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Börsenwoche im Schnelldurchlauf

Aktienmärkte: Ein Kursfeuerwerk wie aus dem Nichts - auch wegen Nichts?

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Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche: Powell und die Börse, Credit Suisse und das Bezugsrecht, die Leerverkäufer und Zur Rose - Sowie: Nestlé und das Investorenseminar.

02.12.2022   11:48
Von cash Insider
Feuerwerk über Kuwait City, der Hauptstadt des ölfördernden Emirats.
Feuerwerk über Kuwait City, der Hauptstadt des ölfördernden Emirats. Auch an der New Yorker Börse sorgte der US-Notenbankchef diese Woche für ein Kursfeuerwerk.Quelle: Pixabay

Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Seit wenigen Tagen kommt bei uns am Schweizer Aktienmarkt schon fast wieder so etwas wie Leben ins Handelsgeschehen. Gerade bei den drei Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis bewegen sich die Umsätze wieder nördlich von 100 Millionen Franken. Das Geschehen steht dabei ganz im Zeichen der Rede des amerikanischen Notenbankchefs Jerome Powell von Mittwochnacht. Dieser traf – wer hätte das auch gedacht – genau die richtigen Töne. So hält er es etwa für angemessen, ab Dezember bei den Leitzinserhöhungen eine gemächlichere Gangart einzulegen.

Ein Kommentar des für die Bank of America tätigen John Tully liess mich am Donnerstagmorgen schmunzeln. Wie er schreibt, läuft Powell seine Siegerrunde schon, obwohl das Rennen (gegen die Teuerung und die drohende Rezession) noch längst nicht gewonnen ist. Eigentlich habe der Notenbankchef an seiner Rede fast dasselbe Skript verwendet wie an der vorangegangenen Rede. Umso mehr zeigt sich Tully erstaunt über das fulminante Kursfeuerwerk an der New Yorker Börse.

Der amerikanische Nasdaq 100 Index springt seit Mittwoch nach oben (Quelle: www.cash.ch)

Dass hierzulande auch die Aktien der Credit Suisse bei den Meistgehandelten weit vorne mitspielten, ist der milliardenschweren Kapitalerhöhung zu verdanken. Im Wissen um die mediale Dauerbeschallung wollte ich an dieser Stelle eigentlich zuerst auf eine eigene Einschätzung verzichten. Angesichts der Panik, die mittlerweile verbreitet wird, erachte ich es allerdings als angezeigt, das vielerorts Geschriebene ins richtige Licht zu rücken.

Diese Aktienkursziele sorgen in Schweizer Börsenkreisen für Aufsehen


Tag für Tag stösst man auf dieselbe Schlagzeile: Der Kurs der Credit-Suisse-Aktie fällt auf ein neues Rekordtief. Zugegeben, das lässt sich zwar nicht von der Hand weisen, zumindest aber erklären. Denn der Verkaufsdruck geht schon seit dem frühen Montagmorgen vom Bezugsrecht aus. Wie mir berichtet wird, tummeln sich momentan vorwiegend Spekulanten in den Bezugsrechten.

Ich denke da neben Arbitrageuren auch an einflussreiche Leerverkäufer – wobei die Gleichung letzterer denkbar einfach ist: Je tiefer sich der Aktienkurs der Credit Suisse jetzt noch drücken lässt, desto mehr Gewinn werfen die Wetten gegen die Grossbank letztendlich ab. Und diese sind ziemlich üppig. Wenn man den jüngst durchgeführten Erhebungen der Beratungsfirma S&P Global Market Intelligence Glauben schenken will, dann wird mit mehr als 14 Prozent der ausstehenden Aktien auf rückläufige Kurse spekuliert. Ziel der Leerverkäufer dürfte es deshalb sein, dass möglichst viele Aktionärinnen und Aktionäre das Handtuch werfen und ihre Bezugsrechte verkaufen – was wiederum für Druck auf die Aktie selbst sorgt. Solange der Aktienkurs nicht unter den Bezugspreis von 2,57 Franken fällt, ist das aus Sicht der Grossbank nicht weiter tragisch. Wenn am 6. Dezember der Bezugsrechtehandel endet, hat das Treiben der Spekulationen dann sowieso ein Ende. Wir Journalistinnen und Journalisten müssen uns somit den Vorwurf gefallen lassen, die kursseitige Abwärtsspirale mit der jüngsten Berichterstattung begünstigt, wenn nicht sogar noch beschleunigt zu haben.

Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Saudi National Bank und die anderen Grossaktionäre die zweite Tranche der Kapitalerhöhung scheitern lassen würden. Denn schliesslich haben sich die Saudis in der ersten Tranche mit ihren 1,5 Milliarden Franken ja sogar zu Kursen von 3,82 Franken je Aktie bei der Grossbank eingekauft.

Ein weiteres Thema in den Medien sind die gestiegenen Absicherungskosten für Verbindlichkeiten der Credit Suisse, auch Credit Default Swaps (CDS) genannt. Zuletzt kosteten diese mehr als 400 Basispunkte. Das ist viel, aber nicht besorgniserregend, wenn man weiss, dass der Markt für CDS eng ist und die Absicherungspreise in Stressphasen deshalb stark anziehen. Ähnliches war in der Vergangenheit auch schon bei anderen Banken zu beobachten, etwa im Sommer 2016 bei der Deutschen Bank. Und auch diese gibt es heute bekanntlich immer noch.

