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Minus 10 Prozent hiess es am gestrigen Dienstag bei Börsenschluss für die Aktien des Pharmazulieferers Bachem. Das überrascht, haben die Bubendorfer angeblich doch einen lukrativen Liefervertrag für die Abnehm-Spritze Mounjaro von Eli Lilly in der Tasche. Mounjaro gehört zur selben Wirkstoffklasse wie der Verkaufsschlager Wegovy.

Dass die Valoren dennoch neue Jahrestiefstkurse schreiben, ist auf einschneidende Schätzungsreduktionen seitens der amerikanischen Citigroup zurückzuführen. Der zuständige Analyst streicht seine operativen Gewinnerwartungen (EBITDA) für die kommenden Jahre um bis zu 23 Prozent zusammen. Seine überarbeiteten Schätzungen liegen neuerdings um nicht weniger als 30 Prozent unter den durchschnittlichen Annahmen seiner Berufskollegen bei anderen Banken.

Mit den Anpassungen trägt der Citigroup-Analyst möglichen Verzögerungen beim Bau des Grossprojekts "Building K" am Hauptsitz in Bubendorf Rechnung. Er äussert die Befürchtung, dass die Produktion später als erhofft hochgefahren und im kommenden Jahr dadurch weniger stark zum Umsatz beitragen wird. Ging man bei der amerikanischen Investmentbank bisher von einem Umsatzbeitrag von 120 Millionen Franken aus, sind es neuerdings gerade mal noch um die 20 Millionen Franken. Bei einem geschätzten Jahresumsatz von 600 Millionen Franken ist das mehr als bloss ein Apropos.

Kursrutsch der Bachem-Aktien in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)

Eigentlich unnötig zu erwähnen, dass die Aktien von Bachem bei der Citigroup seit dem Frühsommer mit "Sell" zum Verkauf empfohlen werden. Mittlerweile lautet das Kursziel noch 56 (zuvor 69) Franken. Zum Zeitpunkt der ersten Verkaufsempfehlung wurden noch Kurse um die 80 Franken bezahlt.

Kürzlich berichtete ich von Titelverkäufen aus dem Grossaktionariat des Pharmazulieferers. Mit Blackrock trennte sich niemand geringeres als der weltgrösste Vermögensverwalter von Aktien. Erahnten die Amerikaner schon damals die sich abzeichnenden Verzögerungen bei der Fertigstellung des Grossprojekts "Building K"?

Ich gehe davon aus, dass nun auch andere Analysten den dicken Korrekturstift zücken und ihre Schätzungen und Kursziele unter negativen Vorzeichen überarbeiten werden. Das Kursgewitter wäre dann wohl noch immer nicht ganz ausgestanden.

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Es kommt einer persönlichen Niederlage von Richemont-Ankeraktionär und Verwaltungsratspräsident Johann Rupert gleich: Der Verkauf von Yoox-Net-a-Porter (YNAP) an Farfetch ist abgesagt, nachdem die Briten jüngst ins Straucheln geraten waren und von der südkoreanischen Coupang gerettet werden mussten.

Rupert und Richemont stehen nun vor einem kleineren Scherbenhaufen. Ein "Plan B" muss her – doch so einfach lässt sich ein solcher nicht hervorzaubern. Und von der damaligen Finanzspritze in Höhe von 300 Millionen Dollar für Farfetch wird der Luxusgüterhersteller vermutlich keinen Cent mehr sehen. Ende November standen die besagten Wandelanleihen bei Richemont noch mit 218 Millionen Euro in den Büchern, wie das Unternehmen offen einräumt. Bei geschätzten Nettobarmitteln im Umfang von rund 4 Milliarden Euro ist das allerdings und wortwörtlich ein "Luxus-Problem"...

Kursentwicklung der Richemont-Aktien über die letzten Monate (Quelle: www.cash.ch)

Dennoch begeht der für die Basler Kantonalbank tätige Analyst Elmar Sieber einen Tabubruch, watscht er die Aktien von Richemont doch von "Übergewichten" auf "Marktgewichten" ab. Das Kursziel gibt der Analyst wie bis anhin mit 125 Franken an.

Einem Tabubruch kommt die Herunterstufung deshalb nah, weil eine überwältigende Mehrheit seiner Berufskollegen die Valoren des Vorzeigeunternehmens teils mit Kurszielen von bis zu 165 Franken lauthals zum Kauf anpreist. Davon will Sieber vorerst nun nichts mehr wissen.

Seines Erachtens ist der Druck auf den Luxusgüterhersteller, eine Alternative für den gescheiterten YNAP-Verkauf zu finden, gross. Allerdings dürften die industriellen Interessenten und auch die Finanzinvestoren nicht gerade Schlange stehen, wie der Analyst weiter schreibt. Denn zum einen gilt YNAP nicht gerade als Renditeperle, weshalb Richemont die Tochter ja auch veräussern will. Zum anderen könnten sich die stark gestiegenen Zinsen sowie das schwache Branchenumfeld als hinderlich erweisen.

Neugierig wie ich bin, habe ich mich mal ein bisschen schlau gemacht: Von den 20 mir bekannten Banken haben nicht weniger als 17 eine Kaufempfehlung für die Valoren von Richemont ausstehend – darunter etwa Goldman Sachs, die Citigroup, Jefferies oder J.P. Morgan. Das macht diese Luxusgüteraktien zu den beliebtesten überhaupt in der Schweiz. Daran dürfte wohl auch die mir zugespielte Herunterstufung durch die Basler Kantonalbank nicht viel ändern – Tabubruch hin oder her.

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