Die Möglichkeit einer Leitzinserhöhung um mehr als 50 Basispunkte durch die US-Notenbank hat dem Silber in den letzten Tagen ziemlich zugesetzt. Das kommt nicht von ungefähr, gelten steigende Zinsen doch als "Gift" für die Edelmetalle. Alleine in den vergangenen 24 Stunden fiel der Preis für eine Feinunze um 3 Prozent. Mit 21,22 Dollar liegt der Silberpreis keinen vollen Dollar mehr über dem Zweijahrestief vom Mai dieses Jahres.

Abkoppelung vom Goldpreis unwahrscheinlich

Die Hoffnungen der Optimisten beruhen nun auf der Nachfrage aus der Solarindustrie. Dort kommt Silber bei der Herstellung von Solarzellen und –modulen zur Anwendung. Seit US-Präsident Joe Biden kürzlich eine Stärkung der dortigen Solarmodulproduktion in Aussicht stellte, ist das Edelmetall wieder in aller Munde. Ein Solar-Boom könnte dem Silber wieder Flügel verleihen, so der Tenor.

Für den Rohstoffstrategen Carsten Menke von Julius Bär ist es allerdings unwahrscheinlich, dass eine steigende Silbernachfrage aus der Solarindustrie die Preise grossartig nach oben bewegen wird. Er geht vielmehr davon aus, dass sich der Silberpreis auch in Zukunft an jenem für das Gold orientieren wird. Seinen Berechnungen zufolge bewegte sich der Preis der Silber-Unze in den letzten 20 Jahren während 80 Prozent der Zeit in dieselbe Richtung wie jener der Gold-Unze.

Julius Bär rechnet bis in 12 Monaten mit tieferen Preisen

Das ist aus Anlegersicht insofern interessant, als dass Silber – anders als Gold – im grossen Stil industriell genutzt wird. Gemäss Schätzungen liegt die industrielle Nachfrage aus Wirtschaftszweigen wie der Elektronik- oder der Solarindustrie bei rund 50 Prozent der Gesamtnachfrage. Wie der für Julius Bär tätige Menke weiter schreibt, braucht es heutzutage zur Solarzellenproduktion fast drei Viertel weniger Silber als noch vor zwei Jahrzehnten. In Erwartung weiterer Fortschritte in der Forschung und Entwicklung neuartiger Zellen dürfte der Anteil sogar noch weiter sinken.

Der Rohstoffstratege bleibt deshalb sowohl für den Silber- als auch für den Goldpreis neutral gestimmt. Den Preis für eine Feinunze Silber sieht er in drei Monaten bei 22 Dollar und in 12 Monaten sogar nur bei 20 Dollar liegen. Seine Prognosen für die Gold-Unze liegen auf einen Anlagehorizont von drei Monaten bei 1853 Dollar. Bis in 12 Monaten soll der Preis dann bei 1700 Dollar liegen. Diese Preisprojektionen decken sich in etwa mit jenen anderer Banken.