckten Ziels der FED von 2%. Jedoch deutet das sich eintrübende konjunkturelle Umfeld und die Zurückhaltung der Banken bei Kreditvergaben darauf hin, dass die FED wohlmöglich früher als erwartet einen Kurswechsel in ihrer Zinspolitik vollzieht. Dadurch würden sich über längere Frist die Liquiditätsengpässe bei Banken reduzieren und das Vertrauen von Anlegern in das Bankensystem sich wieder aufhellen. Kryptowährungen würden damit einen wesentlichen Performancetreiber aus diesem Jahr verlieren    

Die Frage, welche sich dann stellt, ist ob Bitcoin zukünftig wieder mehr als Risikoanlage gehandelt wird und die Korrelation zu Anlageklassen wie Aktien deutlich zunimmt, oder das Narrativ der digitalen Währung als «sichere» Alternative zum etablierten Finanzsystem dem Abwärtsdruck eines schwächelnden wirtschaftlichen Umfelds standhält.