Im vergangenen Jahr übertraf das Emissionsvolumen von Wandelanleihen zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt die Marke von 100 Milliarden Dollar. Denn dieses Marktsegment bot einen Rettungsanker für finanziell gestresste Unternehmen. Die Emittenten konnten Preise erzielen wie seit Jahrzehnten nicht mehr, und in einem Rezessionsumfeld schnitten Wandelanleihen besser ab als der S&P 500 und der technologielastige Nasdaq-100-Index.

"2020 war ein aussergewöhnliches Jahr", sagte Michael Voris, globaler Leiter Wandelanleihefinanzierung bei Goldman Sachs. Die US-Bank begleitete in dem Jahr die meisten aktiengebundenen US-Emissionen, geht aus von Bloomberg zusammengestellten Daten hervor.

Nun stellt sich die Frage, ob auch 2021 für Wandelanleihen ein Super-Jahr sein wird. Zunächst einmal müssten die Zinsen niedrig und die Aktienkurse hoch bleiben. Grössere Unternehmen, die grössere Volumina mit sich bringen würden, müssten die Mischpapiere begeben, anstatt andere Kapitalmärkte anzuzapfen. Die Fusions- und Übernahmeaktivitäten müssten zunehmen, und auch die traditionellen Emittenten müssten weiterhin die Zwitter-Papiere begeben.

Santosh Sreenivasan, Leiter aktiengebundene Kapitalmärkte Americas bei JPMorgan Chase, rechnet mit einem geschäftigen ersten Quartal für Wandelanleihe-Platzierungen, aber einer bescheideneren Emissionstätigkeit im Vergleich zu 2020.

"Dieses Jahr könnte das Volumen im Bereich von 60 bis 80 Milliarden Dollar liegen, wenn die Neuemissionsquote vom vierten Quartal hochgerechnet wird", sagte er. Zum Vergleich: 2019 belief sich das Gesamtvolumen laut von Bloomberg zusammengestellten Daten auf knapp 54 Milliarden Dollar.

Jahr der Null-Coupons

Technologie- und Gesundheitsunternehmen dürften in naher Zukunft mehr Hybridbonds an den Markt bringen, angelockt von der Aussicht auf kostenlose Finanzierung.

Rund 20 Unternehmen begaben 2020 Wandelanleihen mit einem seltenen Kupon von null. Das ist laut Voris von Goldman die höchste Zahl, die er je erlebt hat. Dies könnte kurzfristig die Aktivitäten anschieben, da Unternehmen versuchen, die Gunst der Stunde für Kapitalbeschaffung zu nutzten, während ihre Aktienkurse sowohl hoch als auch volatil bleiben.

Die Wandelanleihe-Offerten von Square für 2020 sind ein Beispiel für den Trend. Anfang März begab das Unternehmen Anleihen im Wert von 1 Milliarde Dollar mit einem Kupon von 0,125 Prozent und einer Wandlungsprämie - oder dem Punkt, an dem die Schuldverschreibungen in Stammaktien umgewandelt werden können - von 50 Prozent. Als die Gesellschaft nach einer Rally ihres Aktienkurses von fast 150 Prozent Anfang November wieder am Markt war, erzielte sie einen Nullkupon und eine Wandlungsprämie von 62,5 Prozent.

Neue Emittenten

Die Outperformance von Wandelanleihen trug Bankern zufolge auch dazu bei, die Emissionen neuer Schuldverschreibungen auf ein Rekordniveau zu treiben. Der Bloomberg Barclays US Convertibles Index kam 2020 auf einen Ertrag von 50 Prozent und übertraf damit die 18 Prozent beim S&P 500 und die 47 Prozent des Nasdaq-100-Index.

"Wandelanleihen entwickelten sich erwartungsgemäss, als die Märkte in Turbulenzen gerieten", sagte Joe Wysocki, Co-Portfoliomanager des 1,3 Milliarden Dollar schweren Calamos Convertible Fund. Auch tauchten untypische Wandelanleihe-Emittenten auf wie beispielsweise die Reiseunternehmen Carnival, Norwegian Cruise Line, Royal Caribbean Cruises, American Airlines oder Dick’s Sporting Goods - alle aus Branchen, die seit der Finanzkrise selten den Wandelanleihemarkt angezapft haben.

"Als die Märkte die Aktien dieser Unternehmen so bewerteten, als ob der Bankrott vom Tisch wäre, erhielten die Mischpapiere dieses Aufwärtspotenzial", sagte Wysocki. Und wenn Aktien mit Erholungspotenzial wieder auf die Niveaus vor der Covid-Pandemie steigen, ist dies ein gutes Zeichen für die Besitzer ihrer Wandelanleihen.

Inzwischen hat Voris einen Trend aus 2020 im Visier, der sich in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres als günstig für die Emissionen von Wandelanleihen erweisen könnte: SPACs Eine ganze Reihe dieser so genannten Akquisitions-Zweckgesellschaften, die in Unternehmen investiert haben, die keinen Zugang zu anderen Kapitalmärkten haben, könnte anklopfen.

(Bloomberg)