Im "Krypto-Land" wird es langsam aber sicherlich ungemütlich. Bitcoin ist dramatisch von seinem November-Höchststand von fast 69'000 Dollar gefallen und befindet sich am Montag bei knapp 36'000 Dollar. Nicht nur ist das Handelsvolumen eingebrochen, sondern befindet sich die weltgrösste Kryptowährung seit Jahresbeginn eindeutig in einem Bärenmarkt: Der Kursverlust hat längst über 20 Prozent seit dem letzten Hoch erreicht.

Die vielfach zitierte Behauptung, dass Bitcoin "digitales Gold" sei, erfährt einen harten Realitätscheck. Denn während der Coin laufend an Wert verliert, ist der Goldpreis seit Anfang Jahr um 1,1 Prozent gestiegen. Bitcoin befindet sich derweil mit dem dramatischen Kursrückgang in guter Gesellschaft. Ether verliert seit Jahresbeginn 32 Prozent, Cardano 16 Prozent, Solana 42 Prozent. Die Liste der Verlierer liesse sich noch um unzählige weitere Kryptowährungen erweitern.

Droht eine «Krypto-Eiszeit» 

Wird es noch ungemütlicher? Der Kryptomarkt könnte tatsächlich auf eine "Eiszeit" zusteuern, in der die Preise jahrelang niedrig bleiben und viele Anleger das Interesse verlieren. Dies sagte Paul Jackson, Global Head of Asset Allocation Research bei Invesco, kürzlich gegenüber dem Finanzportal Markets Insider.

Denn die US-Notenbank Fed dreht ihren Geldhahn zu, während sie die steigende Inflation bekämpft. Die Märkte erwarten nun bereits vier Zinserhöhungen im Jahr 2022. Der daraus resultierende Anstieg der Anleiherenditen hat unrentable Technologieaktien und Kryptowährungen in Mitleidenschaft gezogen. Denn die beiden spekulativen Vermögenswerte sehen viel weniger attraktiv aus, wenn die Renditen risikoloser Anleihen höher sind.

Aber laut Jackson ist bei den Kryptowährungen mit einem noch deutlicheren Rückgang zu rechnen, da die Anleiherenditen noch erheblich weiter steigen müssten: "Zentralbanken und Regierungen haben eine Rolle dabei gespielt, diese Märkte anzukurbeln, und wenn sich diese Politik umkehrt, dann denke ich, dass sie eine Rolle dabei spielen werden, sie zu schwächen."

Die US-Notenbank Federal Reserve stimmt die Finanzmärkte wohl bereits am Mittwoch auf die voraussichtlich im März anstehende Zinswende ein. Die Diskussion auf der geldpolitischen Sitzung kreist wohl um die Frage, wie kräftig der Preis des Geldes steigen muss, um die Inflation zu zügeln. Investoren rätseln angesichts einer Teuerungsrate von zuletzt 7,0 Prozent, ob die Währungshüter eine Erhöhung um einen Viertelprozentpunkt oder gar um einen halben Punkt ins Auge fassen.

"Ich denke, es könnte eine Eiszeit für Krypto werden", sagte Jackson. "Wenn der geldpolitische Rahmen wegfällt, der von der Fed geschaffen wurde, dann ändert sich damit auch der Ausblick."

Krypto-Befürworter sind sich uneins

Natürlich sind viele Befürworter von Kryptowährungen anderer Meinung. Dan Morehead, CEO der Investmentfirma Pantera, sagte erst kürzlich in einer Notiz, dass der Sektor stark bleiben sollte, da die Nutzung von Krypto-Netzwerken explodiert ist. Er wies insbesondere auf das Wachstum bei den dezentralisierten Finanzmärkten (DeFi) hin, bei denen der Handel dank Kryptotechnologie ohne Zwischenhändler durchgeführt werden kann.

Doch selbst Krypto-Bullen wie der Gründer von Galaxy Digital, Mike Novogratz, sehen allmählich ein, dass Krypto wahrscheinlich unter Druck bleiben wird. Sein Unternehmen hat sich als Asset-Manager auf Kryptowährungen spezialisiert und zählt zu den grössten Bitcoin-Investoren der Welt. Der Kursverfall bei Bitcoin schlägt sich daher auch auf die Aktien Galaxy Digital nieder - minus 53 Prozent in den letzten drei Monaten.

Ähnlich pessimistisch wie Mike Novogratz sind wohl viele Anleger. Dieses negative Sentiment wird durch die Befürchtung von zunehmender Regulierung gestützt. Die russische Zentralbank schlug letzte Woche ein völliges Verbot von Mining und dem Handel von Kryptowährungen vor, was den Ausverkauf am letzten Freitag noch verstärkte. Die europäischen Regulierungsbehörden könnten kurz davor stehen, ihre Regeln zu verschärfen. Und Spanien und Grossbritannien gehen hart gegen Krypto-Werbung vor.

«Warum investiert Google nicht massiv?»

Auch James Malcolm, Leiter der Devisenstrategie bei UBS, glaubt, dass Probleme mit der Kryptotechnologie neben einer strengeren Regulierung einer von mehreren Faktoren sein könnten, die die Kryptowelt in einen weiteren "Winter" befördern könnte. Zuvor schrieben die UBS-Analysten unter der Leitung von James Malcolm bereits in einer Kundenmitteilung, dass steigende Zinsen die Behauptung widerlegen, dass Bitcoin eine gute alternative Währung oder Wertaufbewahrung sei. cash.ch hat hier darüber berichtet.

Malcolm zitierte einen Blog des Gründers der Messaging-App Signal, der zu dem Schluss kam, dass die Blockchain-Technologie schwerfällig und alles andere als dezentralisiert sei. Das Ethereum-Kryptonetzwerk kämpft seit längerer Zeit mit Überlastung und hohen Transaktionsgebühren.

"Viele Leute im Technologiebereich scheinen sich zu fragen, ob die Krypto-Technologie so effektiv ist oder nicht", sagte Malcolm gegenüber Markets Insider weiter. "Es stellt sich die Frage, wenn es so offensichtlich eine Technologie der nächsten Generation war, warum sind dann nicht viele grosse Technologieunternehmen damit beschäftigt? Warum investiert Google nicht massiv?"

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