Für viele ist es ein Traum, bei manchen ist es eher ein Alptraum, weil es medizinische oder gar psychische Gründe gibt: eine Frühpensionierung. Fest steht: In der Schweiz gehen fast 60 Prozent vorzeitig in den Ruhestand.

Das reguläre Renteneintrittsalter in der Schweiz  liegt bei Frauen bei 64 Jahren und 65 Jahren bei Männern. Die in der beruflichen Vorsorge Versicherten können sich in der Regel ab dem Alter 58 pensionieren lassen, wobei dies nicht alle Pensionskassen gleich regeln. Auch das Mindesteintrittalter für die Rente bei 60 Jahren hat eine gewisse Verbreitung bei den Vorsorgeeinrichtungen.

Reglemente hin oder her: Eine Frühpensionierung "kostet" schlicht und einfach etwas, oder sogar sehr viel. Denn durch fehlende Beitragsjahre in der ersten (AHV) und zweiten Säule (Pensionskasse) wegen einer früheren Pensionierung entgehen Versicherten in der Regel hohe Beträge. Von der anderen Seite her betrachtet müssen finanzielle Einbussen ausgeglichen werden können.

Wie viel jemanden die Frühpensionierung kostet, kann immer nur individuell beantwortet werden: Wie immer beim Thema Vorsorge ist jeder Fall anders gelagert, weil kaum ein Bankkonto dem anderen gleicht. Und "Erwerbsbiographien", wie man so schön sagt, sind vielfältiger denn je.

Ganz generell lassen sich aber folgende finanziellen Faktoren festhalten, die eine Hürde für die Frühpensionierung darstellen oder darstellen können:

AHV-Beiträge müssen bezahlt sein

In die Alters- und Hinterlassenenversicherung, also die AHV, muss weiter einbezahlt werden, wenn jemand früher als zwei Jahre vor dem regulären Pensionsalter in den Ruhestand geht. Das heisst, dafür muss Geld verfügbar sein, beispielsweise durch den Kapitalbezug aus der Pensionskasse oder den Bezug der Säule 3a, die ab 59 bzw. 60 Jahren möglich ist.

Vorzeitig zur AHV-Bezügerin oder zum AHV-Bezüger zu werden, ist erst zwei Jahre vor dem regulären Anfang der Pension möglich. Bedenken muss man dabei: Wer zwei Jahre im Voraus schon die Pension aus der ersten Säule bezieht, verliert für den Rest des Lebens 13,6 Prozent der Rentenleistung, bei einem Jahr sind es 6,8 Prozent weniger aus der AHV.

Es gibt Arbeitgeber, die Frühpensionierten während einer gewissen Zeit die AHV-Leistungen finanziell überbrücken. Die Bereitschaft dazu nimmt allerdings rapide ab, entsprechende Bestimmungen werden aus den Reglementen gestrichen. Empfohlen wird daher, dass auch Frühpensionierte die AHV-Beiträge bis zum regulären Rentenalter weiter einzahlen, auch wenn dies eine finanzielle Bürde darstellt.

Laut Zahlen des Bundesamtes für Statistik BFS bezogen 2016 nur 9 Prozent der Neurentner die AHV vor dem gesetzlichen Rentenalter. Bei der Rente aus der beruflichen Vorsorge waren es hingegen 47 Prozent, beim Kapital aus der zweiten Säule 42 Prozent, die vorzeitig eine Altersleistung in Anspruch nehmen. Säule-3a-Gelder bezog die Hälfte vorzeitig.

Riesenloch entsteht in der Pensionskasse

Aus Pensionskassensicht ist die Frühpensionierung jedoch besonders teuer. Die letzten Jahre vor dem regulären Pensionsalter sind bei den meisten Versicherten auch jene, in denen die Beiträge die höchsten sind. Mit der Frühpensionierung fällt also ein beträchtliches Sparpotenzial weg.

Die Faustregel besagt, dass die Rente pro Jahr in der Frühpension um 5 bis 8 Prozent sinkt. Wer auf weniger Beitragsjahre als andere Versicherten zurückblickt – beispielsweise wegen eines Studiums in jungen Jahren – bekommt dadurch ein noch grösseres Problem.

In der beruflichen Vorsorge wird in der Regel wegen der erwarteten längeren Bezugszeit einer Rente der Umwandlungssatz gekürzt. "Im überobligatorischen Teil der Pensionskasse sinkt der Umwandungssatz von durchschnittlich 5 auf 4 Prozent, wenn man sich als Mann mit 60 Jahren pensionieren lässt", mahnt cash-Pensionscoach und Vorsorgeexperte Gabor Gaspar.

