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Über Monate hinweg hatte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Finanzmärkte auf einen geldpolitischen Kurswechsel eingeschworen. Zwar fielen die von den Mitgliedern des Offenmarktausschusses gemachten Aussagen ziemlich verwirrend aus. Dennoch liess man durchblicken, dass das Rückkaufprogramm ab Oktober gedrosselt und in der ersten Hälfte kommenden Jahres ganz eingestellt werden soll.

Doch es sollte alles anders kommen: An der mittlerweile legendären Sitzung des Offenmarktausschusses von Mitte September konnten sich die Verantwortlichen dann doch nicht zu einer Drosselung des Rückkaufprogramms für amerikanische Staatsanleihen und verbriefte Hypotheken durchringen.

Möglicherweise machte schon damals Janet Yellen ihren Einfluss geltend. Denn nur wenige Wochen später wurde sie offiziell zur Nachfolgerin des im kommenden Jahr zurücktretenden Notenbankchefs Ben Bernanke ernannt.

Zumindest nach aussen scheint ein geldpolitischer Kurswechsel vorerst kein Thema mehr zu sein. Und darf man einigen Experten in Übersee Glauben schenken, dann könnte die Fed unter der Führung von Janet Yellen sogar versucht sein, das Rückkaufprogramm weiter auszubauen.

Diese Meinung vertritt zumindest der Chefstratege von CLSA. Allerdings ist sich der Experte alles andere als sicher, dass eine zusätzliche Liquiditätsspritze an den Finanzmärkten auch wirklich gebührend gefeiert würde.

CLSA gehört seit Anfang dieses Jahres zur staatlichen China International Trust and Investment Corporation. Über diese Investmentgesellschaft hält die Volksrepublik amerikanische Staatsanleihen in substanzieller Höhe. Umso brisanter ist die von der Konsensmeinung abweichende Haltung des Chefstrategen.

Die jüngsten Aussagen von Dennis Lockhard, dem Vorsitzenden der Fed in Atlanta, lassen vermuten, dass die Mitglieder des Offenmarktausschusses in Bezug auf den zukünftigen geldpolitischen Kurs unterschiedlicher Auffassung sind. Nichtsdestotrotz ist die US-Notenbank längst eine Gefangene ihrer eigenen Politik und eine Drosselung des Rückkaufprogramms für amerikanische Staatsanleihen und verbriefte Hypotheken in weite Ferne gerückt.

Diese Vermutung lässt auch die am vergangenen Donnerstag veröffentlichte Erhebung für das amerikanische Bruttoinlandprodukt zu. Mit einem Wachstum von 2,8 Prozent übertraf dieses die Markterwartungen zwar deutlich. Wie gewohnt liegt der Teufel allerdings im Detail: So liess sich die Differenz zwischen der effektiven Veränderung und den Markterwartungen vollumfänglich mit höheren Lagerbeständen begründen. Ein Phänomen, das schon in den beiden vorangegangenen Quartalen zu beobachten war. Gleichzeitig erfuhren sowohl die Konsumausgaben als auch die Investitionstätigkeit von Unternehmen eine Verlangsamung.

Die Haltung des Chefstrategen von CLSA mag extrem sein. Dennoch wird wohl erst das wichtige Weihnachtsgeschäft zeigen, ob ein geldpolitischer Kurswechsel durch die Fed überhaupt möglich ist. Bis dahin herrscht an den Finanzmärkten verkehrte Welt. Das heisst: Schlechte Nachrichten aus der Wirtschaft werden mit höheren Kursen belohnt und gute Nachrichten mit rückläufigen Kursen abgestraft. Beim US-Dollar dürfte es sich genau umgekehrt verhalten.

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Am Freitag hielt Sulzer den diesjährigen Investorentag ab. Doch obschon das in Winterthur niedergelassene Unternehmen eine strategische Neuausrichtung bekannt gab, gerieten die Namenaktien im Tagesverlauf unter Verkaufsdruck.

Insbesondere bei Helvea dürfte man lange Gesichter machen. Im Vorfeld hatte sich der verantwortliche Experte Anhaltspunkte über den Verwendungszweck des Erlöses für die zum Verkauf stehende Tochter Sulzer Metco sowie neue Mittelfristziele erhofft.

Die Firmenverantwortlichen liessen zwar durchblicken, dass sie einem Aktienrückkaufprogramm nicht abgeneigt seien. Konkreter wollten sie allerdings nicht werden. In Bezug auf neue Mittelfristziele wurden die Aktionäre bis zur Veröffentlichung des Jahresergebnisses vom kommenden Februar vertröstet.

In einem Kommentar begrüsst der für Helvea tätige Verfasser die in Zukunft stärker auf die Absatzmärkte ausgerichtete Unternehmensstruktur. Ohne auf die jeweiligen Geschäftsbereiche heruntergebrochenen neuen Mittelfristziele erhalte Sulzer jedoch keine Vorschusslorbeeren. Der Experte hält die Aktien aufgrund der Turnaround-Aussichten und der sich abzeichnenden Kapitalrückführung an die Aktionäre dennoch für kaufenswert und kommt auf ein Kursziel von 155 Franken.

Deutlich vorsichtiger ist sein für Kepler Cheuvreux tätiger Berufskollege. Er rät der eigenen Anlagekundschaft zu einer abwartenden Haltung. Die Umsetzung der neuen Unternehmensstruktur benötige Zeit. Mit einer Neubeurteilung und -bewertung der mit «Hold» und einem Kursziel von 140 Franken eingestuften Papiere sei nicht vor April kommenden Jahres zu rechnen.

Mit dem vor dem Wochenende abgehaltenen Investorentag hat Sulzer den Grundstein für eine Rückgewinnung des innerhalb nur weniger Monate verlorenen Investorenvertrauens gelegt. Ich gehe allerdings mit dem für Kepler Cheuvreux tätigen Experten einig, dass die geplanten Umstrukturierungen weder für die Firmenverantwortlichen noch für die Aktionäre zu einem Picknick werden und allen Beteiligten viel Geduld und gute Nerven abverlangt werden.