Regierungsbeamte der Bahamas wollten Krypto-Pleitier Sam Bankman-Fried nach Angaben von FTX-Anwälten Zugang zu wichtigen Computersystemen der bereits bankrotten FTX Trading verschaffen, um neue digitale Münzen zu prägen.
Bevor Bankman-Fried aus den FTX-Systemen ausgeschlossen wurde, baten ihn die Bahamas, neue digitale Münzen im Wert von Hunderten von Millionen Dollar zu prägen, berichtet das US-Anwaltsteam, das die kollabierte Kryptobörse inzwischen verwaltet. Die Token sollten dann unter Kontrolle der Beamten gebracht werden.
Die Anschuldigungen verdeutlichen den sich verschärfenden Kampf zwischen den US-amerikanischen Insolvenzverwaltern, die FTX-Vermögenswerte für die Gläubiger zu sichern versuchen, und den Offiziellen auf den Bahamas, wo die Digitalwährungsbörse ihren Sitz hatte.
Bankman-Fried reagierte nicht sofort auf Bloomberg-Anfragen. Er wurde am Montag auf den Bahamas verhaftet, nachdem die USA Anklage gegen ihn erhoben haben.
«Enges» Verhältnis mit Behörden
Das Verhältnis zwischen Bankman-Fried und den Behörden auf den Bahamas scheint eng gewesen zu sein, wie eine Email vom 9. November illustriert, die die FTX-Anwälte bei Gericht vorgelegt haben. Nur Tage vor der Insolvenz erklärte Bankman Fried, er wäre "mehr als glücklich", Abhebungen für die bahamaischen Kunden zu ermöglichen, um diesen Verluste zu ersparen.
"Es ist Ihre Entscheidung, ob Sie das wollen - aber wir würden es mehr als gerne tun und würden es als das Mindeste unserer Pflicht gegenüber dem Land betrachten, und wir könnten es sofort freigeben, wenn Sie uns antworten und sagen, dass Sie das wollen", schrieb Bankman-Fried laut Gerichtsunterlagen. Schon am nächsten Tag flossen nach Angaben der US-Anwälte von FTX 100 Millionen Dollar von der Plattform ab.
Der Zusammenbruch des Krypto-Imperiums von Bankman-Fried hat in den USA Ermittlungen von Staatsanwaltschaft und Aufsichtsbehörden ausgelöst. Die FTX-Insolvenzverwalter sind mit ihren eigenen Recherchen beschäftigt. FTX steht unter der Kontrolle des Restrukturierungsexperten John J. Ray III und eines Teams von Anwälten und Finanzberatern, die die Bücher der Firma nach Bargeld, Kryptowährungen und anderen Vermögenswerten durchforsten, um mit den Erlösen die Gläubiger zu entschädigen.
Konkurs des Unternehmens
Schon wenige Tage, nachdem FTX in Wilmington im US-Bundesstaat Delaware rund 100 Tochtergesellschaften Konkurs gehen liess, beschuldigte das US-Insolvenzteam die Regierung der Bahamas, sich in ihre Arbeit einzumischen. Bahamische Beamte seien "verantwortlich für unbefugten Zugang" zu FTX-Systemen, so der Vorwurf. Ziel sei gewesen, die die Kontrolle über digitale Vermögenswerte zu erlangen, die unter Aufsicht eines US-Gerichts standen.
Während Ray und sein Team versuchten, die Kontrolle über die Computer von FTX zu erlangen, beobachteten sie, wie jemand auf diesen Rechnern neue Münzen prägte. Sie kamen zu dem Schluss, dass es sich um Bankman-Fried und FTX-Mitgründer und Technologie-Chef Gary Wang handeln musste, und dass sie auf Geheiss der Bahamas tätig waren.
Ein Anwalt des FTX-Konkursverwalters auf den Bahamas reagierte nicht sofort auf eine Bitte um Stellungnahme.
(Bloomberg)