Der Bitcoin erreichte am Montag kurzzeitig einen Höchststand von 107'000 Dollar, bevor er wieder unter 105'000 Dollar fiel. Anfangs Monat war er gar unter die Marke von 100'000 Dollar gerutscht. Am Mittwoch notiert die Kryptowährung auf 105'148 Dollar. Auf Jahressicht verliert der Bitcoin rund 1,3 Prozent.
Die Stimmung nach dem breiten Ausverkauf in den vergangenen Wochen, der Milliarden an Marktwert vernichtet hat, ist fragil. Der Abschwung wurde teilweise durch grosse Investoren angeheizt, die in der Nähe der diesjährigen Höchststände Gewinne mitnahmen, sowie durch die anhaltende Unsicherheit nach den Liquidationen Anfang Oktober. Laut Expertenstimmen fehlt vorallem die Überzeugung. Es beginnt ein wachsendes Ungleichgewicht zwischen langjährigen Verkäufern und neuen Käufern nicht nur die Stimmung, sondern auch die Marktrichtung zu bestimmen.
Auch die bekannte Investorin Cathie Wood hat ihre bisherige Prognose für den Bitcoin nach unten angepasst. Sie hatte einen Bitcoin-Preis von 1,5 Millionen Dollar bis im Jahr 2030 vorausgesagt, jetzt hat sie die Schätzung auf 1,2 Millionen Dollar revidiert. Laut Wood erleben neue Arten von Kryptowährungen einen Aufschwung, beispielsweise Stablecoins, die zunehmend Funktionen übernehmen, die ursprünglich Bitcoin zugedacht waren.
Das sagen Experten zu den jüngsten Entwicklungen - und zur Zukunft:
Tony Sycamore, Analyst, IG Australia
«Ich denke, das Bemerkenswerteste der letzten 24 Stunden ist, dass Bitcoin den Aufschwung bei Risikoanlagen nach dem Zusammenbruch dieser Korrelation im letzten Monat wieder aufgenommen hat. Diese Korrelation müsste länger als eine Sitzung anhalten, um sagen zu können, dass die jüngste Phase der Verwerfungen vorbei ist. Aber es sind dennoch positive Anzeichen. Der andere Punkt ist, dass ich technisch gesehen argumentieren könnte, dass die Korrektur vom Höchststand von 126'272 Dollar beim jüngsten Tiefststand von 98'898 Dollar abgeschlossen ist und dass der Aufwärtstrend wieder eingesetzt hat. Ein anhaltender Anstieg über den gleitenden 200-Tage-Durchschnitt von rund 110'000 Dollar würde die Überzeugung von dieser Sichtweise erheblich stärken.»
Serge Nussbaumer, Head Public Solutions bei Maverix
«Der jüngste Rücksetzer bei Bitcoin ist vor allem auf die restriktivere Notenbankpolitik, sinkende ETF-Zuflüsse und den allgemein nervösen (Aktien-) Markt zurückzuführen – eine klassische Korrektur nach starken Anstiegen. Diese technische Konsolidierung war in unseren Augen nach dem Allzeithoch fast überfällig. Das potenzielle Ende des Shutdowns in den USA, die Zinssenkung der Fed im Dezember sowie die deutlich anziehende Nachfrage rund um die aktuellen Kursniveaus, sowohl über ETFs als auch direkt in Bitcoin, sind derzeit die wichtigsten Impulsgeber für einen Rebound. Sie unterstreichen die starke Basis für die positive Bitcoin-Story. Wir gehen davon aus, dass wir in Kürze wieder Levels rund um 120'000 Dollar sehen werden.»
Stefan Höchle, Head Investment Strategy der Digital Asset Solutions AG
«Bitcoin liegt mit einer Jahresperformance von rund 12 Prozent deutlich unter dem Zehnjahresdurchschnitt von 65 Prozent. Das ist eine logische Konsequenz der gestiegenen Marktkapitalisierung und der zunehmenden Reife des Assets, die mit geringerer Volatilität einhergeht. Somit ist die aktuelle Entwicklung eher als stabile Konsolidierung oberhalb von 100'000 Dollar statt als Schwächephase zu interpretieren. Nach wie vor starke ETF-Zuflüsse in den USA, aber auch die wachsenden Bitcoin-Bestände börsennotierter Unternehmen zeigen das anhaltende institutionelle Interesse. Zusammen halten börsengehandelte Fonds und Unternehmensreserven bereits über 2,5 Millionen BTC. Der Debasement Trade, welcher Gold und andere limitierte Werte beflügelt, dürfte schon bald auch Bitcoin wieder Aufwind geben.»
Alex Kuptsikevich, Chefmarktanalyst bei FxPro
«Die Marktkapitalisierung von Kryptowährungen fiel um 1,1 Prozent und kühlte sich damit nach einem beeindruckenden Anstieg in der ersten Hälfte des Montags ab. Der gleitende 50-Tage-Durchschnitt von fast 3,62 Billionen US-Dollar wirkte als technischer Widerstand, und der Anstieg des Marktes kam bei 3,6 Billionen US-Dollar zum Stillstand. Trotz des beeindruckenden Anstiegs am Montag könnte der Markt ein neues, niedrigeres lokales Maximum bilden und damit den vor etwas mehr als einem Monat begonnenen Abwärtstrend fortsetzen. Der Markt ist eindeutig noch nicht bereit, in einen Modus des rasenden Optimismus zu wechseln, und nimmt weiterhin Gewinne mit, nachdem Wachstumsimpulse realisiert wurden. Der Rückgang der Unterstützung durch Unternehmenskäufer wirkt sich aus.»
Rachael Lucas, Analystin bei BTC Markets
«Der jüngste Anstieg der Kryptopreise sieht wie eine klassische Short-Covering-Rallye aus, gepaart mit einem Hauch von institutionellem FOMO («Fear of Missing Out»). Bitcoin prallte von der wichtigen Unterstützung bei der 50-Wochen-SMA um 103'000 Dollar ab, nachdem es Tiefststände nahe 98'900 Dollar getestet hatte, und strebt nun den Widerstand bei 110'400 Dollar an. Wenn es darüber hinaus steigt, könnten wir einen Anstieg auf 115'600 bis 118'000 Dollar sehen. Auf der Unterseite bleibt 103'000 Dollar ein kritisches strukturelles Niveau. Ein Durchbruch darunter könnte den Weg zu 86'000 US-Dollar ebnen, mit einer tieferen Unterstützung bei 82'000 Dollar, die mit dem 100-Wochen-SMA übereinstimmt. Jeder Rückgang unter diese Zonen könnte den Verkaufsdruck wieder anfachen.»
Dean Chen, Analyst von Bitunix
«Die potenzielle Abkühlung des KI-Booms eröffnet ein strukturelles Fenster für die Umverteilung von Kapital in Kryptowährungen. Die Fonds verlagern sich weg von den bewertungsgesättigten Tech-Giganten hin zu relativ unterbewerteten, volatileren digitalen Vermögenswerten. Wenn jedoch eine Abkühlung der KI-Begeisterung zu einer breiteren Kontraktion der Risikobereitschaft führt, bleiben kurzfristige Turbulenzen unvermeidlich. Der Markt tritt nun in eine Phase der 'Liquiditätsdivergenz' ein, in der die Schlüsselstrategie darin besteht, zu identifizieren, welche Vermögenswerte bei einer Neubewertung der Risiken eine Outperformance erzielen können.»
(cash/Bloomberg)
