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Noch konnte der Swiss Market Index (SMI) in den letzten Tagen nicht an die neuen Rekorde vom Montag anknüpfen. Ob das viel beachtete Börsenbarometer über die Bestmarke - diese liegt bei etwas mehr als 10'550 Punkten - vorstösst, darüber entscheidet die Nachrichtenlage im Handelsstreit zwischen Washington und Peking.

Die Zeit drängt, sollen am Sonntag in einer Woche doch amerikanische Strafzölle auf chinesischen Waren ihre Gültigkeit erhalten. In den letzten Tagen baute der republikanische Präsident Donald Trump zwar noch einmal eine Drohkulisse auf. Allerdings wurde die Einführung der angedrohten Strafzölle meistens in letzter Minute noch vertagt. Dementsprechend ausgelassen ist die Stimmung unter den Marktakteuren. Wenn sich letztere da mal bloss nicht in falscher Sicherheit wiegen...

Für neue Indexrekorde spricht auch das mit umgerechnet 120 Milliarden Dollar dotierte Fiskalpaket Japans. Unnötig zu erwähnen, dass die japanische Notenbank ihre Notenpressen Tag und Nacht arbeiten lassen muss, will sie bei den zur Finanzierung des Pakets zur Ausgabe kommenden Staatsanleihen kräftig mitmischen.

Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen: Ich selber erachte die sogenannte Monetarisierung der Staatsschulden als ein völliges Unding und lehne sie entschieden ab. Ich befürchte nun, die japanischen Pläne könnten bei uns in Europa auf Nachahmung stossen und ein neues Kapitel in der unrühmlichen Geschichte rund um die "Politik des billigen Geldes" einleiten.

Seit wenigen Tagen fällt mir auf, dass das hiesige Handelsgeschehen selektiver wird. Die beiden Indexschwergewichte Roche und Nestlé bekunden sichtlich Mühe. Das Interesse gilt vermehrt Spezialsituationen. Egal ob Dividendenfantasien bei Swiss Re nach dem ReAssure-Verkauf, Übernahmespekulationen um EFG International oder Abspaltungsfantasien bei ABB - Hauptsache "die Story" stimmt.

Apropos "Story": Analyst Eric Le Berrigaud von Bryan Garnier fabriziert bei Roche gleich selber eine Geschichte. Er rechnet vor, dass die Genussscheine bis zu 375 Franken wert sein könnten, würde man das Traditionsunternehmen aus Basel in ein Pharma- und ein Diagnostikunternehmen aufspalten. Er bekräftigt deshalb seine Kaufempfehlung und erhöht den fairen Wert für die Papiere auf 350 (zuvor 340) Franken.

Diese Kreativität ist beeindruckend und beängstigend zugleich. Sie lässt bei mir Erinnerungen an den Spätsommer wach werden, als Analysten beim Nahrungsmittelhersteller Nestlé nichts unversucht liessen, um noch höhere Aktienkurse zu rechtfertigen. Seither fiel das Indexschwergewicht deutlich zurück.

Die Gedankenspiele eines Analysten verfehlen bei den Bons von Roche die Wirkung (Quelle: www.cash.ch)

Bei aller Sympathie für Le Berrigaud - er scheint das Geschäftsmodell von Roche nicht wirklich verstanden zu haben. Gerade weil die Basler über eine führende Rolle in der Diagnostik verfügen, sind sie der Konkurrenz im Bereich der personalisierten Medizin immer einen entscheidenden Schritt voraus. Diesen Vorteil aufzugeben wäre alles andere als kursfördernd.

Im Hinblick auf nächste Woche wird auch der Credit Suisse die Rolle der Spezialsituation zuteil. Aufgrund der Unterhauswahlen in Grossbritannien lädt die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken bereits am Mittwoch und nicht wie ursprünglich geplant erst am Donnerstag zum diesjährigen Investorentag.

Somit verliert Firmenchef Tidjane Thiam 24 wertvolle Stunden, um an einer vorwärts gerichteten Wachstumsstrategie herumzutüfteln. Eigentlich sollte Thiam, nachdem er von Prudential zur Credit Suisse stiess, mit einer Wachstumsstrategie aufwarten. Stattdessen entschied er sich für einschneidende Sparmassnahmen. Doch das Einsparpotenzial ist zusehends ausgeschöpft und auch die Rentabilitätsziele scheinen im momentanen Umfeld nicht länger realistisch. Neue Ideen müssen her. Allerdings befürchte ich, dass uns die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken wohl eher "alten Wein in neuen Schläuchen" verkauft.

Die Aktien der Credit Suisse befinden sich vor dem Investorentag in "Lauerstellung" (Quelle: www.cash.ch)

Dass wenige Tage vor dem Investorentag der Credit Suisse Spekulationen über angebliche Übernahmeverhandlungen zwischen Julius Bär und EFG International wachwerden, kommt nicht von ungefähr. Selbst der Urheber der Spekulationen, das Finanznachrichtenportal Inside Paradeplatz, sieht Julius Bär mit diesem Schritt ein Abwehrdispositiv gegen eine unerwünschte Annäherung durch eine der übermächtigen Rivalinnen UBS oder Credit Suisse aufbauen. In der Vergangenheit wurde schon beiden Grossbanken ein Interesse an Julius Bär nachgesagt.

Eine spannende Woche erwartet AMS. Am gestrigen Donnerstag um Mitternacht lief die Angebotsfrist für die Andienung der Osram-Aktien ab. Um 14 Uhr fehlten dem Sensorenhersteller noch rund 15 Prozent der Stimmen, um die angestrebten 55 Prozent erreichen zu können.

Verhält es sich wie beim letzten Angebot, könnte es Dienstag werden, bis feststeht, ob die ziemlich umstrittene Übernahme der ehemaligen Siemens-Tochter im zweiten Anlauf erfolgreich war. Meine Vermutung: Scheitert AMS mit den Plänen, reagieren die Börse mit Erleichterung. Kommt das Angebot zustande, könnte die damit verbundene milliardenschwere Kapitalerhöhung den Aktien des Sensorenherstellers sichtlich zusetzen. 

Ob das Übernahmeangebot von Erfolg gekrönt ist, wissen wir in einer Woche, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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