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Alleine schon die Aussicht auf eine Einigung zwischen Griechenland und seinen Geldgebern reichte in den letzten Tagen aus, um die europäischen Börsen kräftig klettern zu lassen. Man könnte glauben, der Kauf von Aktien werde schon morgen verboten.

Das wiederum sorgt für Wasser auf die Mühlen von Kepler Cheuvreux. In einem Kommentar lehnt sich der für das Cross Asset Research tätige Stratege weit aus dem Fenster und sagt den Börsen schon für Sommer neue Höchststände vorher.

Dank der zögernden Haltung der US-Notenbank bei der ersten Leitzinserhöhung seit acht Jahren sieht er den S&P-500-Index in die Region von 2200 bis 2250 Punkten vorstossen. Einer weiteren Höherbewertung stehe in den nächsten Monaten nichts im Wege.

Noch zuversichtlicher ist der Experte für die europäischen Aktienmärkte. Anders als seine Berufskollegen sieht er nicht anziehende Unternehmensgewinne oder eine weitere Höherbewertung als treibende Kraft hinter einem Anstieg, sondern schlichtweg die Rückabwicklung von Absicherungstransaktionen.

Was den Ausverkauf an den europäischen Anleihemärkten angeht, so lässt sich der Stratege keine grauen Haare wachsen. Von den Kursverlusten bei Schuldtiteln guter Schuldner sieht er Signalwirkung für die Märkte ausgehen. Noch hält der Experte die Korrektur in diesem Bereich nicht für abgeschlossen.

Dass die Akteure an den Aktienmärkten bislang nicht in defensive Qualitätsaktien geflüchtet seien, sei ermutigend. Folglich bleibt er im Rahmen seines Musterportfolios vollumfänglich investiert. Auch von seiner vorsichtigen Haltung für den als defensiv verschrieenen Schweizer Aktienmarkt weicht der Stratege nicht ab. Er stuft diesen wie bis anhin mit "Underweight" ein.

Einmal mehr scheinen die Strategen recht zu bekommen, welche ihrer Anlagekundschaft zum Kauf von Aktien in Schwächen raten. Das mag solange gut gehen, bis sich die Marktakteure ihrer Sache zu sicher werden.

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Das Anlageurteil von BNP Paribas für Nestlé fällt ziemlich nüchtern aus: Die Namenaktien des in Vevey beheimateten Nahrungsmittelkonzerns werden mit „Underperform“ und einem Kursziel von 69 Franken eingestuft. Im übertragenen Sinn heisst das soviel wie: Es gibt in Europa deutlich attraktivere Rivalen.

Anders als viele seiner Berufskollegen wartet der für die französische Grossbank tätige Experte aber nicht nur mit Kritik auf. In einer aktuellen Unternehmensstudie mit dem vielsagenden Titel "Wenn wir Nestlé führen würden" wartet er mit einem umfassenden Massnahmenplan auf.

Wie der Studienverfasser schreibt, würde er sich zuerst einmal auf das Kerngeschäft zurückbesinnen. Die letzte in diesem Bereich getätigte Firmenübernahme gehe ins Jahr 2001 zurück, so der Experte, und spricht damit den milliardenschweren Kauf des amerikanischen Tiernahrungsherstellers Ralston-Purina an.

Vorstösse wie jenen mittels der Beteiligungsnahme an Galderma ins Geschäft mit Hautpflegeprodukten hält er für einen strategischen Fehler. Mit solchen Firmenübernahmen verliere Nestlé die Identität, so lautet seine Kritik.

Gerade im amerikanischen Geschäft mi Tiefkühlprodukten macht der viel beachtete Nahrungsmittelanalyst Handlungsbedarf aus. Wie der Rivale Unilever werfe auch das Westschweizer Unternehmen in diesem Bereich dem schlechten Geld gutes nach. Seine Botschaft: Würde er Nestlé führen, käme dieser Geschäftszweig zum Verkauf.

Sowieso sei Nestlé der einzige weltweit tätige Anbieter, welcher sich bislang noch kein einschneidendes Restrukturierungsprogramm verschrieben habe. Um ein solches komme das Unternehmen aber nicht herum, wolle es seine Margen weiter steigern.

Die übrigen Massnahmen konzentrieren sich auf die Unternehmenskommunikation, die verbleibende Beteiligung am Kosmetikhersteller L'Oréal sowie die Verwendung der Barmittel.

Kritik zu üben ist immer sehr einfach. Umso mehr muss man es dem Nahrungsmittelanalysten von BNP Paribas hoch anrechnen, dass er mit einem konkreten Massnahmenkatalog aufwartet. Gleichzeitig zeigt er sich aber auch demütig: Als Vertreter seiner Berufsgattung masse er sich nicht an, ein so grossartiges Unternehmen wie Nestlé zu führen.

Wäre ich Chef des Westschweizer Traditionsunternehmens, würde ich sogar noch einen Schritt weitergehen und ein mittels einer Anleihe finanziertes Aktienrückkaufprogramm nach dem Vorbild von Adecco ins Leben rufen (siehe Kolumne vom 12. Februar).

 

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