Kommen wir noch einmal kurz auf den Abfluss von Kundengeldern zu sprechen. Zur Erinnerung: Der Grossbank gingen bis zum 11. November unter dem Strich mehr als 80 Milliarden Franken verloren, davon gut 60 Milliarden Franken im erklärten Kerngeschäft, dem Wealth Management.

Ich vermute, dass es sich bei diesen Geldern mehrheitlich um Sichtguthaben gehandelt haben dürfte. Solche zu verlieren ist zwar ärgerlich, jedoch nicht existenziell und schmälert auf längere Sicht wohl auch die Erträge nicht allzusehr.

Wie der für J.P. Morgan tätige Analyst Kian Abouhossein gestern Donnerstag schrieb, geht er für das Schlussquartal von einem Nettoabfluss in Höhe von 107 Milliarden Franken auf Gruppenebene und von rund 80 Milliarden Franken im Wealth Management aus. Der Analyst kürzt sein Kursziel für die mit "Neutral" eingestuften Aktien zwar auf 3,80 (zuvor 5,50) Franken und sieht die Grossbank mit einem rechnerischen Wert von 14 Milliarden Franken alleine für die Universalbank Schweiz zur Übernahmekandidatin werden. Da fragt sich doch: Alles bloss Wunschdenken?

Den Aktionärinnen und Aktionären von Zur Rose bot sich am gestrigen Donnerstag ein ungewohntes Bild: Der Aktienkurs der Versandapotheke schoss zeitweise um mehr als 18 Prozent in die Höhe. Auslöser war eine Aussage des deutschen Gesundheitsministers Karl Lauterbach, wonach das elektronische Medikamentenrezept nun doch schon Mitte 2023 kommen soll.

In den Ohren von Zur-Rose-Chef Walter Oberhänsli müssen diese Worte wie Hohn klingen, hatte man sich doch schon fast ein bisschen blind auf eine reibungslose Einführung des elektronischen Medikamentenrezepts verlassen. Ursprünglich sollten ja schon seit Januar gar keine anderen Rezepte mehr ausgestellt werden.

Auch der Aktienkursentwicklung von Zur Rose der letzten Tage spürt man an, dass sich die Leerverkäufer auf dem Rückzug befinden (Quelle: www.cash.ch)

Das Kursfeuerwerk der vergangenen 24 Stunden ist übrigens ein Ergebnis aggressiver Deckungskäufe, wie mir berichtet wird. Es macht ganz den Anschein, als hätten erste Leerverkäufer nun doch kalte Füsse bekommen. Das überrascht, wissen wir mittlerweile doch alle, was solche Versprechen aus der Politik wirklich wert sind. Im Wissen, dass die Leerverkäufer mit knapp 39 Prozent aller ausstehenden Aktien auf rückläufige Kurse spekulieren, überrascht mich eigentlich gar nichts mehr.

Ich halte es beim Thema Zur Rose und dem elektronischen Medikamentenrezept wie bei der Credit Suisse und einem möglichen Übernahmeangebot: Die Hoffnung stirbt zuletzt...

Von wesentlich grösserer Tragweite für den Swiss Market Index (SMI) war das zweitägige Investorenseminar des Nahrungsmittelherstellers Nestlé. Zu diesem Anlass passten die Waadtländer ihre diesjährigen Wachstumsvorgaben erneut nach oben an – wenn auch nur leicht. Ausserdem kommunizierten sie ihre neuen Mittelfristziele.

Im ersten Moment schien es Firmenchef Mark Schneider der Börse nicht rechtmachen zu können, gingen die Aktien am ersten Tag des Investorenseminars doch um 2 Prozent tiefer aus dem Handel. Einerseits sorgten die Aussagen zur künftigen Margenentwicklung und andererseits die Aussagen zum Wirkstoff Palforzia für Verdruss. Mit der 2 Milliarden Franken schweren Übernahme der amerikanischen Aimmune teuer erkauft, steht der Wirkstoff gegen Erdnussallergie nun auf dem Prüfstand. Angeblich verkauft sich Palforzia seit der Markteinführung um einiges schlechter als erhofft.

Palforzia ist meines Erachtens aber nur ein kleiner Tolggen im ansonsten einwandfreien Reinheft des Nestlé-Chefs. Mich persönlich beeindrucken vor allem die digitalen Ambitionen Schneiders. "Big Data" oder "Artificial Intelligence" sind am Hauptsitz in Vevey nicht bloss Schlagworte. Vielmehr macht man sich diese Technologien zunutze, um die Effizienz weiter zu verbessern und um der Konkurrenz eine Nasenlänge voraus zu sein. Da können Rivalen wie Unilever oder Danone noch viel lernen.

So überrascht mich nicht, dass die Börse letztendlich dann doch noch versöhnlich auf das Investorenseminar reagierte.

Mit Anbruch der Adventszeit wird es nun langsam ruhiger. Das dürfte sich nächste Woche womöglich in erneut rückläufigen Handelsumsätzen bemerkbar machen. Mehr dazu kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.

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