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Im Dezember traten ausländische Grossinvestoren am Schweizer Aktienmarkt im grossen Stil als Verkäufer in Erscheinung. Selten zuvor wurden der Schweizer Börse SIX gegenüber so viele Beteiligungsreduktionen offengelegt. Schon damals hätten diese Offenlegungsmeldungen nachdenklich stimmen sollen, kündigten sie doch einen Kursrückschlag an, der sich gewaschen hat.

Während sich die hiesigen Pensionskassen und Privatanleger nach dem Ausverkauf der letzten Wochen die Wunden lecken, nutzen findige ausländische Investoren die Gunst der Stunde und kaufen selektiv zu.

Mut beweist damit vor allem Harris Associates. Der bekannte amerikanische Substanzinvestor ist in zwei Schritten bei LafargeHolcim ein- und mit einem Stimmrechtsanteil von 6,4 Prozent zum drittgrössten Aktionär aufgestiegen.

Obschon der Weltmarktführer unter den Zementherstellern im zurückliegenden Quartal von milden Witterungsbedingungen profitiert haben dürfte, schliessen Analysten Mitte März eine weitere Ergebnisenttäuschung nicht aus. Denn durch den Zusammenschluss von Lafarge und Holcim ist die Abhängigkeit von den Schwellenländern noch grösser geworden. Und dort gestaltet sich die Zementnachfrage momentan bekanntlich alles andere als rosig.

Eigenen Angaben zufolge erhofft sich der neue amerikanische Grossaktionär umfassende Synergien aus dem Zusammenschluss der beiden schon zuvor führenden Unternehmen.

Für Aufsehen sorgte zuletzt auch die Beteiligungsnahme von Veraison Capital beim Telekommunikationskonzern Ascom. Mittlerweile gibt sich dort das "Wer-ist-Wer" unter den Finanzinvestoren die Türklinke in die Hand. Neben dem neuen Grossaktionär halten auch der amerikanische Hedgefonds Highbridge Capital sowie Sterling Strategic Value des Tessiner Financiers Tito Tettamanti namhafte Beteiligungen.

Wie ich einem Kommentar aus dem Handel der MainFirst Bank entnehme, ist Veraison Capital geradezu berüchtigt dafür, aktiv Einfluss auf die Strategie der jeweiligen Portfoliofirmen zu nehmen. Am Hauptsitz von Ascom muss man sich nach der einschneidenden Gewinnwarnung von Anfang Dezember deshalb wohl warm anziehen.

Was mit dem zur Disposition stehenden Geschäftszweig Network Testing geschieht, bleibt weiterhin offen. Vermutlich wird sich der Nebel anlässlich der Jahresergebnispräsentation vom 9. März lichten. Mit einem Verkauf liessen sich Experten zufolge durchaus Aktionärswerte schaffen.

Zu den prominentesten Aktionären von Ascom gehört auch BlackRock, seines Zeichens der mit Abstand grösste Vermögensverwalter der Welt. Die Amerikaner haben hierzulande ebenfalls punktuell zugekauft. Im Zuge dessen stieg die Beteiligung am Fondsanbieter GAM auf 5,83 (5) Prozent und jene am Telekommunikationskonzern Swisscom auf 3 (2,98) Prozent (siehe auch Kolumne vom 12. Februar). Eines haben diese beiden Unternehmen gemeinsam: Sie gelten als zuverlässige Dividendenzahler und ihre Aktien als Renditeperlen.

Als ein noch unbeschriebenes Blatt gilt bei uns Baillie Gifford & Co. Der Vermögensverwalter aus Schottland hält neu 3,04 Prozent an OC Oerlikon. Nach dem Verkauf von Leybold Vacuum dürfte die prall gefüllte Kriegskasse Begehrlichkeiten wecken. Denn obschon der in Zürich beheimatete Industriekonzern seine Restrukturierungsbemühungen intensivieren musste, bleibt eine Kapitalrückführung an die Aktionäre über eine Sonderdividende oder ein Aktienrückkaufprogramm weiterhin möglich.

Dass ausländische Grossinvestoren an den Schweizer Aktienmarkt zurückdrängen, ist grundsätzlich ermutigend. Darf man allen Offenlegungsmeldungen der letzten Wochen Glauben schenken, geschieht das allerdings äusserst gesittet und höchst selektiv.

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Über Monate wenn nicht gar über Jahre hinweg hatte sich der Verwaltungsrat von Syngenta mit aller Kraft gegen eine Übernahme durch den unliebsamen amerikanischen Rivalen Monsanto zur Wehr gesetzt - mit Erfolg. Allen Unkenrufen zum Trotz konnte er nach intensiven Verhandlungen ein für die Aktionäre lukratives Barangebot der China National Chemical Company, kurz ChemChina, präsentieren.

Wer jetzt denkt, dass die Aktionäre von Syngenta nach Wochen des Bangens endlich einen Schlussstrich unter diese Angelegenheit ziehen können, der irrt jedoch gewaltig. Denn wie mir hinter vorgehaltener Hand erzählt wird, lässt die verschmähte amerikanische Braut nichts unversucht, um die Hochzeitspläne des staatlichen chinesischen Chemiekonzerns in letzter Minute zu vereiteln.

Da wettbewerbsrechtlich nicht mit grösseren Hürden zu rechnen ist, setzt man bei Monsanto alles auf die Trumpfkarte der "nationalen Interessen". In Washington wartet man geradezu darauf, diese Karte aufzugreifen und politisch auszuspielen. Ziel dieser Interventionen dürfte es sein, ChemChina das Nordamerikageschäft von Syngenta madig zu machen und in den Besitz heimischer Unternehmen zu bringen.

Das geht nicht ohne Kollateralschäden für die Aktionäre von Syngenta. In Anbetracht dieser Ungereimtheiten sehen sie sich einem noch immer gut 18 Prozent unter der rechnerischen Parität des Barangebots liegenden Aktienkurs ausgesetzt - Vogel friss oder stirb.

Was der für Bernstein Research tätige Chemieanalyst zu berichten weiss, lässt tief blicken. Auf Kundenwunsch hat er in den letzten Tagen Podiumsdiskussionen mit versierten Anwälten organisiert. Nicht nur das Interesse grosser Anlagefonds, sondern auch dasjenige von Hedgefonds und anderen Arbitrageuren sei riesig gewesen, so schreibt er in einem mir zugespielten Kommentar.

Das überrascht nicht, wird seinem Arbeitgeber doch seit jeher eine Nähe zu namhaften amerikanischen Hedgefonds nachgesagt.

In Erwartung, dass die Aktien von Syngenta gegenüber dem Barangebot Boden gut machen werden, empfiehlt er diese weiterhin mit "Outperform" und einem Kursziel von 470 Franken zum Kauf.
 

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