Der cash Insider ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv. Lesen Sie börsentäglich von weiteren brandaktuellen Beobachtungen am Schweizer Aktienmarkt.

***

Im hiesigen Berufshandel blickt man in diesen Tagen mit einer Mischung aus Ungläubigkeit, Bewunderung und Eifersucht über den "grossen Teich" nach New York. Denn während der Schweizer Aktienmarkt noch immer rund 10 Prozent unter seiner im August erklommenen Bestmarke liegt, feiert die amerikanische Leitbörse neue Rekorde.

Ein ganzes Jahr über musste der breit gefasste S&P-500-Index Kraft sammeln, bis ihm der Sprung über die magische Marke von 2135 Punkten vom vergangenen Mai endlich gelingen wollte.

Was sich danach abspielte, kann als eine Kapitulation der Leerverkäufer bezeichnet werden. Davon profitierten in New York vor allem jene Aktien, gegen die zuvor grosse Wetten liefen. Stummer Zeuge ist der von der mächtigen amerikanischen Investmentbank Goldman Sachs berechnete Index für übermässig leerverkaufte Aktien. Dieser Index liess den S&P-500-Index im bisherigen Wochenverlauf weit hinter sich zurück.

Nun fragt sich: Greift das im Fachjargon "Short-Squeeze" genannte Phänomen auch auf Europa und damit auf den Schweizer Aktienmarkt über? Übermässig leerverkaufte Aktien gibt es nämlich auch bei uns wie Sand am Meer. Und nur die wenigsten unter ihnen konnten am jüngsten Aufbäumen des Swiss Performance Index (SPI) teilhaben.

Der Swatch Group wird bei uns in der Schweiz schon seit Monaten der zweifelhafte Ruf des unbeliebtesten börsengehandelten Unternehmens zuteil. Wie Statistiken der Beratungsfirma Markit zu entnehmen ist, liefen mit Stand von Ende Juni Wetten im Umfang von 26 Prozent der ausstehenden Inhaberaktien gegen den Luxusgüterhersteller aus Neuenburg.

Einmal mehr wird das Handelsgeschehen von der Angst vor einer Ergebnisenttäuschung überschattet. Vermutlich wissen wir schon morgen früh mehr. So genau lässt sich allerdings nicht sagen, wann die Swatch Group ihren Zahlenkranz vorlegt.

Weil die schwachen Schweizer Uhrenexporte ihren Schatten vorauswerfen, notieren die Inhaberaktien gerade mal um 1,8 Prozent über dem Stand von Ende Juni.

Einen schweren Stand hatten zuletzt auch die Aktien von Basilea. Bei den jüngsten Erhebungen von Markit landeten sie gleich auf dem zweiten Rang nach jenen der Swatch Group. Beim kleinen Pharmahersteller aus Basel setzen ausländische Hedgefonds mit nicht weniger als 19,3 Prozent der ausstehenden Titel auf rückläufige Kurse. Seit Ende Juni stagnieren Letztere zumindest. Ein Trost für die Aktionäre bleibt wenigstens, dass die Aktien mittlerweile gut 12 Prozent über ihren Mehrjahrestiefstständen von Mitte Februar notieren.

Viel Geld kosteten die Leerverkäufer ihre Wetten gegen die Valoren von Leonteq. Mit seinem Einstieg zündete der bekannte Substanzinvestor Veraison ein wahres Kursfeuerwerk (siehe Kolumne vom 11. Juli). Der Anbieter strukturierter Produkte ist heute an der Börse knapp 30 Prozent mehr wert als noch Ende Juni. Das Nachsehen haben folglich die vorwiegend ausländischen Hedgefonds. Auf ihren 9,9 Prozent aller ausstehenden Aktien haben sie hohe Verluste zu beklagen.

Unbeliebteste Unternehmen der Schweiz

Unternehmen

Leerverkaufspositionen

Swatch Group

26,0 Prozent

Basilea

19,3 Prozent

Aryzta

15,8 Prozent

Logitech

14,9 Prozent

Evolva

12,8 Prozent

Meyer Burger

11,6 Prozent

Charles Vögele

11,4 Prozent

AMS

10,9 Prozent

Leonteq

9,9 Prozent

Sonova

8,4 Prozent

Angaben per Ende Juni 2016, Quelle: Markit, FuW

Ein neuer Grossaktionär alleine reicht allerdings nicht aus, um das Ruder bei Leonteq herumzureissen. Das Vertrauen in die Geschäftsleitung der einstigen Tochter von EFG International bleibt angeschlagen und das Börsenumfeld schwierig. Dazu kommt ein ungünstiges Bundesgerichtsurteil, das die Zusammenarbeit mit ausländischen Partnern erschwert. Ob sich Veraison den Folgen dieses Urteils bewusst ist, darüber lässt sich bloss spekulieren.

Geld kosteten die Leerverkäufer zuletzt auch ihre Wetten im Umfang von 11,6 Prozent der ausstehenden Aktien gegen Meyer Burger, ebenfalls ein Börsenüberflieger vergangener Tage. Obschon beim Solarzulieferunternehmen in den letzten Wochen gleich mehrere millionenschwere Aufträge eingegangen sind, bleibt die Skepsis gross. Das mag auch damit zu tun haben, dass mit dem australischen Hedgefonds Platinum und dem amerikanischen Fondsanbieter Capital Group gleich zwei langjährige Grossaktionäre ihre Beteiligungen zurückgefahren haben. Seit Ende Juni konnten die Valoren von Meyer Burger dennoch um knapp 9 Prozent zulegen.

Unter den zehn unbeliebtesten Aktien aus der Schweiz bewegten sich jene von Aryzta, Logitech, Evolva, Charles Vögele, AMS und Sonova in den letzten zwei Wochen gerade mal zwischen plus 3,7 Prozent (Aryzta) und minus 4,1 Prozent (Evolva). Ein von mir berechneter gleichgewichteter Index dieser zehn Titel notiert mittlerweile um 4,5 Prozent über dem Stand von Ende Juni, Leonteq sei Dank. Zum Vergleich: Der SPI legte in diesen zwei Wochen gerade mal um 1,8 Prozent zu.

Gestern schrieb ich von einem Höhenflug bei den beliebtesten Nebenwerten. Genauso wie dieser Höhenflug schon bald enden könnte, verfügen zuletzt stark abgestrafte Aktien über Raum für ein kurzfristiges Aufbäumen. Ein "Short-Squeeze", wie er an der Leitbörse in New York beobachtet werden konnte, ist auch bei uns möglich. Für gegen den Strom schwimmende Anleger scheinen mir die Risiken bei AMS, Evolva und der Swatch Group am überschaubarsten. Ich werde die weitere Entwicklung dieser zehn unbeliebtesten Aktien jedenfalls genau im Auge behalten.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.