Am Donnerstag um 17 Uhr notierte der Bitcoin bei 119'500 Dollar und nahm einen erneuten Anlauf, um die Marke von 120'000 Dollar hinter sich zu lassen. Nachdem der US-Milliardär und bekannte Kryptoinvestor Michael Novogratz in einem Interview verriet, er bevorzuge über die nächsten sechs Monate Ethereum anstelle von Bitcoin, kam es entsprechend zu einem heftigen Abverkauf der älteste Kryptowährung der Welt. Diese sackte bis Freitagmorgen auf 115'000 Dollar ab.

Trotz diesem Preisrücksetzer muss sich der Bitcoin performancemässig nicht verstecken. Seit Jahresbeginn kann die Cyber-Devise ein Kursplus von 22 Prozent vorweisen, während der S&P 500 Index um 7,1 Prozent oder der Nasdaq 100 um 10,6 Prozent vorrückte. Diese Kurskorrektur ist denn auch keine Trendwende, sondern eine gesunde Verschnaufpause. Matthew Sigel, Leiter Research digitale Vermögenswerte, weist in einem Kommentar vom Donnerstag auf die Zinssätze für unbefristete Bitcoin-Futures, die im Vergleich zum Vormonat erhöht sind: «Dies ist ein Indikator für die kurzfristige Stimmung und deutet unserer Ansicht nach auf einen potenziell überhitzten Markt hin, der einer Korrektur bedarf.»

Der Kursrücksetzer beim Bitcoin hat nebst den höheren Refinanzierungskosten drei weitere Gründe. Einerseits ist ein Grossteil der sich positiv auswirkenden regulatorischen Gesetzesvorlagen in den USA umgesetzt und somit vollständig eingepreist. Andererseits sind die Marktteilnehmer noch nicht bereit, grössere Neupositionen nahe des Allzeithochs zu tätigen. Im Gegenteil: Vielmehr sind es die sogenannten «Wale», die in den letzten Wochen immer wieder als Verkäufer auf den Plan getreten sind. Ein Krypto-Wal ist eine Einzelpersone oder Institution, die grössere Mengen an Kryptowährungen besitzen. Um als Wal zu gelten, sollte die Krypto-Geldbörse - auf englisch Wallet - mehr als 1'000 Bitcoin umfassen. 

Diese hohe Menge Bitcoin der Wale traf von Anfang April bis Mitte Juli auf eine hohe Nachfrage. Befindet sich der Markt wie in den letzten zehn Tagen in einer Seitwärtsbewegung, kann es entsprechend zu raschen Abverkäufen kommen. Diese halten sich immer mehr in Grenzen und Bitcoin-Abstürze sind jüngst keine aufgetreten. Dies, weil viele Anleger jeweils auf Kursrücksetzer warten, um wieder einzusteigen - auf englisch «buy the dip». 

Fundamentale Faktoren als Preisunterstützung

Ein Teil der Nachfrage nach Bitcoin über die letzten Monate war der schwache Dollar sowie die zunehmende Sorge über die hohe und weiter stark steigende US-Staatsverschuldung. Anlegerinnen und Anleger haben entsprechend in einen Wert investiert, der eine tiefe Korrelation zu den traditionellen Vermögenswerten wie Aktien, Immobilien oder Obligationen aufweist. Mit der einsetzenden Stabilisierung des Dollars auf tiefem Niveau sowie der nur mehr seitwärts tendierenden Renditen für langlaufende US-Staatsanleihen nimmt der Druck etwas ab, in alternative Assets umzuschichten. 

Der säkulare Trend bei institutionellen Investoren, in Kryptowährungen zu diversifizieren, bleibt aber vorhanden. Das zeigen die Zuflüsse in Krypto-ETFs, die nach wie vor nahe den Rekordständen der letzten Monate sind. Unter diesen Voraussetzungen wenig überraschend, hat Michael Saylor, CEO der Bitcoin-Holding Strategy, die Gunst der Stunde einmal mehr genutzt und eine neue Art von Vorzugsaktien aufgelegt. Aufgrund der hohen Nachfrage wurde der Deal umgehend von 0,5 Milliarden auf 2,8 Milliarden Dollar aufgestockt, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete. 

Das Wertpapier mit dem Namen «Stretch» verspricht Käufern eine fortlaufende, jährliche Ausschüttung von 9 Prozent. Der Deal sei der jüngste Beweis für Saylors Wall-Street-Künste, während er seine jahrelangen Bemühungen fortsetzt, ein mittelständisches Softwareunternehmen, das früher unter dem Namen MicroStrategy bekannt war, in einen Finanzgiganten zu verwandeln. Die Firma hat das Ziel, möglichst viel Geld aufzutreiben und dieses in Bitcoins zu investieren. Aktuell hält Strategy rund 600'000 Coins mit einem Wert von etwa 69 Milliarden Dollar.

Thomas Daniel Marti
Thomas MartiMehr erfahren