Umwandlungssatz und Überobligatorium

Es gibt zwei Arten von Umwandlungssätzen: Der obligatorische Teil des versicherten Lohns von maximal 84'600 Franken (tatsächlich 59'925 Franken mit dem so genannten Koordinationsabzug, den ein grosser Teil der Pensionskassen anwendet) wird von Gesetzes wegen mit 6,8 Prozent verzinst. Dies bedeutet: Pro 100'000 Franken Altersguthaben werden im Jahr 6800 Franken Rente ausbezahlt.

Der Teil des Lohns, der über diesem Betrag liegt, wird als überobligatorischer Teil verzinst. Hier sind die Pensionskassen frei, wie sie den Zinssatz wählen. Je besser eine Pensionskasse den überobligatorischen Teil umwandelt, desto höher ist die BVG-Rente. Allerdings sind in den vergangenen Jahren in Überobligatorium die Umwandungssätze der Pensionskassen gesunken.

Gegensteuer geben kann man, in dem man sich zusätzlich in die Pensionskasse einkauft. Häufig ist dies während mehrerer Jahre nötig, um spätere, durch die Frühpensionierung entgangene Leistungen auszugleichen. Es muss mit Blick auf die Frühpensionierung auch daran gedacht werden, dass die monatlichen Beiträge in die zweite Säule vor dem Rentenantritt zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aufgeteilt werden, nachher aber nicht mehr.

Dritte Säule nur für Erwerbstätige

Bei der dritten Säule können ohne Erwerbstätigkeit keine 3a-Beiträge mehr einbezahlt werden. Wer aber beispielsweise noch eine kleine Nebentätigkeit ausübt, fällt streng genommen nicht unter diese Regel.

Andererseits ist die dritte Säule eine gangbare Variante, um Ausfälle in der ersten und zweiten Säule zu kompensieren. Das Geld kann regulär ab dem 59. Lebensjahr bei Frauen und dem 60. Lebensjahr bei Männern bezogen werden. Mit einem gestaffelten Bezug können sich Frühpensionierte so eine Form von kontinuierlichen Einnahmen sichern.

Eine Hypothek muss tragbar sein

Wer Wohneigentum besitzt, muss auch in der Pension eine Hypothek tragen können. Hypothekenfinanzierer kalkulieren mit einem theoretischen Zins von 4,5 bis 5 Prozent, die Haus- und Wohnungseigentümer notfalls stemmen müssen. Wenn die Wohnkosten dann ein Drittel des Einkommens übersteigen, ist die Hypothek nicht mehr tragbar.

Rentnerinnen und Rentner fallen wegen des tieferen Einkommens nach der Pensionierung manchmal unter genau unter diese Limite: Es ist gang und gäbe, dass das Einkommen mit der Pensionierung um 30 Prozent sinkt. Zwar sind Banken bei der Anwendung dieses so genannten kalkulatorischen Zinses bei Pensionierten nicht 100-prozentig strikt. Aber je mehr Wohneigentum amortisiert ist, desto besser für die Finanzen im Alter. 

Tatsache ist: Mit bereits gut amortisiertem Wohneigentum fallen mit Blick auf die Pensionierung erhebliche Kosten weg. Gegebenenfalls kann eine günstige Wohnsituation sogar einer Frühpensionierung förderlich sein.

Lebensumstände bestimmten mit

Hohe Schulden oder ein teurer Lebensstil verunmöglichen eine Frühpensionierung schnell einmal. Wer zu wenig gespart hat, wird Probleme bekommen, eine Frühpensionierung finanziell tragen zu können. Umgekehrt ist es natürlich so, dass dank hohen Vermögen oder Erbschaften eine Frühpensionierung mit ihren Einkommensausfällen und Zusatzkosten leichter zu bewältigen ist.

Wenig Einfluss auf eine Frühpensionierung haben Faktoren wie der Wohnort. Städter zahlen zwar häufig höhere Mieten als Landbewohner, dafür sind beispielsweise im Kanton Bern die Steuern höher als im Kanton Zürich und im Kanton Genf die Krankenkassenprämien höher als im Thurgau. Wie Vorsorgeberater aber berichten, sind die persönlichen Voraussetzungen so individuell unterschiedlich, dass Faktoren wie der Wohnort nicht entscheidend zur Frage beitragen, ob eine Frühpensionierung drinliegt oder nicht.

Eine Frühpensionierug auf eigene Faust zu planen, ist nicht ratsam und eigentlich auch nicht möglich. Ein solches Vorhaben muss mit dem Arbeitgeber besprochen werden und kann ohne Mithilfe der Bank oder auch eines externen Beraters kaum seriös berechnet werden. Schliesslich aber muss die Planung früh erfolgen: Nur wer spart, wird sich einen früheren Ruhestand erlauben können. Und die Voraussetzungen dazu zu schaffen muss man schon 20 Jahre vor dem Pensionsalter oder gar noch früher.