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Immer mehr Banken fordern von ihren Kunden Negativzinsen auf Sicht- und Spareinlagen ein. Da der Begriff "Negativzins" ziemlich merkwürdig anmutet, spricht die eine der beiden Schweizer Grossbanken im mir vorliegenden Briefverkehr mit Pensionskassen und Firmen elegant von "Guthabengebühren".

Die Folgen der Zins- und Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank (SNB) beschränken sich allerdings nicht nur auf Sicht- und Sparguthaben bei den Banken. Mittlerweile weisen vier von fünf Franken-Obligationen eine für die Anleger negative Rendite auf. Davon profitieren der Bund, die Kantone sowie erstklassige Unternehmensschuldner gleichermassen.

Eigentlich entbehren negative Zinsen und Renditen jedem gesundem Menschenverstand: In was für einer verkehrten Welt leben wir, in der der Gläubiger den Schuldner bezahlen muss, damit er diesem sein Geld anvertrauen darf?

Auch wenn die Europäische Zentralbank (EZB) die Geldschleusen weit geöffnet hat und die SNB regelrecht zu negativen Einlagezinsen für die Geschäftsbanken gezwungen wird - zur Normalität werden negative Zinsen und Renditen vermutlich jedoch nicht.

Dieser Meinung sind auch die Aktienstrategen von Helvea. In einer eben gerade erschienenen Studie raten die Verfasser der Anlagekundschaft zum Kauf konjunkturabhängiger Aktien, um sich für steigende Anleiherenditen zu rüsten.

Der jüngste Rückschlag in diesem Marktsegment biete sich geradezu als Kaufgelegenheit an, so schreiben die Experten. Sie nutzen die Gunst der Stunde und nehmen neben den Aktien von Rieter auch jene von Adidas, Jenoptik, PORR, Voestalpine und VTG in die Liste ihrer Schlüsselkaufempfehlungen auf. Sie ergänzen die Valoren von Beiersdorf, CompuGroup, Huber+Suhner, Schindler, Swiss Life, Swatch Group und Volkswagen. Platz machen müssen hingegen die Aktien von Emmi, Novartis, Andritz, Linde, Westgrund und Zumtobel. Diese mehrheitlich von der Konjunktur unabhängigen Papiere werden von der Liste gestrichen.

Seit der Einführung der Favoritenliste im Januar vor zwei Jahren haben die Schlüsselkaufempfehlung in Euro betrachtet um knapp 60 Prozent zugelegt und um ziemlich genau 7 Prozent besser als der breit gefasste Stoxx-600-Index abgeschnitten.

Was Letzteren anbetrifft, sind die für Helvea tätigen Aktienstrategen übrigens weiterhin zuversichtlich. In Erwartung einer wirtschaftlichen Erholung und eines günstigen Währungsumfelds rechnen sie in den Sommer hinein mit steigenden Aktiennotierungen. Dieser Anstieg werde allerdings nicht mehr länger von dividendenstarken sondern vermehrt von konjunkturabhängigen Papieren getragen, so sind sich die Experten sicher.

Ein erster Vorgeschmack, wie rasch sich das Blatt an den europäischen Anleihenmärkten wenden kann, lieferte der gestrige Tag. Eine höher als erwartete Teuerung in Deutschland liess die dortigen Renditen kurzum in die Höhe schnellen, was auf die umliegenden Länder übergriff.

Ob die meines Erachtens recht mutige Wette von Helvea auf konjunkturabhängige Aktien aufgeht, wird sich zeigen müssen. Der Leistungsausweis der Schlüsselkaufempfehlungen der letzten zwei Jahre darf jedenfalls schon mal als vielversprechend bezeichnet werden.

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Beinahe täglich blasen weitere Aktienstrategen zur Jagd auf Aktien vermeintlicher Übernahmekandidaten (siehe Kolumne vom 27. April). Gestern scheinen nun auch die Experten der Credit Suisse dieses Thema für sich entdeckt zu haben.

Das Umfeld für Firmenübernahmen und -zusammenschlüsse sei geradezu ideal, schreiben sie in einer Strategiestudie. Dabei verweisen die Studienverfasser auf die Feuerkraft von Unternehmen und Finanzinvestoren, die sie auf 4,2 Billionen Dollar oder 10 Prozent der weltweiten Börsenkapitalisierung schätzen. Doch auch die günstigen Finanzierungsmöglichkeiten sowie die gestiegene Zuversicht bei den Unternehmen selber lassen den Experten zufolge immer neue Firmentransaktionen erwarten.

Aus Schweizer Sicht zählt die Credit Suisse Unternehmen wie Autoneum, Bucher, Coltene, Georg Fischer, Logitech und Syngenta zu den möglichen Übernahmekandidaten. Als am wahrscheinlichsten erachten es die Strategen der Grossbank allerdings, dass Actelion in fremde Hände fallen könnte.

Den Banken und ihren Aktienstrategen gehen langsam aber sicher die Ideen aus. Nur so lässt sich erklären, weshalb innerhalb von gerade mal zwei Wochen nicht weniger als vier Studien zu diesem Thema veröffentlicht worden sind.

Den Aktienmärkten verspricht eine stark anziehende Übernahmetätigkeit nur kurzfristig frische Impulse, läutet diese für gewöhnlich den Anfang vom Ende ein.
 

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