"Mit dem Beginn des Börsenjahres an der Wall Street geht das Handelsjahr 2023 heute richtig los", kommentierte Marktbeobachter Thomas Altmann von QC Partners. "Jetzt muss sich zeigen, ob der gestrige Auftaktgewinn nachhaltig war." Für den Dax sei nun wichtig, die am Vortag überwundene Marke von 14 000 Punkten zu behaupten. Mit Blick auf die weitere Kursentwicklung ist Altmann verhalten optimistisch. Er glaubt, dass der positive Auftakt ins Börsenjahr die Anleger, die noch gar nicht oder unterinvestiert sind, unter Zugzwang bringen könnte.
Von den am Vortag geschlossenen US-Börsen kamen keine Impulse für den Dax, und in Japan fand auch am Dienstag kein Aktienhandel statt. An den chinesischen Festlandsbörsen legten die Kurse indes moderat und in der Sonderverwaltungsregion Hongkong kräftig zu, nachdem der Einkaufsmanagerindex des chinesischen Wirtschaftsmagazins "Caixin" im Dezember etwas besser ausgefallen war als erwartet.
Angesichts der massiven Infektionswelle nach dem Ende der Null-Corona-Politik in China zeigte er allerdings gegenüber dem Vormonat einen leichten Rückgang und liegt weiter unter der Expansionsschwelle von 50 Punkten. Bereits am Wochenende war der Einkaufsmanagerindex für die grossen und staatsnahen Unternehmen veröffentlicht worden, der sich überraschend deutlich eingetrübt hatte.
Am deutschen Aktienmarkt dürften am Dienstag zudem die Verbraucherpreise für den Dezember auf Interesse stossen, da die hohe Inflation als Bremse für die Aktienmärkte wirkt. Die schon veröffentlichten Daten aus Nordrhein-Westfalen und mehreren weiteren Bundesländern zeigten trotz weiter hoher Jahresraten eine Abschwächung gegenüber dem November.
Am Nachmittag folgen noch die vorläufigen Daten auf nationaler Ebene. Sie haben laut Experte Altmann "das Potenzial, die Börsen heute richtig durchzuschütteln". Nach seiner Einschätzung sollte sich der zuletzt deutliche Öl- und Gaspreisrückgang in der Dezember-Inflation positiv bemerkbar machen. Anleger und Analysten erwarteten den zweiten monatlichen Rückgang in Serie und die Jahresrate werde nach einem dreimonatigen Ausflug auf zweistellige Werte bei 9,0 Prozent erwartet. "Ein schneller Rückgang der Inflationsrate im ersten Quartal ist die wichtigste Voraussetzung für die Europäische Zentralbank (EZB), um ab dem Sommer nicht mehr an der Zinsschraube zu drehen", betonte Altmann.
Unter den deutschen Einzelwerten stach am Dienstag Dax-Spitzenreiter Brenntag mit einem Plus von über fünfeinhalb Prozent positiv heraus. Dass der Chemikalienhändler nach der öffentlichen Kritik eines Aktionärs auf die Übernahme des US-Konkurrenten Univar Solutions verzichtet, kommt einem Händler zufolge zwar nicht ganz überraschend. Dennoch wertete er die Entscheidung als moderat positiv für die Aktie, welche zudem durch die Investmentbank Oddo BHF hochgestuft wurde.
Ansonsten stand die Medizin- und Pharmabranche mit Analystenaussagen im Fokus. Die Anteilsscheine des Dialysespezialisten FMC büssten am Dax-Ende drei Prozent ein, nachdem das US-Analysehaus Jefferies sie auf "Underperform" abgestuft und das Kursziel von 29 auf 22 Euro gesenkt hatte. Experte James Vane-Tempest befürchtet, dass FMC die aktuelle Konsensprognose für den bereinigten Überschuss 2023 voraussichtlich nicht erreichen wird.
Die Aktien des Pharma- und Agrarchemiekonzerns Bayer sowie des Biotech-Unternehmens Morphosys lagen angesichts von Abstufungen durch die US-Bank JPMorgan mit einem nur knappen Gewinn beziehungsweise einem Minus von fast drei Prozent im Dax und im Nebenwerte-Index SDax weit hinten. Analyst Richard Vosser sieht in einem Branchenausblick auf das neue Jahr eine Zweiteilung in den Ausblicken der Pharmaunternehmen, was die kurzfristigen Prognosen und Pipelines betrifft, sowie auch längerfristig bis 2030. Bei Bayer sieht Vosser nur begrenzt Kurstreiber sowie Risiken mit Blick auf die anstehenden Geschäftszahlen. Bei Morphosys verwies er auf beträchtliche Prognosekürzungen für das Medikament Monjuvi sowie die fehlende Pipeline für 2023./gl/jha/
(AWP)