Der deutsche Leitindex erklomm am Vormittag mit 14 263 Punkten einen weiteren Höchststand seit Juni. Richtig in Fahrt gekommen war der Dax am Donnerstagnachmittag nach der Veröffentlichung von US-Konjunkturdaten, die im Oktober eine überraschend deutliche Abschwächung des Inflationsdrucks anzeigten. Seit Mittwoch gewann er bis zu 4,4 Prozent, das Wochenplus belief sich zum Tageshoch auf fast 6 Prozent. Am Freitagnachmittag lag der Dax zuletzt mit 14 205 auf Tagessicht noch rund 0,4 Prozent im Plus.
Der MDax gewann noch 1,5 Prozent auf 25 639 Punkte. Sein Wochenplus lag bei 25 782 Punkten zwischenzeitlich bei mehr als 8 Prozent. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 stieg zum Wochenausklang um 0,6 Prozent.
"Gestern hat das Zinsgespenst erst einmal Reissaus genommen, was vor allem die Technologieaktien nach oben getrieben hat", schrieb Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets. Der Gipfel der Inflation in den USA sei wohl erreicht. Die Spitze des Leitzinses in den USA werde nach den Verbraucherpreisdaten vom Vortag nun wieder bei 5 Prozent und nicht mehr bei 5,25 Prozent gesehen. Hiervon profitierten europaweit auch Immobilienwerte - bislang schwächster Sektor des Jahres. Banken liefen der Marktrally derweil hinterher.
Thomas Altmann, Portfoliomanager bei QC Partners, sieht eine "weltweite Signalwirkung". Auch die Erwartungen an die Zinswende in Europa seien gesunken. Am deutschen Aktienmarkt wird laut Altmann nun spannend, wie der Dax nach dem Sprung über 14 000 Punkte reagiert. Einerseits sieht er eine Art Kaufzwang bei bislang zu zurückhaltenden Investoren, die sich an festen Anlagemodellen orientieren. Einige andere könnten indes bereits jetzt "Höhenangst bekommen".
Angeführt wurde der Dax von Zalando mit einem Plus von 8 Prozent. Seit Mittwoch gewannen die Papiere sogar 23 Prozent. Prozentual zweistellige Gewinne verbuchten zeitweise die Anteile des Essenslieferanten Delivery Hero im MDax . In zwei Tagen sprangen sie sogar über ein Drittel an. Immobilienaktien von Aroundtown und TAG setzten ihre Erholung fort und zeugten von weiter aktiven Schnäppchenjägern. Im SDax der kleineren Börsentitel gewannen die Papiere des angeschlagenen Versorgers Uniper zweistellig.
Dagegen hat es der bisherige Dax-Jahresgewinner Telekom schwer, weiter mit seinen Defensivqualitäten zu punkten. Die T-Aktien kommen weiter vom Hoch seit 2002 zurück.
Nach bestätigter Prognose gewannen Papiere von Salzgitter im starken Branchenumfeld bis zu fast 9 Prozent. Rohstoffwerte gehören europaweit zu den grössten Profiteuren der Hoffnungen auf eine Belebung der chinesischen Wirtschaft durch weniger Corona-Härte sowie der moderateren Zinserwartungen.
Im Nebenwertesegment feierten Papiere der Cantourage Group eine äusserst erfolgreiche Erstnotiz. Das Unternehmen will nach eigenen Worten den Markt für medizinisches Cannabis revolutionieren und trifft damit wohl einen Nerv. Die Aktien schossen seit dem Morgen um 162 Prozent aufwärts - allerdings bei überschaubarem Handelsumsatz.
Der Euro setzte seine Erholung mit schwindender US-Zinsfantasie auf das höchste Niveau seit August fort mit 1,0317 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Donnerstagnachmittag noch unter Parität auf 0,9954 Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,15 Prozent am Vortag auf 2,04 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um deutliche 0,63 Prozent auf 127,65 Punkte. Der Bund-Future verlor fast ein Prozent auf 139,07 Punkte./ag/mis
--- von Alexander Gibson, dpa-AFX ---
(AWP)