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Auch der Schweizer Aktienmarkt profitierte in den letzten Tagen vom Entscheid der US-Notenbank, das Rückkaufprogramm für amerikanische Staatsanleihen und verbriefte Hypotheken ab Januar zu drosseln. Einerseits deshalb, weil der Entscheid nicht unerwartet kam, andererseits aber auch, weil die Währungshüter ab Januar noch immer Monat für Monat für 75 Milliarden Dollar Schuldtitel über den offenen Markt zurückkaufen werden. Ausserdem bekannte sich die US-Notenbank zur bisherigen Tiefzinspolitik, solange sich die Situation am Arbeitsmarkt nicht noch einmal deutlich aufhellt. Ein geldpolitischer Kurswechsel sieht anders aus.

Vor Jahresfrist schrieb ich an dieser Stelle, dass die liquiditätsgetriebene Hausse erst noch in eine gewinngetriebene übergehen müsse. Aufgrund der extrem lockeren Zins- und Geldpolitik der Zentralbanken führender Wirtschaftsnationen hat sich daran bis heute nichts geändert. Gleichzeitig haben sich die Aktienmärkte weiter von der Entwicklung der Unternehmensgewinne nach oben abgekoppelt. Solange die Zentralbanken das Finanzsystem mit Liquidität fluten, wird sich daran so schnell nichts ändern.

Irgendwann wird der Tag jedoch kommen, an dem sich die Märkte schlichtweg wieder an den Unternehmensgewinnen orientieren müssen. Bleibt aus Sicht von uns Aktieninvestoren zu hoffen, dass bis dahin die schon seit längerer Zeit überfällige Verbesserung bei den Unternehmensgewinnen eingesetzt hat. Denn noch nie ging eine liquiditätsgetriebene Hausse reibungslos in eine gewinngetriebene über.

Hätte man mich vor Jahresfrist nach günstig bewerteten Schweizer Aktien gefragt, so wäre mir auf Anhieb ein gutes Dutzend solcher Aktien in den Sinn gekommen. Fragt man mich heute, macht sich bei mir eine gewisse Ratlosigkeit bemerkbar.

Im Hinblick auf das kommende Jahr rate ich deshalb zu einem noch selektiveren Ansatz als im Dezember vergangenen Jahres. Bei meinen Schweizer Aktienfavoriten für das Jahr 2014 halte ich mich an Aktien von Unternehmen, welche sich im Umbruch befinden. Diese Aktien ergänze ich mit solchen aus den defensiven Sektoren Agrarchemie und Nahrungsmittel, wobei das eine das andere nicht ausschliessen muss. An dieser Stelle sei einmal mehr gesagt, dass auch ich nur mit Wasser koche...

Die Bilanz meiner letztjährigen Aktienfavoriten werde ich übrigens heute in einer Woche vorlegen.

Standardwerte:

Holcim

Die vergangenen 12 Monate erwiesen sich aus Sicht der Aktionäre von Holcim als Nullsummenspiel. Der in den Jahren zuvor geradezu frenetisch gefeierte hohe Ergebnisbeitrag aus den Schwellenländern erwies sich auf einmal als Bumerang für den Ostschweizer Zementhersteller. Die wirtschaftliche Wachstumsverlangsamung legte in vielen dieser Ländern schonungslos die strukturell bedingten Probleme offen. Insbesondere im Fall von Indien mündeten diese Probleme in einem regelrechten Zerfall der dortigen Währung.

Mittlerweile hat das Schweizer Mutterhaus allerdings reagiert und nebst den in der Vergangenheit eingeleiteten Kostensenkungsmassnahmen eine grundlegende Restrukturierung des Indien-Geschäfts in Angriff genommen. Mit einer Verschmelzung der beiden dortigen Tochtergesellschaften ACC und Ambuja Cement verspricht man sich bei Holcim über die Kosteneinsparmassnahmen hinaus zusätzliche Synergien.

Die Geschäftsleitung um den erfahrenen CEO Bernard Fontana dürfte schon bald erste Früchte der in der Vergangenheit eingeleiteten Massnahmen ernten. Ausserdem verspricht der hohe Ergebnisbeitrag aus den Schwellenländer längerfristig überdurchschnittliche Wachstumschancen.

Nestlé

Gerade in Zeiten sich aufhellender wirtschaftlicher Rahmenbedingungen gelten die Aktien von Nestlé als langweilig. Das mag ja der Wahrheit entsprechen, wären da nicht die sich abzeichnenden Veränderungen im Firmenportfolio. Der Westschweizer Nahrungsmittelkonzern hat damit begonnen, nicht zum Kerngeschäft zählende oder hinter den Erwartungen zurückbleibende Geschäftsbereiche zu veräussern.

