"Die Börsen sind ausser Rand und Band", meint ein Marktbeobachter. "Ich glaube, dass man da nur noch die reine Panik hineininterpretieren kann." Diese sei durch US-Präsident Donald Trumps Ankündigung, ein Einreiseverbot für Menschen aus Europa zu verhängen, und die Pandemie-Erklärung der Weltgesundheitsorganisation WHO ausgelöst worden. Darüber hinaus sorge der Ölpreiskrieg und der wieder nachgebende Ölpreis für Verunsicherung, heisst es am Markt.

Im weiteren Tagesverlauf steht noch der Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) an. Allgemein wird erwartet, dass die Währungshüter Massnahmen ergreifen werden, um die wegen des Coronavirus angeschlagene Wirtschaft zu stützen. Analysten befürchten aber, dass diese Schritte an der Märkten - wie zuvor schon in den USA und in Grossbritannien - wirkungslos verpuffen werden. Gleichwohl könnte der Franken (aktuell: 1,0550) noch weiter ansteigen und die Schweizerische Nationalbank ihrerseits zum Eingreifen gezwungen sein.

2700 Punkte vom Allzeithoch weg

Der SMI verliert um 10.15 Uhr 6,3 Prozent auf 8'579 Punkte und ist damit erstmals seit gut einem Jahr wieder weit unter die Marke von 9'000 Zähler gefallen. Seit dem Allzeithoch, welches vor genau drei Wochen markiert wurde, hat er inzwischen 2'700 Punkte oder rund 24 Prozent verloren. Die Bedingungen eines Bärenmarkts seien damit eigentlich erfüllt, meinen Börsianer.

Der SLI, der die 30 wichtigsten Werte umfasst, verliert derweil 6,7 Prozent auf 1'282 und der breite SPI 6,2 Prozent auf 10'470 Zähler. Ein Indiz für die Panik an den Märkten ist auch der Volatilitätsindex, der erneut zweistellig steigt und mittlerweile einen Wert erreicht hat, wie er letztmals während der Finanzkrise gesehen wurde.

Die Bandbreite der Einbussen bei den Blue Chips reicht aktuell von -2,0 bis -9,3 Prozent. 24 der 30 SLI-Titel geben mehr als 6 Prozent nach.

Am stärksten unter die Räder geraten die Papiere von AMS (-9,3 Prozent). Diese bekommen - wie auch Temenos (-8,5 Prozent) - den allgemeinen Ausverkauf von Technologiepapieren zu spüren. Darüber hinaus leidet der Titel nach wie vor unter der Enttäuschung vom Vortag, als das Unternehmen mit den Details zur Kapitalerhöhung zur Osram-Übernahme für rote Köpfe sorgte.

Finanzwerte unter Druck

Stark unter Druck sind auch diverse Finanzwerte. Angeführt wird hier das Verliererfeld von Partners Group, die um 8,6 Prozent einbrechen. CS, Julius Bär und UBS halten sich mit Einbussen zwischen 7,9 und 6,2 Prozent aber nicht viel besser. Die leichte Erholung an den zwei Handelstagen zuvor entpuppt sich somit als Strohfeuer. Auch die Versicherungen geben aktuell in ähnlichem Ausmass ab.

Auch Vifor Pharma (-8,5 Prozent) verlieren nach der Zahlenvorlage massiv. Beim Unternehmen kündigt sich mit dem Abgang von Firmenurgestein Etienne Jornod das Ende einer Ära an. Generell können sich diverse defensive Titel der allgemeinen Schwäche nicht entziehen. So büssen zum Beispiel auch Novartis 6,7 Prozent ein. Etwas besser halten sich Nestlé und Roche mit Einbussen von 5,6 rsp. 5,0 Prozent.

Wie immer zuletzt, leiden auch die beiden Luxusgüterpapiere Swatch (-8,3 Prozent) und Richemont (-7,5 Prozent) stark unter der Coronakrise. Bei Swatch löst dies Spekulationen aus, CEO Nick Hayek könnte die Firma von der von ihm nicht sonderlich geschätzten Börse nehmen. "Wenn Hayek ein Going-private anstrebt, sollte er es nun machen. Die Aktie kostet so wenig wie seit Sommer 2009 nicht mehr", sagt ein Händler.

Dufry massiv abgestraft

Die geringsten Verluste erleiden Schindler (-2,0 Prozent) und Swisscom (-3,8 Prozent). Zu letzteren fragen sich Händler, ob der Telekomsektor generell Pharma und Lebensmittel als neuen sicheren Hafen abgelöst habe.

Am breiten Markt brechen Meyer Burger und Dufry (je -17 Prozent) sowie die Papiere des Flughafens Zürich (-13 Prozent) nach Zahlen ein. Letztere bekommen die aktuellen und drohenden Reisebeschränkungen zu spüren.

rw/ys

(AWP)