Die hohe Inflation in den USA ist zwar tendenziell auf dem Rückzug, allerdings geht sie nur leicht zurück. Gegenüber dem Vorjahresmonat stiegen die Verbraucherpreise im September um 8,2 Prozent, wie das Arbeitsministerium am Donnerstag in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einer Rate von 8,1 Prozent gerechnet. Im August hatte die Inflationsrate 8,3 Prozent betragen. Die Kerninflation, die die volatilen Energie- und Lebensmittelpreise aussen vor lässt, stieg sogar von 6,3 auf 6,6 Prozent. Auch diese Rate lag über den Markterwartungen.
Die Inflation sei zwar den dritten Monat in Folge gesunken, aber immer noch deutlich zu hoch, kommentierte Ulrich Wortberg von der Landesbank Helaba. Zudem sei die Kernteuerung erneut gestiegen. "Daher sollte kein Zweifel daran bestehen, dass die (US-Notenbank) Fed weiter an der Zinsschraube drehen wird, sowohl in diesem Jahr als auch zu Beginn des Jahres 2023."
Am deutschen Aktienmarkt standen am Donnerstag die Zahlen von Südzucker im Mittelpunkt. Ein überraschend deutlicher Gewinnsprung im ersten Geschäftshalbjahr sowie ein erneut angehobener Umsatzausblick überzeugte die Anleger allerdings nur kurz: Nach einem freundlichen Auftakt drehten die Aktien des Zuckerproduzenten ins Minus und verloren zuletzt knapp drei Prozent auf 12,28 Euro. Damit zählten sie zu den schwächsten Werten im Nebenwerte-Index SDax und rutschten zudem unter die 200-Tage-Linie, die als Indikator für die längerfristige Kursentwicklung gilt.
Einem Händler zufolge liegt die neue Umsatzprognose zwar über der Konsensschätzung. Er hatte aber schon vorbörslich vor möglichen Gewinnmitnahmen nach der jüngsten Erholung gewarnt und mit Blick auf die nur bestätigten Gewinnziele moniert, dass die Ergebnisdynamik den Erlösen hinterher hinke. Vor diesem Hintergrund zollten auch die Südzucker-Tochter Cropenergies dem gestrigen Kurssprung nach guten Zahlen Tribut: Mit minus 8,8 Prozent rutschten die Titel des Biokraftstoffherstellers ans Indexende ab.
Aktien aus dem Chipsektor standen nach negativen Branchennachrichten ebenfalls unter Druck: So verloren die Titel des Dax-Konzerns Infineon und des Branchenausrüsters Aixtron jeweils 3,7 Prozent.
Der US-Branchenausrüster Applied Materials kürzte seinen Ausblick auf das Schlussquartal wegen zuletzt erlassener Beschränkungen der USA für die Geschäftsbeziehungen mit China. Laut Händlern ist dies kein gutes Omen für die Perspektiven in der Branche allgemein. Hinzu kam, dass der taiwanesische Chipkonzern TSMC ankündigte, seine geplanten Investitionen in Anlagen in diesem Jahr um zehn Prozent zu kürzen. Börsianer werteten dies als "dramatisches Signal für die derzeitige Verfassung der Tech-Branche".
Beim Gewerbeimmobilien-Spezialisten Aroundtown belastete eine gestrichene Kaufempfehlung der Citigroup: Die Aktien sackten um zehn Prozent auf ein erneutes Rekordtief ab und waren zudem grösster Verlierer im MDax. Analystin Aakanksha Anand geht inzwischen von einer schwereren Rezession aus und spricht nur noch ein neutrales Anlagevotum aus. Immobilienwerte insgesamt litten weiter unter dem steigenden Zinsniveau.
Der Euro wurde von den US-Inflationsdaten belastet und sank auf 0,9659 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Dienstag noch auf 0,9706 Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,22 Prozent am Vortag auf 2,18 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,27 Prozent auf 127,05 Punkte. Der Bund-Future verlor 0,66 Prozent auf 135,53 Zähler./gl/zb
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
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