Im abgelaufenen Jahr musste Nestlé die milliardenschwere Übernahme des Kindernahrungsgeschäfts von Pfizer verdauen. Mittlerweile verfügt das Unternehmen wieder über finanziellen Spielraum um eigene Aktien zurück zu kaufen. Die Ankündigung eines neuen Aktienrückkaufprogramms dürfte reine Formsache sein. Und sollte sich Nestlé nach Ablauf des Aktionärsbindungsvertrags im April für einen Verkauf der L'Oréal-Beteiligung entscheiden, winkt den Aktionären erst recht ein Geldsegen. Im Hinblick auf diesen Entscheid rechnet kaum jemand mit einem Beteiligungsverkauf, was das Aktienpaket zu einem Ass im Ärmel der Haussiers macht.

SGS

Man darf ruhig sagen, dass der Börsenliebling SGS in den letzten Wochen und Monaten am Markt in Ungnade gefallen ist. Die schwierige Situation in Europa und der Abschwung bei den Kunden aus dem Bergbaubereich blieben nicht ohne Folgen für das Genfer Warenprüfunternehmen. Deshalb konnte letzteres auch sein wahres Ertragspotenzial nicht wirklich entfalten.

An der Jahresergebnispräsentation vom 21. Januar wird SGS neue Ziele für das Geschäftsjahr 2014 kommunizieren. Dass die bisherigen Zielsetzungen unrealistisch sind, ist mittlerweile weitreichend bekannt. Denn schon heute liegen die Konsensschätzungen für das kommende Jahr deutlich dahinter zurück.

Die Aktien des einstigen Börsenlieblings sind zwar nicht günstig bewertet, waren es aber auch noch nie. Aufwärtspotenzial sehe ich im Zusammenhang mit der auf gezielte kleinere und mittelgrosse Firmenübernahmen ausgelegten Akquisitionsstrategie.

Syngenta

Die Liste der zuletzt in Ungnade gefallenen Börsenlieblinge liesse sich ohne Probleme durch Syngenta ergänzen. Aufgrund von Verzögerungen bei der Einführung eines umsatzträchtigen Pilzbehandlungsmittels im Schlüsselmarkt Brasilien droht dem Basler Agrarchemiehersteller seine diesjährigen Wachstumsprognosen zu verfehlen. Und noch konnten sich nicht alle Analysten zu einer Abwärtsrevision ihrer Umsatz- und Gewinnschätzungen durchringen.

Dank dem Anbaubeginn in Nordamerika ist im ersten Quartal mit einer saisonal bedingten Absatzbeschleunigung zu rechnen. Noch bleibt abzuwarten, ob die Befürchtungen einiger Analysten zutreffen und die zuletzt rückläufigen Getreidepreise auf die Investitionsbereitschaft nordamerikanischer Landwirte drücken.

An den strukturell bedingten Wachstumstreibern hat sich bei Syngenta hingegen nichts geändert. Faktoren wie das Bevölkerungswachstum, die immer eiweishaltigere Ernährung oder die Öffnung Chinas sollten dem Unternehmen helfen, das bis Ende 2020 definierte Ziel eines Jahresumsatzes von 25 Milliarden Dollar erreichen zu können. Und noch spiegelt sich dieses Ziel in keinster Weise im Unternehmenswert wider.

Zurich Insurance Group

Alleine in den vergangenen drei Monaten haben die Aktien der Zurich Insurance Group gut 20 Prozent schlechter als der Vergleichssektor abgeschnitten. Und das nicht ohne Grund, blickt das Unternehmen doch auf ein schwieriges Jahr zurück. Neben zwei Ergebnisenttäuschungen in der ersten Jahreshälfte hinterliessen auch der Freitod von CFO Pierre Wauthier und der damit verbundene Rücktritt von Verwaltungsratspräsident Joe Ackermann Spuren in der Aktienkursentwicklung. Ausserdem holte die Zurich Insurance Group anlässlich des diesjährigen Investorentages von Anfang Dezember nicht zum erhofften strategischen Rundumschlag aus.

Es gibt mittlerweile jedoch Faktoren, welche für eine Aufholjagd der Aktien auf jene vergleichbarer Mitbewerber sprechen. Zum einen scheint die attraktiv hohe Dividende auf Jahre hinaus gesichert und zum anderen konnte mit George Quinn ein sehr erfahrener und gerade in angelsächsischen Breitengraden geachteter neuer CFO verpflichtet werden. Quinn gilt beim ehemaligen Arbeitgeber Swiss Re als einer der Hauptverantwortlichen für den bilderbuchmässigen Turnaround und die grosszügige Jubiläumsdividende. Für Fantasie ist aus Sicht der leidgeplagten Aktionäre der Zurich Insurance Group jedenfalls gesorgt.


