Kryptowährungen sind eine relativ junge Anlageklasse. Die mit Abstand älteste Kryptowährung, der Bitcoin, feiert demnächst seinen 14. Geburtstag. Der Ether ist erst halb so alt. Entsprechend gering ist unser Wissen über die Investitionseigenschaften von Kryptowährungen.

Anfang September veröffentlichte der Finanzprofessor Campbell R. Harvey von der Duke Universität gemeinsam mit mehreren Koautoren von der Man Group einen Leitfaden zu diesem Thema als Arbeitspapier. Darin werden unter anderem die Volatilitäten von Bitcoin und Ether mit der Volatilität des S&P 500 verglichen. Seit 2017 weist Bitcoin häufig tägliche Preisveränderungen von plus oder minus 10 Prozent auf. Die Standardabweichung der täglichen Preisveränderungen liegt bei 4.9 Prozent. Auf Jahresbasis liegt dieser Wert bei rund 80 Prozent. Ether weist ähnlich hohe Werte auf. Im Vergleichszeitraum lagen die entsprechenden Werte des S&P 500 bei 1.2 Prozent auf Tages- und 19 Prozent auf Jahresbasis.

Die hohe Volatilität von Bitcoin und Ether lässt sich jedoch relativ einfach managen. Wenn man nur ein Viertel des Anlagebetrags in Bitcoin oder Ether investiert und drei Viertel als Cash Reserve zurückbehält, hat man ein Portfolio, dessen Volatilität mit dem S&P 500 vergleichbar ist. Auf der anderen Seite weisen die täglichen Kursschwankungen des S&P 500 grössere Extremausschläge aus als Bitcoin und Ether. Während der Pandemie gab es beispielsweise mehrere Tage, an denen die Kursschwankungen des S&P 500 mehr als drei Standardabweichungen von ihrem Mittelwert abwichen.

Die Volatilitäten von Bitcoin und Ether weisen auch ein hohes Mass an Persistenz auf. Das bedeutet, dass auf Phasen hoher Volatilität mit hoher Wahrscheinlichkeit wiederum Phasen mit hoher Volatilität folgen. Auch dies lässt sich managen, indem man den Umfang der Investition in Bitcoin der aktuellen Volatilität anpasst.

Leider können aus der jeweils aktuellen Volatilität von Bitcoin bzw. Ether keine verlässlichen Prognosen für die zukünftigen Preisänderungen abgeleitet werden. Vielversprechender sind sogenannte Trendstrategien, da die aktuellen Preisentwicklungen über einen ein- bis zwölfmonatigen Zeitraum ein hohes Momentum aufweisen. Auf Preisanstiege folgen also oft weitere Preisanstiege und umgekehrt. Mit entsprechenden Long- bzw. Short-Strategien kann man diese Trends bei Bitcoin und Ether ausnutzen und höhere Renditen als mit einer einfachen Buy-and-Hold Strategie erzielen.

Aus portfoliotheoretischer Sicht sollte man vor allem deshalb in Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether investieren, weil sie eine relativ geringe Korrelation mit anderen Anlageklassen aufweisen. Beispielsweise lag die Korrelation der Performance von Bitcoin bzw. Ether im Vergleich zum S&P 500 bis März 2020 nahe Null. Anschliessend lässt sich jedoch ein starker Anstieg dieser Korrelation beobachten.

Klammert man die Phasen aus, in denen Aktien auf Quartalsbasis Kursverluste von 5 Prozent oder mehr aufweisen, beträgt die durchschnittliche Korrelation von Bitcoin mit Rohstoffen, Aktien, Staatsanleihen sowie Value-, Qualitäts-, Trend- und High-Yield-Anlagen nur 0.02 Prozent. Damit ist Bitcoin die ideale Depotbeimischung, um die Volatilität des Gesamtportfolios zu reduzieren.

Darüber hinaus hat Bitcoin noch eine Reihe von Eigenschaften, auf die in dem Leitfaden nicht eingegangen wird, die Bitcoin aber gerade in extremen Krisensituationen wie Kriegen oder Katastrophen äusserst attraktiv machen. Ein Bitcoin bleibt immer ein Bitcoin von 21 Millionen. Zentralbankgeld kann hingegen jederzeit vermehrt werden und birgt somit stets ein Inflationsrisiko.

Sogar bei Edelmetallen wie Gold droht eine Teilentwertung durch das Auffinden neuer Vorkommen. Solange die Welt nicht untergeht sind Bitcoin praktisch auch nicht zerstörbar, da sie auf einem Peer- to-Peer Netzwerk mit Millionen Teilnehmern redundant gespeichert werden. Anders als physische Wertanlagen können Bitcoin auch nicht konfisziert werden.

Von allen Vermögenswerten sind Kryptowährungen wie Bitcoin und Ether diejenigen, die sich am leichtesten in Raum und Zeit transferieren lassen. Beispielsweise reicht bei der Flucht aus einem Krisengebiet der Private Key, um seine Bitcoin mitzunehmen.