Das Jahr hat eigentlich gut angefangen für die Krypto-Branche. Wie auch Aktien profitieren Cyberdevisen von gestiegenen Risikoappetit der Investorinnen und Investoren. Bitcoin hat seit Jahresbeginn fast 30 Prozent zugelegt.

Der Aufschwung folgte nach einem Jahr, der als der grosse "Crypto-Meltdown" in die Finanzgeschichte eingehen wird. Gestiegene Zinsen und Skandale in der Krypto-Branche führten zu einem massiven Verlust in der noch jungen Anlageklasse der Kryptos. Die Handelsplattform FTX hatte im November Konkurs angemeldet, schätzungsweise eine Million Kunden machten Verluste in Milliardenhöhe. Der Zusammenbruch von FTX riss die Branche in eine schwere Krise. Ex-Chef von FTX, Sam Bankman-Fried, ist von der US-Bundesstaatsanwaltschaft wegen Betrugs angeklagt worden.

Brad Garlinghouse, CEO von Ripple Labs, welche das Zahlungsnetzwerk und die gleichnamige Währung Ripple (XRP) betreibt, sieht im FTX-Skandal das Problem eher bei kriminellen Handlungen als bei Kryptowährungen selbst. FTX habe zwar mit Kryptowährungen gehandelt, sagte Garlinghouse an einer Veranstaltung der US-Nachrichtenwebsite Axios am Rande des WEF in Davos.  "Das Problem von FTX war aber kein Krypto-Problem, sondern ein Betrugs-Problem."

Es gebe Betrüger und Scharlatane in der Branche, musste Garlinghouse einräumen. "Aber Krypto ist eine neue Industrie, in welche viel Geld fliesst. Es gibt reale Geschäfte, die ausgebaut werden und den Test der Zeit überleben werden. Krypto ist gekommen, um zu bleiben", ist Garlinghouse überzeugt.

Die Branche stehe an einem Scheideweg und einige Krypto-Firmen würden ausscheiden, sagte Garlinghouse weiter. "Das muss aber nicht unbedingt schlecht sein. Die Krypto-Industrie wird gesünder aus dieser Phase herauskommen, als sie es vorher war."

Ripple wird in der Branche oft als das "Bitcoin der Banken und Zahlungsanbieter" bezeichnet. Nach Marktkapitalisierung ist Ripple die sechstgrösste Cyberdevise der Welt. Die maximale Anzahl von 100 Milliarden Ripple existiert bereits, und Überweisungen mit Ripple gehen schneller als mit Bitcoin. Ripple ist von seinem Höchststand von 1,65 Dollar im 2021 bis auf 34 Cent Ende des letzten Jahres zurückgegangen. 

Garlinghouse ist überzeugt, dass die Bedeutung der Kryptoindustrie weiter zunimmt. Er erzählte am Axios-Anlass genüsslich eine Anekdote von seinem ersten WEF vor vier Jahren. Damals sei ein Beamter des US-Finanzministeriums auf ihn zugekommen und habe ihm gesagt: "Wissen Sie, Krypto ist ein schlechtes Wort hier”. Garlinghouse verwies dann darauf, dass am WEF 2022 zwei Veranstaltungen dem Thema Krypto gewidmet worden seien, in diesem Jahr seien es bereits sieben. 

Schweiz vorbildlich bei der Krypto-Regulierung

Punkto Regulierung, der Akzeptanz und dem Interesse Kryptowährungen gegenüber setzt Garlinghouse die Schweiz international gesehen in die Kategorie “A Plus”. “Die Schweiz war vielen Ländern weit voraus”, sagte der Ripple-CEO. Er begründet dies mit der langen Tradition der Schweiz als Finanzzentrum und demzufolge dem Interesse des Finanzplatzes, bei neuen Entwicklungen vorne mit dabei zu sein. Ebenfalls vorbildlich bei der Krypto-Regulierung seien die Vereinigten Arabischen Emirate, Japan, Singapur und Grossbritannien. 

“Weit zurück” liegen demgegenüber die USA. Garlinghouse bedauert dies. Auf die Frage des Moderators des Anlasses, ob man den Behörden nicht durch die Blume sagen könne, man werde sich aus den USA zurückziehen, wollte Garlinghouse nicht eingehen. “Mein Job ist, Ripple zu Wachstum zu bringen”. Die Hälfte der Neueinstellungen geschehe aber bereits ausserhalb der USA. “Und wenn ich gefragt werde, wo der Ripple-Hauptsitz sei, dann antworte ich: Unser primäres Büro befindet sich in San Francisco”. Ripple sei ein globales Unternehmen. 

Allerdings hat Ripple seit Jahren auch juristischen Ärger in den USA. Die US-Börsenaufsicht SEC hatte Ripple im Dezember 2020 verklagt. Die Behörde wirft dem Ripple-Protokoll vor, dass es den schon jahrelang gehandelten Token XRP als Wertpapier hätte registrieren müssen. Dem Fall wird in der Krypto-Branche grosse Relevanz zugesprochen.