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Seit langen Wochen haftet Julius Bär an der Börse der Ruf des Sorgenkinds an. Berichte über üppige Kredite an den strauchelnden österreichischen Immobilieninvestor René Benko und sein Umfeld setzten den Aktien der Zürcher Traditionsbank ebenso zu wie ein ziemlich enttäuschender Zwischenbericht für die ersten zehn Monate.

Und obschon die Valoren zuletzt etwas Boden gutmachen konnten, errechnet sich seit Mitte November noch immer ein sattes Minus von knapp 15 Prozent. Das ruft die Deutsche Bank auf den Plan. In einem mir zugespielten Kommentar spricht Autor Benjamin Goy nun sogar eine taktische Kaufempfehlung aus.

Kursentwicklung der Aktien von Julius Bär in den letzten drei Monaten (Quelle: www.cash.ch)

Er berichtet von einer Belebung der Kundenaktivitäten und wähnt die Zürcher Bank im Privatkreditgeschäft vor einem möglichen Befreiungsschlag. Gerade in einem solchen Befreiungsschlag sieht der Bankenanalyst einen künftigen Kurstreiber. Den Abschlag von gut 20 Prozent gegenüber dem langjährigen Bewertungsdurchschnitt und den noch umfassenderen Abschlag gegenüber kleineren Schweizer Mitbewerbern hält er daher für übertrieben.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Deutsche Bank die Aktien von Julius Bär seit einer gefühlten Ewigkeit zum Kauf anpreist. Seit Ende November lautet das Kursziel noch 61 (zuvor 63) Franken.

Morgen Donnerstag werde ich meine Schweizer Aktienfavoriten für 2024 kommunizieren. Unter ihnen sind auch die Valoren von Julius Bär – soviel sei schon mal verraten.

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Für die Aktionärinnen und Aktionäre von Meyer Burger war 2023 ein Jahr zum Vergessen. Rund zwei Drittel ihres Kurswerts haben die Valoren des aufstrebenden Solarunternehmens zwischen Januar und Dezember eingebüsst – ein Grossteil davon seit jener schicksalhaften Gewinnwarnung vom Juli.

Nun stehen Firmenchef Gunter Erfurt und seiner Belegschaft bewegende Wochen bevor. Bewegend deshalb, weil letztendlich die Politik in Berlin darüber entscheiden wird, ob die Produktion von Meyer Burger in Deutschland überhaupt noch eine Zukunft hat. Denn chinesische Anbieter überschwemmen den europäischen Markt mit Billig-Modulen und sorgen so für einen ruinösen Preisdruck.

Ausgerechnet jetzt werden in der deutschen Presse allerdings Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer laut. So schreibt etwa der SPIEGEL, dass sich Meyer Burger als globaler Technologieführer inszeniere, auch vor dem Parlament. Tatsächlich aber produziere die Konkurrenz effizientere Module.

Der mir nicht namentlich bekannte Autor stützt sich dabei auf Erhebungen von Taiyang News ab, einem chinesischen Branchenportal. Auf der Rangliste des besagten Portals ist das Solarunternehmen in Sachen Moduleffizienz zuletzt angeblich auf Platz 30 abgerutscht.

Die Aktien von Meyer Burger haben im bisherigen Tagesverlauf einen schweren Stand (Quelle: www.cash.ch)

Für die Energiewendepläne der Regierung in Berlin seien diese Zweifel heikel, wie der Autor zu bedenken gibt. Mit Gerard Reid von Alexa Capital wird im Artikel zudem ein Experte für Energietransformation mit den Worten zitiert, dass Meyer Burger auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig sei.

Diese Stimmungsmache gegen die Schweizer kommt überraschend. Sie hilft vor allem den zahlreichen Leerverkäufern und ihren Wetten gegen die Aktien. Überraschend ist auch, dass der Artikel an der Börse bisher kaum Wellen wirft. Denn für Meyer Burger geht es um viel. Das Unternehmen lässt denn auch durchblicken, dass der Autor entgegen seinen eigenen Aussagen nie an Produktionsstandorten von Meyer Burger zu Besuch war.

Je nachdem, ob die Politik in Berlin auf blosse Worte endlich auch Taten folgen lässt und wie das Hilfspaket dann im Einzelnen aussieht, erwarte ich für den Aktienkurs des Solarunternehmens einen kräftigen Ruck nach oben oder unten.

Die vielen ausstehenden Derivate auf die Valoren von Meyer Burger und der hohe Anteil leerverkaufter Aktien bieten einem solchen Ruck einen geradezu idealen Nährboden. Neusten Erhebungen des Beratungsdienstes S&P Global Market Intelligence zufolge wird mit fast 26 Prozent aller ausstehenden Aktien auf rückläufige Kurse spekuliert – wobei es sich bei einem geschätzten Drittel davon um blosse Absicherungstransaktionen seitens von Wandelanleihen-Gläubigern handeln dürfte.

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