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Gestern Dienstag berichtete ich, dass immer mehr Aktienanalysten von ihren Verkaufsempfehlungen abkehren. Ich kommentierte diese Beobachtung mit folgenden Worten:

Und es gibt weitere Anhaltspunkte für eine solche Überhitzung. Ich denke da etwa an die 24 Seiten starke Unternehmensstudie der Zürcher Kantonalbank für den Halbleiterausrüster Comet. Darin stuft ihr Autor Michael Inauen die Aktien des Unternehmens aus Flamatt von "Marktgewichten" auf "Übergewichten" herauf und sieht diese auf 400 (zuvor 235) Franken steigen. Das wiederum läge über dem bisherigen Rekordhoch vom Spätherbst 2021 bei 383 Franken.

Der Analyst sieht in Comet einen klaren Gewinner des nächsten Halbleiteraufschwungs und des immens künftigen Wachstums in diesem Wirtschaftszweig. Dabei spielt er – eher nebenbei – auch die KI-Karte.

Seines Erachtens fehlt der Börse momentan noch der Glaube an die Erreichbarkeit der erst im November kommunizierten neuen Mittelfristziele. Zur Erinnerung: Comet strebt bis Ende dieses Jahrzehnts einen Jahresumsatz von mehr als einer Milliarde Franken sowie substanzielle Margenverbesserungen an.

Der Aktienkurs von Comet legt seit dem frühen Handel deutlich zu (Quelle: www.cash.ch)

Inauen glaubt nun, dass die Zuversicht in die Erreichbarkeit dieser Mittelfristziele zunehmen wird, sollte sich die Vorhersehbarkeit des Tagesgeschäfts doch nach und nach bessern. Er traut dem Halbleiterausrüster jedenfalls auf Jahre hinaus ein zweistelliges Umsatzwachstum zu.

Mit diesen Aussagen stösst der Analyst an der Börse auf offene Ohren. Die Aktien von Comet zünden die nächste Stufe der Kursrakete und steigen mit 332,50 Franken auf den höchsten Stand seit zweieinhalb Jahren. Je nachdem, wie der Chip-Gigant Nvidia von Mittwoch auf Donnerstag bei den Zahlen abschneidet, sind Anschlusskäufe möglich.

Gestern Dienstag sorgte sein Berufskollege Joern Iffert von der UBS ebenfalls mit einer Kaufempfehlung schon bei den Valoren der SFS Group für ein Kursfeuerwerk. Nach einer Heraufstufung von "Neutral" auf "Buy" bei einem 12-Monats-Kursziel von 140 (zuvor 98) Franken verbuchten die Aktien des Anbieters von mechanischen Befestigungssystemen sogar prozentual zweistellige Gewinne.

Auch solche Kaufempfehlungen – oder besser gesagt die euphorisierte Reaktion der Börse – zeigen mir, dass wir uns an den Aktienmärkten mittlerweile in einer Übertreibungsphase befinden.

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Die Aktien von Temenos konnten in den letzten Tagen zwar etwas Boden gutmachen. Allerdings errechnet sich seit Januar noch immer ein Minus von knapp 26 Prozent. Die Valoren der Bankensoftware-Schmiede haben sich nach dem Kursdebakel, losgetreten durch unappetitliche Anschuldigungen des berüchtigten Leerverkäufers Hindenburg Research, nie mehr richtig aufgerappelt.

Zur Erinnerung: Im Februar suchten die Amerikaner die Öffentlichkeit und warfen Temenos nichts geringeres als aufgebauschte Gewinne, Scheinpartnerschaften, verschwiegene Probleme mit Kunden und darüber hinaus auch noch eine irreführende Kommunikationspolitik vor. Die Aktien büssten alleine an diesem Tag knapp 30 Prozent ein.

Dass externe Wirtschaftsprüfer und -forensiker das Genfer Unternehmen von den meisten dieser Anschuldigungen entlastet haben, half rückblickend ebenso wenig wie Beteiligungserhöhungen durch die beiden Grossaktionäre Patinex und Petrus Advisers.

In einem mir vorliegenden Schreiben sucht nun auch Petrus Advisers die Öffentlichkeit. Adressiert ist es an den Verwaltungsrat, an den neuen Temenos-Chef Jean-Pierre Brulard sowie an dessen Finanzchef "Takis" Spiliopoulos. Dass dieses Schreiben auch an die Finanzmedien weitergereicht wurde, überrascht mich nicht. Es macht ganz den Anschein, als wolle der Finanzinvestor damit öffentlich Druck auf das Unternehmen aufbauen. Im Zentrum steht die Forderung nach einem mindestens 250 Millionen Franken schweren Aktienrückkaufprogramm.

Kursentwicklung der Aktien von Temenos seit Januar (Quelle: www.cash.ch)

Berechnungen des Grossaktionärs zufolge werden die Temenos-Aktien momentan mit einem Abschlag von rund 40 Prozent gegenüber der durchschnittlichen Bewertung der letzten zehn Jahre gehandelt. In Anbetracht der soliden Bilanz und dem glücklichen Umstand, dass die Erreichbarkeit der Mittelfristziele nicht von kostspieligen Firmenübernahmen abhängig ist, solle das Genfer Unternehmen über ein Aktienrückkaufprogramm doch in sich selber investieren, wie im Schreiben nachzulesen ist.

Für mich kommt diese Forderung nicht von ungefähr, wies ich doch kürzlich darauf hin, dass vom 3,4-Prozent-Paket des Finanzinvestors weniger als ein halbes Prozent auf Aktien entfallen. Ich äusserte deshalb die Vermutung, dass man bei Petrus Advisers eine riesige Derivat-Wette vor sich herschiebt. Und bei Derivat-Wetten ist die Zeit bekanntlich ein unangenehmer Gegenspieler ...

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