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Noch vor wenigen Monaten galt der gemeine Leerverkäufer als eine vom Aussterben bedrohte Spezies. Auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt verging damals kaum ein Tag ohne neue Indexrekorde. Selbst dann noch, als das Coronavirus längst von China aus die Reise in andere Weltregionen angetreten hatte. Bis irgendwann auch die Aktienmarktakteure nicht länger wegschauen konnten. Plötzlich ging alles ganz schnell: Innerhalb nur weniger Tage brach der Swiss Market Index (SMI) um mehr als 30 Prozent ein und fiel bei 7650 Punkten auf den tiefsten Stand seit nahezu vier Jahren.

Ein gefundenes Fressen für die Leerverkäufer. So sollte man zumindest meinen. Die Realität sieht allerdings anders aus. Denn wie sich den öffentlich zugänglichen Statistiken der New York Stock Exchange (NYSE) entnehmen lässt, hatten nicht wenige Leerverkäufer unmittelbar vor dem Einbruch noch rasch das Handtuch geworfen.

Insbesondere gegen die in New York gehandelten Titel von UBS und Roche liefen Mitte März so wenig Wetten wie selten zuvor. Bei der grössten Schweizer Bank waren nur noch gut sechs Millionen American Deposit Receipts, kurz ADRs, leerverkauft, beim Pharma- und Diagnostikkonzern aus Basel keine Million mehr.

Der Kurs der Roche-Valoren hat sich bereits wieder kräftig erholt (Quelle: www.cash.ch)

Mittlerweile wurden die Wetten gegen die UBS nur unwesentlich ausgebaut, jene gegen Roche sogar noch einmal etwas reduziert. Auch bei Credit Suisse und Julius Bär verpassten es die amerikanischen Leerverkäufer, sich bis Mitte März wieder mit Aktien einzudecken. Erst als die Kurse bereits wieder stiegen, fuhren sie ihre Wetten zurück.

Das überrascht, waren uns andere mächtige Grossinvestoren in den vergangenen Wochen doch stets zwei Schritte voraus. Ich bin jetzt schon neugierig, ob die nächsten Leerverkaufsstatistiken ein völlig anderes Bild zeigen werden.

An dieser Stelle sei einmal mehr erwähnt, dass sich diese Statistiken nur auf die in New York gehandelten Titel der genannten SMI-Unternehmen beziehen. Die Schweizer Börse SIX hält es auch weiterhin nicht für nötig, vergleichbare Statistiken zu führen. Regelmässige Leserinnern und Leser meiner Kolumne wissen, dass ich darin eine ziemliche Unterlassungssünde sehe. In die Lücke springen Beratungsfirmen wie IHS Markit. Und die lassen sich für ihre Informationen bekanntlich fürstlich entlohnen. Was bleibt, ist die bittere Erkenntnis, dass wir auch an der Börse so etwas wie eine Zweiklassen-Gesellschaft antreffen...

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Momentan vergeht kaum ein Tag, ohne dass der Sensorenhersteller AMS nicht über grössere Verschiebungen im Aktionariat informieren würde. Dabei darf allerdings eines nicht vergessen gehen: Sämtliche dieser Beteiligungsveränderungen gehen auf die Tage unmittelbar nach Abschluss der milliardenschweren Kapitalerhöhung zurück.

Rückblickend erwies sich der Einstieg des amerikanischen Milliardärs Israel Englander mit seinem Hedgefonds Millennium bloss als kurzes Gastspiel. Vermutlich hat sich Englander bereits wieder aus dem Aktionariat zurückgezogen.

Spannend ist auch die Beteiligungsveränderung von UBS Fund Management. Zuerst baute die Fondstochter der grössten Schweizer Bank ihren Stimmenanteil von 3 auf 5,65 Prozent aus, nur um diesen wenige Tage später wieder auf 3,94 Prozent zu reduzieren. Auch die UBS selber ist substanziell an AMS beteiligt. Gemeinsam mit der britischen HSBC musste sie rund 15 Prozent der ausstehenden Aktien aus nicht ausgeübten Bezugsrechten übernehmen. Das macht die beiden Banken zu "Aktionären wider Willen".

Der steile Aufstieg und der tiefe Fall der AMS-Aktien über die letzten fünf Jahre (Quelle: www.cash.ch)

Weiterhin Fragen wirft die Rolle der Credit Suisse auf. Um die Kapitalerhöhung herum machten geliehene Aktienbestände die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken mal eben kurz zur grössten Einzelaktionärin des Sensorenherstellers. Inzwischen scheint sie diese Bestände wieder glattgestellt zu haben.

Dass die Aktien von AMS am heutigen Mittwoch unter Verkaufsdruck stehen, hat allerdings andere Gründe: So hat der Sensorenhersteller ein weiteres 5-Prozent-Paket an Osram Licht erworben. Verkäufer ist Sand Grove. Ein gutes Geschäft für den bekannten Hedgefonds, erhält er mit je knapp 41 Euro doch deutlich mehr für seine Aktien, als wenn er sie über den offenen Markt veräussert hätte.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass AMS-Chef Alexander Everke möglichst rasch auf die Vermögenswerte von Osram Licht zugreifen will. Das wiederum lässt man sich einiges kosten...

 

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