Die Kryptowährungen partizipieren wider Erwarten etwas an der Weihnachtsrally. Trotz offiziellem Bärenmarkt legt der Bitcoin auf Wochenfrist von 84'400 auf 87'500 Dollar zu. Ein Faktor ist die Normalisierung der Positionsgrösse der Market-Maker, welche das Exposure nach dem Flash-Crash vom 10. Oktober 2025 reduziert haben. Ferner eröffnet der «10am Bitcoin Slam» attraktive Einstiegspreise.
Am 10. Oktober brach der Handel auf der grössten Plattform Binance zusammen. Die Internet-Verbindungen zur Plattform fiel für eine Vielzahl von Market-Makern vorübergehend aus, praktisch alle Long-Positionen wurden liquidiert. Dies, weil die Market-Maker die Liquidität wegen des Ausfalls von Binance nicht mehr stützen konnten und folglich die Preise kurzfristig bei einzelnen Altcoins wie Celo faktisch auf null zurückfielen.
Die noch verbleibenden Kryptohandelsplattformen mit eigenen Market-Makern oder der Möglichkeit zur Preisstützung haben diese Liquidationen teilweise aufgefangen. Diese Bestände, ähnlich wie bei grossen Market-Makern im Aktienbereich, mussten nun in den letzten Wochen abgebaut werden, um das zusätzlich eingegangene Risiko zu reduzieren.
Dabei ging es um ein Volumen, das deutlich grösser als 20 Milliarden Dollar ist. Ein solcher Abbau geht dabei nicht innerhalb von wenigen Tagen über die Bühne, vielmehr benötigt er Zeit. So war im November und Dezember zu beobachten, dass diese Marktteilnehmer schrittweise ausstiegen. Der Abbau erfolgte teilweise mit enormen Verlusten, teilweise mit erstaunlichen Gewinnen, wie der Krypto-Experte und ehemalige Hedgefonds-Manager Raoul Pal jüngst in einem Blogeintrag betonte.
Kurzfristige Chancen nutzen
Während der Grossteil dieser Positionen abgebaut scheint, steht die aktuelle Kryptorally vor Weihnachten weiter auf relativ dünnem Eis. Die gehandelten Volumen sind bescheiden, die Händler sehen von neuen Engagements ab.
Ein weiterer Gegenwind ist der «10am Bitcoin Slam». Der sogenannte 10-Uhr-Bitcoin-Abverkauf bezeichnet ein wiederkehrendes Muster, das seit Sommer 2025 immer mehr Fahrt aufgenommen hat. Dabei erlebt der Bitcoin-Preis oft einen starken Kursrückgang nach 10 Uhr amerikanischer Zeit - 16 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) - respektive 30 Minuten nach Eröffnung des US-Aktienmarktes um 09.30 Uhr.
Jane Street, ein bedeutender Teilnehmer im quantitativen Handel und Hochfrequenzhandel, wird von Marktkommentatoren am häufigsten beschuldigt, diese Abverkäufe zu orchestrieren. Der Grund ist dabei relativ einfach: Es wird Geld damit viel verdient.
Sobald die ETF-Käufe in der US-Börseneröffnung durch sind, ist der beste Zeitpunkt, um mittels Futures-Verkäufen oder Optionsstrategien Bitcoin leer zu verkaufen. Dies, weil der Bitcoin mangels weiterer ETF-Käufe in ein Liquiditätsloch fällt und mit dem nachfolgenden Preiszerfall gehebelte Long-Positionen liquidiert werden.
Wie gut das funktioniert, zeigt ein Blick auf die letzte Handelswoche vom 15. bis am 19. Dezember: Am Montag sank der Bitcoin nach 10 Uhr im New Yorker Handel zwischenzeitlich um 1,6 Prozent, am Dienstag um 1,1 Prozent, am Mittwoch und Donnerstag um 4,5 respektive 4,3 Prozent und am Freitag um 2,5 Prozent.
Ob es sich dabei um ein cleveres Ausnutzen der Marktstruktur oder um eine mögliche Marktmanipulation handelt, sei dahingestellt. Dieser «10am Bitcoin Slam» ist für gewiefte Marktteilnehmer auf der anderen Seite eine Chance. Wer in der vergangenen Woche nach dem Abverkauf eingestiegen ist, hat hernach erhebliche Kursgewinne realisieren können.

