Die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen (Gilts) sprang um bis zu 17 Basispunkte auf 4,61 Prozent. Besonders deutlich stiegen die Kosten der Verschuldung bei längeren Laufzeiten: Die Rendite 30-jähriger Anleihen kletterte in der Spitze um mehr als 20 Basispunkte. Das Pfund sank um mehr als 1 Prozent unter 1,36 Dollar, der FTSE 250-Index gab um 1,3 Prozent nach.

Ausgelöst wurde der Ausverkauf, nachdem Premierminister Keir Starmer in einer Fragestunde im Parlament keine klare Zusage gegeben hatte, ob Reeves auch bei den nächsten Parlamentswahlen weiterhin Schatzkanzlerin sein werde. Reeves, die währenddessen neben Starmer sass, wischte sich offenbar Tränen aus dem Gesicht.

Ein Sprecher der Downing Street sicherte Reeves später die Unterstützung des Premierministers zu. Das Finanzministerium erklärte, die emotionale Reaktion der Finanzministerin sei auf persönliche Gründe zurückzuführen. An den Märkten konnte dies den Schaden jedoch kaum begrenzen. Investoren spekulieren, dass ein möglicher Wechsel im Amt des Schatzkanzlers mit einer Aufweichung der strengen Haushaltsdisziplin einhergehen könnte, was die Aussicht auf weitere Schulden erhöht.

Dass Starmer Reeves nicht ausdrücklich unterstützte, sei «schlecht für das Vertrauen», sagte RBC-Stratege Megum Muhic.

Die britischen Märkte stehen seit Jahren unter Druck – Anleger reagieren zunehmend nervös auf die steigende Schuldenlast und das schwache Wirtschaftswachstum. Im Jahr 2022 löste die Ankündigung der nicht gegenfinanzierten Steuersenkungen unter der damaligen Premierministerin Liz Truss eine beispiellose Marktvolatilität aus. Dies führte zum grössten Ausverkauf von Staatsanleihen in der Geschichte und drückte das Pfund auf ein 37-Jahre-Tief.

«Dass Starmer Reeves im Parlament nicht uneingeschränkt unterstützt hat, war für die Märkte der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte», sagte Kyle Chapman, Analyst bei der Ballinger Group. «Dieses Truss-ähnliche Szenario hat sich im letzten Jahr wiederholt abgespielt, da Anleiheinvestoren bei jedem Anzeichen einer fiskalischen Abwärtsspirale sofort Gilts abgestossen haben.»

Vonseiten Bloombergs wurde verlautbart: «Die Geschwindigkeit der Marktbewegungen zeigt, wie fragil die britische Schuldenlage ist. Die Regierung hatte ursprünglich Kürzungen bei Sozial- und Krankenleistungen geplant, musste diese aber angesichts starken Widerstands aus den eigenen Reihen drastisch zurückfahren. Nach aktuellen Berechnungen bringen die abgeschwächten Massnahmen keine Einsparungen mehr», so Makrostratege Simon White.

Bereits im Oktober hatte es ähnliche Marktreaktionen gegeben, als die Anleger die Bereitschaft der Labour-Regierung zu einer höheren Verschuldung und den Haushalt von Reeves kritisierten.

Solche heftigen Kursschwankungen sind in Grossbritannien mittlerweile keine Seltenheit mehr. Die Regierung bewegt sich auf einem schmalen Grat zwischen wachstumsfördernder Politik und dem Bemühen, das Vertrauen der Märkte zu bewahren.

(Bloomberg/cash)