Nebenwerte:

AMS

Seit wenigen Tagen wird die Aktie von AMS wieder zu dreistelligen Kursen gehandelt. Zwar sah sich der in Österreich beheimatete Halbleiterhersteller erst vergangene Woche noch einmal zu einer Reduktion seiner Umsatzprognosen gezwungen. Die von den Firmenverantwortlichen gemachten Aussagen lassen allerdings vermuten, dass das Unternehmen ab dem kommenden Jahr auf den Wachstumspfad zurückfindet.

Aufwärtspotenzial verspricht eine erst kürzlich von Apple erzielte Zusammenarbeit mit dem Mobilfunkanbieter China Mobile. Der amerikanische Grosskunde ist bei AMS angeblich für rund einen Viertel des Jahresumsatzes verantwortlich, Tendenz steigend. Und auch die in Aussicht gestellten Produktneuheiten lassen vermuten, dass 2014 das Jahr der Österreicher werden könnte.

Basilea

An der Börse gilt Basilea heute gut doppelt soviel wie noch Anfang Jahr. Trotzdem verfügen die Aktien des Basler Biotechnologieunternehmens über weiteres Aufwärtspotenzial. Denn mit der Marktzulassung des Antibiotikums Ceftobiprole in Europa hat die Wahrscheinlichkeit einer solchen in den USA spürbar zugenommen. Derzeit befindet sich Basilea auf der Suche nach einem Vertriebspartner für das Medikament.

Gut möglich, dass die Partnersuche in einer Übernahme des Unternehmens enden wird. Das wiederum würde die beiden bisherigen Partner GlaxoSmithKline und Astellas in Zugzwang versetzen. Mit Astellas arbeitet Basilea bei der Entwicklung des Pilzmedikaments Isavuconazole zusammen. Aufgrund überzeugender Studienergebnisse ist eine Marktzulassung schon für das kommende Jahr zu erwarten. Und mit geschätzten Barmitteln von 220 Millionen Franken steht das Unternehmen auf grundsoliden finanziellen Beinen.

Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass Basilea im Laufe des nächsten Jahres von einem der bisherigen Partner übernommen wird. Doch selbst ohne Übernahmefantasien verfügen die Aktien über Raum für noch einmal deutlich höhere Kurse.

BCV

Im US-Steuerstreit zählt sich die Banque Cantonale Vaudoise (BCV) zu den der Kategorie 2 angehörenden Banken. Noch ist die Höhe der drohenden Vergleichszahlung nur schwer abschätzbar. Die Analystenschätzungen reichen von 90 bis 150 Millionen Franken. Eine Zahlung am oberen Ende dieser Bandbreite würde knapp einem Jahresgewinn des Instituts entsprechen. Möglicherweise kommt die BCV allerdings glimpflicher davon. Eigenen Angaben zufolge ist die grosszügige Dividendenpolitik nicht durch den US-Steuerstreit gefährdet. Es wird eine ordentliche Dividende von 22 bis 27 Franken je Aktie sowie eine Sonderdividende von jährlich 10 Franken angestrebt. Davon lässt sich eine Rendite von mindestens 6,6 Prozent ableiten.

Aufwärtspotenzial sehen Experten auch im Zusammenhang mit der zunehmend wieder steileren Zinskurve. Im Zusammenhang mit der Erneuerung fällig werdender Hypotheken werde der Zinsertrag bei der BCV jährlich um 5 bis 10 Millionen Franken steigen, höhere Kreditvolumen sowie eine aktivere Bewirtschaftung des Kreditportfolios noch nicht eingerechnet.

Micronas

Micronas blickt auf ein schwieriges Jahr zurück. Kein anderes Schweizer Unternehmen fiel der Yen-Schwäche so sehr zum Opfer wie der Halbleiterhersteller. Gleichzeitig erreichte das Schlüsselprojekt mySens zwar wichtige Meilensteine, erlitt gleichzeitig jedoch Verzögerungen. Beide Faktoren hinterliessen tiefe Spuren in der Aktienkursentwicklung, was meines Erachtens Chancen bietet.

Denn Micronas schreibt trotz allen diesen Faktoren noch immer schwarze Zahlen und erwirtschaftet einen positiven Free-Cash-Flow. Auch wenn sich die Aktien dieses Turnaround-Kandidaten nur für sich des Risikos bewusste Anleger eignet, so könnte sich ein Einstieg auf längere Sicht durchaus lohnen. Und wer weiss, vielleicht wird aus dem währungsseitigen Gegenwind in wenigen Wochen ja sogar Rückenwind für das Unternehmen.