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In den letzten Tagen begannen die Aktienkurse rund um den Globus wieder abzubröckeln. Während die Börsenauguren auf die Angst vor einer zweiten Pandemiewelle verwiesen, dürfte sehr viel mehr dahinterstecken. Denn während in den Vereinigten Staaten das Coronavirus wütet, hat der dortige Präsident Donald Trump einen alten Gegner wiederentdeckt: China.

Nicht nur, dass die Trump-Regierung die Regierung in Peking für das Pandemie-Schlamassel verantwortlich macht – nun droht er auch noch mit einer Neuauflage des Handelsstreits. Dementsprechend gross ist auch hierzulande die Nervosität. Das mediale Sprachrohr der kommunistischen Regierung in Peking sprach zuletzt sogar von der Möglichkeit einer militärischen Eskalation zwischen den beiden Supermächten. Als ob die Welt nicht schon genug Probleme plagen würden...

Ansonsten gehörte diese Woche einmal mehr den Nachrichten aus der hiesigen Unternehmenswelt.

Für solche sorgte unter anderem Straumann. Der Weltmarktführer unter den Dentalimplantateherstellern verordnet sich selber einschneidende Sparmassnahmen.

Die Börse reagierte denn auch ziemlich unterkühlt auf diese Neuigkeiten. Übelnehmen kann man ihr das nicht. Wenn selbst ein frenetisch gefeiertes Wachstumsunternehmen wie Straumann auf die Kostenbremse tritt, müssen sich wohl auch die längerfristigen Aussichten eingetrübt haben – zumal die Basler die Belegschaft permanent um 9 Prozent reduzieren wollen.

Der bekannte Medizinaltechnikanalyst David Adlington von J.P. Morgan stuft die Aktien des Dentalimplantateherstellers am heutigen Freitag denn auch von "Neutral" auf "Underweight" herunter und streicht das Kursziel auf 549 (zuvor 643) Franken zusammen.

Den Aktionären von Straumann bietet sich ein ungewohnte Bild: Die Kurse fallen (Quelle: www.cash.ch)

Dem Analysten zufolge versetzen die angekündigten Massnahmen der Hoffnung auf eine rasche Belebung des Tagesgeschäfts in der zweiten Jahreshälfte einen ziemlichen Dämpfer. Seines Erachtens müssen viele seiner Berufskollegen ihre zukünftigen Schätzungen mit dem dicken Rotstift überarbeiten. Für gewöhnlich bleibt das nicht ohne weitere Folgen für die Kursentwicklung.

Am letzten Freitag feierte ich an dieser Stelle die Bank Julius Bär. Mit SoftwareONE als "Aktie der Woche" lag die Zürcher Bank goldrichtig. Bei Kursen unter 19 Franken zum Kauf angepriesen, kosteten die Papiere des Anbieters von Software- und Cloud-Lösungen nur wenige Tage später mehr als 22,50 Franken.

Doch dann trennten sich die Altaktionäre um den Risikokapitalgeber KKR nicht ganz unerwartet von 17,5 Millionen Titeln und platzierten diese über ein beschleunigtes Buchbildungs-Verfahren zu je 20 Franken bei neuen Investoren.

Überrascht bin ich bloss, dass selbst Beat Curti 3 Millionen Titel aus seinem Bestand beisteuerte. Als Verwaltungsrat von SoftwareONE hatte er sich beim Börsengang vom Oktober zu einer Verkaufssperre von zwölf Monaten verpflichtet.

Wenn Curti und seine Mitaktionäre Ehrenleute sind, dann lassen sie dem für Julius Bär tätigen Analysten Cengizhan Sen eine Kiste mit gutem Wein zukommen. Ohne dessen Kaufempfehlung aus der Vorwoche hätte sich wohl kaum ein so guter Platzierungspreis erzielen lassen.

Apropos Titelverkäufe: Solche waren diese Woche auch bei Stadler Rail wieder zu beobachten – und zwar im Gegenwert von rund 1,7 Millionen Franken. Das Newsportal Inside Paradeplatz vermutet Firmenpatron Peter Spuhler hinter den besagten Transaktionen und wirft gar die Frage auf, ob der Ankeraktionär eventuell Stress mit seinen Investments habe.

Kursentwicklung der Aktien von Stadler Rail seit dem Börsengang vom April 2019 (Quelle: www.cash.ch)

Völlig abwegig ist letzteres nicht, hält Spuhler doch auch substanzielle Beteiligungen am Textilmaschinenhersteller Rieter sowie am Automobilzulieferer Autoneum. Bei diesen beiden Unternehmen war die Kursentwicklung zuletzt stark rückläufig.

Allerdings spricht vor allem eines dagegen, dass der bekannte Industrielle bei Stadler Rail zum Verkauf von Titeln gezwungen ist: Aus dem Börsengang des Schienenfahrzeughersteller floss ihm satte 1,4 Milliarden Franken in bar zu. Davon hat er bestimmt noch nicht alles wieder investiert.

Ein präsentes Thema in den hiesigen Wirtschaftsmedien bleibt Aryzta. Seit sich Veraison mit 3 Prozent eingenistet hat, überschlagen sich beim hochverschuldeten Backwarenhersteller die Ereignisse. Erst wurde bekannt, dass der für seine Einflussnahme berüchtigte Vermögensverwalter sein Aktienpaket zügig auf etwas mehr als 7 Prozent ausgebaut hat. Dann schloss sich dieser mit der spanischen Cobas zu einer Aktionärsgruppe mit gesamthaft gut 17 Prozent der Stimmen zusammen. Nur wenige Stunden später meldete sich dann auch noch Aryzta selber zu Wort. Man habe Rothschild mit der Prüfung sämtlicher strategischen und finanziellen Möglichkeiten beauftragt, so liess das Unternehmen die Öffentlichkeit wissen. Wenn das mal kein Zufall ist.

Zugegeben – Rothschild gilt als gut vernetzt. Schliesslich gehört das Beratungsunternehmen zur altehrwürdigen Banquier-Dynastie des Edmond de Rothschild, um welche sich seit Jahren alle möglichen Legenden winden.

Doch auch ein Beratungsunternehmen vom Schlag von Rothschild dürfte beim als "Dauerbaustelle" verschrieenen Backwarenhersteller keine Wunder vollbringen können.

In den vergangenen Tagen setzten die Aktien von Aryzta nicht weniger als dreimal zu einer kräftigen Kurserholung an. Und jedes Mal erwies sich diese rückblickend als blosses Strohfeuer. Auch Trittbrettfahren will eben gelernt sein.

Ich bin neugierig, ob die nicht gerade mit Ruhm bekleckerte Firmengeschichte des Backwarenherstellers schon nächsten Freitag wieder um ein spannendes Kapitel reicher ist, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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