Ein Operateur im Kommandoraum drückte zwei rote Knöpfe, worauf der letzte Steuerstab zwischen die Brennelemente gefahren wurde. Damit wurde die Kettenreaktion unterbunden, und der Reaktor wurde abgeschaltet.
Das AKW ging am 6. November 1972 ans Netz. Zur Stilllegung entschloss sich die Betreiberin BKW im Jahr 2013. Sie kam damals zum Schluss, dass sich die vom Bund geforderten Nachrüstungen für den Langzeit-Betrieb nicht mehr lohnen würden.
Das AKW Mühleberg trug fünf Prozent zur Schweizer Stromproduktion bei. Eine Versorgungslücke drohe nun aber nicht, versicherte die BKW. Experten gehen davon aus, dass künftig etwas mehr Strom importiert werden wird.
Die Abschaltung löste gemischte Reaktionen aus. Langjährige Mitarbeitende äusserten Trauer und Wehmut; sie zeigten sich überzeugt, dass das AKW noch lange zuverlässig funktioniert hätte.
Die AKW-Gegner verhehlten ihre Genugtuung nicht. Vor dem BKW-Sitz in Bern trafen sich Aktivisten am Mittag zur letzten Mahnwache. Im Bundeshaus forderten Grüne und SP, nach Mühleberg müsse das älteste Schweizer AKW in Beznau abgestellt werden.
Doch ein Atomausstieg der Schweiz ist in weiter Ferne. Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES). Im Fall von Beznau, Leibstadt und Gösgen sei es aus Sicht der Betreiber wirtschaftlich lohnend, die Stilllegung hinauszuzögern.
Wasser und Sonne
So oder so: Energieministerin Simonetta Sommaruga (SP) sprach auf Twitter von einem "historischen Tag". Die Zukunft gehöre der einheimischen, sauberen Energie aus Wasser und Sonne.
Die hierzulande installierten Photovoltaik-Anlagen würden schon 2021 so viel Strom produzieren wie Mühleberg, schrieb der Branchenverband Swissolar. "Sehr viel mehr ist möglich." Bund und Kantone müssten aber bessere Rahmenbedingungen schaffen.
Politik und Wirtschaft gefordert
Auch die Windenergie sei in den Startlöchern, versicherte die Branchenvereinigung Suisse Eole. Viele Projekte würden allerdings durch Einsprachen von Umweltverbänden und Privaten verzögert.
Für Swissolar ist klar, dass bei der Energiewende nicht nur die Politik in der Pflicht steht, sondern auch die Energieversorger. Nebst Milliardeninvestitionen in Wind und Sonne im Ausland müssten sie einen Beitrag zur sicheren und sauberen Stromproduktion in der Schweiz leisten.
Eine der grossen Akteurinnen der Energiebranche bleibt die BKW. Nach Mühleberg gehe der Transformationsprozess des Unternehmens weiter, sagte BKW-Chefin Suzanne Thoma im Festzelt in Mühleberg. Der Konzern zähle mittlerweile 10'000 Mitarbeitende und sei auch stark bei Netz-, Infrastruktur- und Gebäudetechnik-Dienstleistungen.
Kosten von drei Milliarden
In Mühleberg bleibt für die BKW noch viel zu tun. Stilllegung und Entsorgung der Anlage kosten sie voraussichtlich drei Milliarden Franken; davon sind bislang 80 Prozent gedeckt. Komplett finanziert sind die Arbeiten erst in gut hundert Jahren.
Die Stilllegung wird mit dem bestehenden Personal und externen Arbeitskräften umgesetzt. Schon am 6. Januar 2020 beginnen die anspruchsvollen Arbeiten für den Rückbau. Sie dauern bis 2034. Das Risiko einer Kernschmelze bleibt in den ersten Jahren bestehen, doch wird das Gefahrenpotenzial rasch deutlich kleiner.
Gross bleibt dagegen die Herausforderung, den Atommüll sicher und langfristig zu entsorgen. Die Brennstäbe kommen zunächst ins Zwischenlager Würenlingen. Wo sie dereinst endgelagert werden, ist eine der grossen offenen Fragen der Schweizer Politik.
(AWP)