Damit setzte der US-Aktienmarkt seinen jüngsten Zickzack-Kurs fort, der ihm nach der Stabilisierung am Donnerstag vor dem Wochenende direkt einen herben Rückschlag eingebracht hatte. Vor allem Tech-Werte waren am Freitag wieder auf Talfahrt gegangen.
Die Industriestimmung im Bundesstaat New York hat sich im Oktober überraschend deutlich eingetrübt, wie der aktuelle Empire-State-Index belegt. Mit einem Stand unter der Nulllinie signalisiert der Indikator einen Rückgang der wirtschaftlichen Aktivität. In den vergangenen Monaten hatte sich die Stimmung in den Unternehmen tendenziell verschlechtert. Hintergrund dürften der Ukraine-Krieg, die deutlich höheren Energiepreise und die anhaltenden Probleme im Welthandel sein. Die Unternehmen rechneten derzeit nicht mit einer Verbesserung der Rahmenbedingungen im kommenden halben Jahr, hiess es von der regionalen Notenbank von New York.
"Derzeit gilt an den Börsen, dass schlechte US-Konjunkturdaten gute Impulse für den Aktienhandel liefern", kommentierte Experte Andreas Lopkow. Der starke Abschwung im Empire-State-Index werde als möglicher Grund für eine langsamere Anhebung der Leitzinsen durch die Notenbank Fed herangezogen. "Ob dies tatsächlich der Fall sein wird, darf bezweifelt werden", so Lipkow weiter. "Es hilft (aber), zumindest kurzzeitig einen Kaufgrund auf dem aktuell überverkauften Kursniveau der US-Aktienindizes zu finden." Dazu hellten einige besser als erwartet ausgefallene Quartalsberichte die Stimmung auf.
Zu Beginn der neuen Woche ging der Zahlenreigen der US-Grossbanken in die zweite Runde. Bank of America überraschte positiv, da sie mit den wirtschaftlichen Turbulenzen im dritten Quartal besser zurecht kam als von Experten erwartet. Trotz hoher Rückstellungen machte die Bank nur etwas weniger Gewinn als im Vorjahreszeitraum. Die Aktien zogen um rund sechs Prozent an. Für die Titel von Bank of New York Mellon ging es um etwa fünf Prozent hoch - der Gewinn lag ungeachtet eines Rückgangs über den Erwartungen.
Die Anteile des US-Biogasherstellers Archaea Energy schossen dank der anstehenden Übernahme durch BP sogar um über die Hälfte auf fast 26 US-Dollar hoch. Das Management von Archaea rund um Vorstandschef Nick Storck stimmt dem inklusive Schulden rund 4,1 Milliarden US-Dollar schweren Geschäft zu, für das der britische Öl- und Gaskonzern etwa 26 Dollar je Aktie in bar auf den Tisch legen will. Die BP-Titel hatten in London gegen den freundlichen Markt 1,2 Prozent verloren.
Auf ein geteiltes Echo stiess die mögliche Wiedervereinigung der Medienunternehmen News Corp und Fox Corp : Während die News-Aktien um zweieinhalb Prozent zulegten, ging es für die Fox-Papiere um knapp acht Prozent bergab. Nach Angaben beider Firmen plant Medienmogul Rupert Murdoch deren Zusammenlegung. Dessen Familientrust hält etwa 40 Prozent der stimmberechtigten Aktien beider Unternehmen. Durch die Fusion könnten Kosten gespart werden und das grössere Unternehmen könnte leichter neue Geschäftsfelder wie Sportwetten über mehrere Medienkanäle erschliessen, hiess es.
Die in New York notierten Anteilscheine chinesischer Unternehmen profitierten von Aussagen des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping, der ihnen Unterstützung zusicherte. So ging es für die Papiere des Internetunternehmens JD.com und des Amazon-Branchenkollegen Alibaba um jeweils rund fünf Prozent hoch. Xi liess zwar beim Parteitag der Kommunistischen Partei kein Abrücken von seiner Null-Covid-Politik erkennen. Allerdings habe der wirtschaftliche Aufschwung weiterhin oberste Priorität, beteuerte der Partei- und Staatschef. Zudem sicherte er Technologiekonzernen Unterstützung zu.
Der Euro profitierte sichtbar von der Risikobereitschaft der Anleger und kletterte im New Yorker Handel zuletzt auf 0,9837 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs noch auf 0,9739 (Freitag: 0,9717) Dollar festgesetzt; der Dollar hatte damit 1,0268 (1,0291) Euro gekostet.
Am Markt für US-Anleihen schmolzen die anfänglichen Gewinne angesichts der starken Aktienbörsen zusammen. Der Terminkontrakt für zehnjährige Treasuries (T-Note-Future) behauptete ein Plus von 0,10 Prozent auf 110,70 Punkte. Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen lag bei 4,02 Prozent./gl/he
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
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