«Die Blockchain ist eine Lösung auf der Suche nach einem Problem.» Diesen Satz hörte man seit dem Aufkommen von Kryptowährungen vor rund zehn Jahren immer wieder. Für Skeptiker ist der aktuelle Marktzusammenbruch von Kryptowährungen von rund USD 3 Billionen Ende letzten Jahres auf aktuell etwas unter eine Billion eine längst überfällige Korrektur. Je nach Ansicht widerspiegelt die aktuelle Marktkapitalisierung den realen Wert der unterliegenden Technologie akkurater als noch vor acht Monaten. Die Preise von Kryptowährungen – so die Kritiker – seien in der Vergangenheit primär durch irrationalen Überschwang und die Politik des billigen Geldes getrieben worden, nicht jedoch durch die reale Adoptionsrate der unterliegenden Technologie.    

Ein Blick zurück lohnt sich  

Obwohl das Argument der fehlenden Mainstream-Adoption nicht ganz verfehlt ist, muss dennoch auf die positive technische Entwicklung in den letzten Jahren hingewiesen werden. NFTs, Decentralized Finance, Metaverse sind alles Anwendungen, welche in weniger als drei Jahren entwickelt wurden und täglich von Hunderten von Millionen von Nutzern verwendet werden. Skalierungslösungen haben die Transaktionszeit und somit die Effizienz von Blockchains massiv erhöht und die institutionelle Akzeptanz markant gesteigert. Natürlich ist es wahr, dass Kryptowährungen und Blockchain-Technologie gemessen an ihrem Potenzial nach wie vor in den Kinderschuhen stecken. Ähnlich war dies lange Zeit mit dem Internet. 1995 konnte man die kommerziellen Verwendungszwecke und Anwendungsbereiche des Internets nur schwer abschätzen. E-Commerce, soziale Medien, Cloud-Computing oder Online-Gaming waren für viele lediglich Hirngespinste und standen bei den meisten überhaupt nicht auf dem Radar. Über das enorme kommerzielle Potenzial waren sich jedoch die meisten Anleger einig. Damals wie heute eigneten sich neuartige Technologien gut, um Visionen zu beflügeln und Ideen zu vermarkten und insbesondere zu monetarisieren. Der Rest der Geschichte ist bekannt.    

Acht Monate nach dem Platzen der Dotcomkrise Anfang 2000 haben alleine öffentlich gehandelte Internet-Firmen rund USD 1.7 Billionen an Wert verloren, was ungefähr 60% der Marktkapitalisierung entsprach. Als die Spreu vom Weizen getrennt und die meisten Internet-Firmen liquidiert wurden, blieben jedoch die Amazons, Apples, Metas und Microsofts dieser Welt zurück. Diese Firmen haben unser Leben und Konsumverhalten massiv beeinflusst, wenn auch auf völlig unterschiedliche Weise und über einen längeren Zeithorizont als noch 1995 prognostiziert.    

Pfad der Erleuchtung steht bevor  

Kryptowährungen durchlaufen aktuell ihr eigenes Tal der Tränen. Die Korrektur könnte jedoch mittel- bis langfristig Positives zu Tage fördern. Nach dem Gartner Hype-Zyklus zu beurteilen, erfolgt die produktivste Entwicklungsphase und die Adoption einer neuen Technologie in der daraufkommenden Phase, dem sogenannten Pfad der Erleuchtung. Der Marktzusammenbruch hat die Risse im Kryptomarkt offenbart. Der spektakuläre Sturz von Terra-Luna und die mögliche Liquidation verschiedener «Centralized Finance» (CeFi) Plattformen wie Babel, Voyager, Celsius und dergleichen haben aufgezeigt, wieviel in diesem Markt aktuell noch auf dem Prinzip Hoffnung basiert. Solange die Märkte hoch- oder seitwärts verliefen, wurden aggressive Geschäftsmodelle und überhöhte Zinserträge kaum hinterfragt. Renditen von 20% auf Stable-Coins währenddem Fiat-Anleihen negative Zinsen auszahlten, wurden in den vergangenen Monaten nach und nach als normal erachtet. Eine Weisheit im Krypto-Markt besagt: «Wenn du nicht verstehst, woher die Zinsen kommen, dann bist du der Zins».    

Risiken nicht ausblenden: Krypto-Vermögenswerte sicher aufbewahren  

Vor einigen Monaten hat mir ein Bekannter erzählt, dass es sich für ihn nicht lohne, seine Stable-Coins zu einer lizenzierten Bank zur sicheren Aufbewahrung zu liefern, da die Rendite dort zu gering sei und er seine Coins viel lieber auf eine unlizenzierte CeFi-Plattform für beachtliche Zinsen anlegen möchte. Auf allfällige Risiken angesprochen, erwähnte er, dass er die Plattform schon seit längerem benutze und auch schon einige Drawdowns ohne Probleme mitgemacht hätte. Solche Beispiele zeigen, dass selbst rationale Investoren nach einiger Zeit dazu neigen, die Vergangenheit linear zu extrapolieren und dadurch Risiken ausblenden. Vor diesem Hintergrund könnte die Korrektur zu einer längst überfälligen Katharsis führen und den Markt mittel- bis langfristig stärken.    

Gutkapitalisierte und regulierte Unternehmen wie die SEBA Bank sind bestens positioniert, um davon zu profitieren und ihren Kunden ein sicheres und reguliertes Umfeld zu bieten.  Wir erleben, dass Anleger und Vermögensverwalter nun vermehrt nach einer sicheren Aufbewahrung ihrer Krypto-Vermögenswerte und Private Keys suchen, die auch in turbulenten Zeiten für sie erreichbar sind.    

Kryptowährungen, Web-3.0 und Blockchain-Technologien auf ihre täglichen Preisschwankungen zu reduzieren, halten wir für einen Fehler. Die kurzfristigen Auswirkungen einer neuen Technologie werden oft überschätzt, die mittel- bis langfristigen jedoch tendenziell unterschätzt. Der Innovationsfluss im Krypto-Bereich ist nach wie vor ungebremst. Vor drei Jahren sprach kaum einer von Decentralized Finance und vor zwei Jahren wussten die wenigsten, was NFT bedeutet. Ob das nun die Konzepte sind, welche sich letztendlich durchsetzen, lässt sich genauso wenig abschätzen wie 1995. Gut möglich, dass in den nächsten Jahren weitere Anwendungen hinzukommen. Was uns grundsätzlich zuversichtlich stimmt, ist, dass ungeachtet der Verwerfungen an den Märkten, die Entwickler-Aktivitäten und die institutionelle Adoption weiterhin in grossen Schritten voranschreiten.     

Gregory Mall, CFA - Head Investment Solutions SEBA Bank  

Gregory Mall verfügt über langjährige Erfahrung im Portfolio Management und in der Verwaltung digitaler Vermögenswerte auf diskretionärer Basis. Bei der SEBA Bank ist er für die Produktstrukturierung von ETPs, AMCs und strukturierten Produkten sowie für die Verwaltung der diskretionären Mandate verantwortlich.  Bevor er zu SEBA Bank stiess, war er im Bereich Multi-Asset Fund Management bei der Credit Suisse tätig. Greg hat einen Master-Abschluss in Economics von der Universität St. Gallen (HSG).