Bremst die Inflation die Börsenrallys, oder ist alles doch nur halb so schlimm? Jetzt noch Ether oder Bitcoin kaufen? Sind die derzeitigen Kursanstiege an den Börsen schon eine Jahresend-Rally, oder kommt diese noch? Besser in Roche oder Novartis investieren nach dem Milliardendeal der beiden Pharmakonzerne vergangene Woche? 

Das sind alles wichtige Fragen. Aber sie betreffen den Anlage-Mainstream. Etwas abseits der wichtigen Investments und grossen Marktfragen tut sich aber auch einiges. cash.ch stellt fünf Anlagen vor, welche diese Woche da und dort angepriesen worden sind - zum Teil in den höchsten Tönen. Eine Übersicht:

NFT: Aufholpotential in der Krypto-Rekord-Welt

Die Kryptowährungen Bitcoin und Ether sind auf Rekordhoch, von den Kursraketen Shiba Inu oder Squid ist gar nicht erst zu reden. Noch etwas im Schatten - aber womöglich nur noch für ganz kurze Zeit, glaubt man Krypto-Fans - sind die Non-Fungible Token, kurz NFT. Damit sind digital geschützte Objekte gemeint, die auf einer dezentralen Datenkette, der Blockchain, gespeichert sind und dort authentifiziert werden. Solche Objekte, die vor allem aus der digitalen Kunst kommen, werden auf Krypto-Börsen gehandelt.

Und NFT sind schwer im Kommen: Die Plattform OpenSea hat in den vergangenen 30 Tagen ein Transaktionsvolumen von 2 Milliarden Dollar registriert. Laut Brian Armstrong, Mitbegründer der Krypto-Handelsplattform Coinbase, könnte das Trading mit NFT bald grösser werden als bei Kryptowährungen selbst. Coinbase selber will eine Plattform für NFT aufsetzen. Dort sollen Menschen digitale Kunst und andere Objekte handeln und aufbewahren können.

Als Händlerin oder Händler soll man ein Profil bekommen, dem andere folgen können. Das Erlebnis soll sich "mehr wie Instagram als wie E-Bay" anfühlen. Potential verspricht man sich auch, weil NFT über Kryptowährungen hinaus das Interesse neuer Gruppen von Menschen weckt. Fans von Musik, Kultur und der Unterhaltungsindustrie richten sich deswegen Krypto-Wallets ein. 

US-IPO-Aktien: Roblox startet durch

Zwar ist es der E-Autobauer Rivian, der mit seinem IPO an den Börsen gerade das meiste Aufsehen erregt. Aber jüngst hat noch eine andere US-IPO-Aktie ziemlich Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Der Kurs des seit März kotierten Gaming-Plattform-Entwicklers ist nach den Drittquartalszahlen regelrecht hochgeschossen. Anfang November katapultierte es den Kurs von 77 auf 99 Dollar.

Bei Roblox können Gamer ihre Spiele selber kreieren. Die Tendenz, dass das Wiederherauffahren der Wirtschaft und weniger Corona-Beschränkungen die Geschäfte belasten, scheint zur Überraschung der Wall Street gestoppt zu sein. Als sehr hoch bewerteter Wachstumstitel bleibt Roblox natürlich eine Wette. Zudem droht harte Konkurrenz von grösseren Tech-Unternehmen und dem entstehenden Metaverse. Ein interessanter Titel bleibt es aber für den Moment. 

 

 

Europa-Aktien: Die Rally hält an

Die Investmentbank Goldman Sachs sieht beim Euro-Index Stoxx 600 ein Aufwärtspotential von 10 Prozent über die nächsten zwölf Monate. Die Rally dürfte bis ins nächste Jahr hinein anhalten. 

Die europäischen Aktienmärkte scheinen vielen attraktiver zu sein als die bereits sehr gut gelaufenden US-Börsenindices. Laut Goldman Sachs ist der europäische Markt derzeit sogar billiger als Anfang 2021. Und dies, obwohl Investoren weltweit für stetige Zuflüsse in europäische Aktien gesorgt haben. "Europäische Aktien repräsentieren eine gute Gelegenheit gegenüber US-Aktien, und eine sehr gute Gelegenheit gegenüber anderen Aktien", schrieben die Strategen Sharon Bell und Peter Oppenheimer in einem Börsenkommentar diese Woche. Überpositioniert sei man nach wie vor nicht. 

Der Grund für die Attraktivität europäischer Märkte seien die tiefen Zinsen in der Eurozone, das wirtschaftliche Wachstum und eine tiefere Bewertung. Während der S&P 500 auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 29 kommt, liegt dieses beim Stoxx 600 nur bei 21. Die Margen der Euro-Unternehmen würden zwar dünner, schreibt Goldman Sachs, aber es komme nicht zu einem scharfen Rückgang. 

«Rekord-billig»: Die Londoner Börse

Die Aktienstrategen von JPMorgan empfehlen erstmals seit dem Brexit-Votum vom Juni 2016 Aktien aus dem Vereinigten Königreich. Das Risiko-Rendite-Verhältnis britischer Aktien verbessere sich angesichts einer Unter-Performance mehrerer Jahre, schreiben die Analysten: "Der britische Markt sieht fast rekordverdächtig billig aus."

Der Bruch Grossbritanniens mit der EU hat viel Unsicherheit ausgelöst. Seit 2016 hat der britische Markt zum US-Markt kumuliert um 50 Prozent hinterhergehinkt, zum Euro-Markt 24 Prozent. JPMorgan empfiehlt nun aber den relativ banken- und rohstofflastigen Blue-Chip-Index FTSE100 der Londoner Börse stärker als den mehr heimmarktbezogenen FTSE250. Der FTSE100 ist exportlastiger und profitiert vom Comeback der Dividenden.

Auch die Landeswährung bietet Vorteile: Sterling dürfte profitieren, wenn die Bank of England (BoE) die Zinsen erhöht. Von ihr wird ein solcher Schritt früher erwartet als von der US-Notenbank Fed. Das zur Zeit schwache britische BIP-Wachstum wird die BoE aber vorerst noch bremsen.

Öl: Das Nachfrage-Niveau von 2019 ist schon wieder erreicht

61 Prozent Plus seit Anfang Jahr: Der Preis der Nordsee-Ölsorte Brent (Grafik: cash.ch).

Klima-Debatte hin oder her: Öl bleibt gefragt. Laut Russell Hardy, CEO des weltgrössten Ölhändlers Vitol mit Sitz in Genf, hat die Nachfrage das Niveau von 2019 wieder erreicht und dürfte nächstes Jahr noch anziehen. Auch der Ölkonzern sieht die Nachfrage auf 100 Millionen Fass pro Tag zurückkommen. 

Vitol-Chef Hardy hält es für möglich, dass der Ölpreis über 100 Dollar gehen wird. Der Markt bleibe "eng", denn die OPEC-Länder verfügten über zwei bis drei Millionen Fass pro Tag Ersatzkapazität. Die 23 Länder zählende OPEC hält die Fördermengen relativ niedrig. Manche stört dies: "Der Ölpreis könnte ohne die OPEC drei mal höher sein als heute", sagte der Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Suhail Al-Mazrouei.

Angesichts der Klimafolgen von fossilen Brennstoffen wird nur noch bedingt zu Öl-Investments geraten. Wie man im "Schwarzen Gold" anlegt, hat cash.ch hier beschrieben. 

Mit Material der Nachrichtenagentur Bloomberg.