Der SMI liegt um 1,6 Prozent im Minus, nachdem der japanische Nikkei einen Sturz um 3,9 Prozent gesehen hat. Der Dow Jones in New York hat den grössen Tagesverlust seit Februar gesehen, als er gestern mit einem Minus von 3,2 Prozent schloss.

Ob dies der Beginn einer weltweiten Korrektur ist, oder doch nur ein kollektiver Kurzschock für Anleger weltweit, ist Gegenstand von Spekulationen. Noch lässt sich schwer voraussagen, wie es in den nächsten Tagen weitergeht. Allerdings deuten beispielsweise die Futures für die US-Indices Dow Jones, S&P500 und Nasdaq auf weitere Kursverluste hin.

Gründe für eine vorsichtigere Haltung von Aktienanlegern bestehen aber schon seit einiger Zeit. Gewisse davon haben sich in den vergangenen Tagen akzentuiert. Folgende Punkte helfen, die jüngsten Kursreaktionen zu erklären:

US-Anleihenzinsen

Die Renditen für amerikanische Staatsanleihen mit 10 Jahren Laufzeit stehen bei 3,16 Prozent. Das macht zumindest die "Treasuries" gegenüber Aktien attraktiver. Im Unterscheid dazu rentieren deutsche Bundesanleihen mit 0,51 Prozent, japanische mit 0,14 Prozent und Schweizer Zehnjahres-Obligationen mit 0,04 Prozent. Der weltgrösste Vermögensverwalter Blackrock geht davon aus, dass die Treasury-Renditen im nächsten Jahr bis 3,75 Prozent steigen. Solch hohe Anleihenrenditen relativieren beispielsweise mit der Zeit auch die Bedeutung von Dividendenrenditen von Aktien.

Die Entwicklung der US-Treasury-Renditen innerhalb der verganenen 12 Monate (Grafik: cnbc.com).

Fed-Zinspolitik

Die Zinsstraffung der Leitzinsen durch die US-Notenbank Federal Reserve wird seit längerem als Gefahr für den weiteren Boom bei den US-Unternehmen gesehen. Die Fed betont fast wöchentlich, dass sie mit den Zinsschritten Tempo machen wolle und es nicht lange beim aktuellen Niveau von 2,25 Prozent bleibe. Dass US-Präsident Donald Trump die Fed zum wiederholten Mal für die Zinsanhebungen angegriffen hat, gehört an sich nicht ins Repertoire der Beziehungen von Notenbanken und Regierungen.

 

 

Der Grund für Trumps Verhalten dürfte vor allem sein, dass eine wirtschaftliche Eintrübung in den USA einen dunklen Schatten über seine Präsidentschaft werfen würde. Am Aktienmarkt finden Trumps Attacken gegen die Notenbank zum Teil Zuspruch.

US-Inflation

Heute Nachmittag um 14.30 Uhr werden in den USA die Inflationszahlen vom September veröffentlicht. Fallen sie nur ein bisschen höher aus als erwartet, steigen die Befürchtungen um ein schnelles Fed-Zinstempo weiter, was die Aktienmärkte weiter belasten dürfte. Die Credit Suisse indessen rechnet mit einer unveränderten Kerninflation von 2,2 Prozent und geht davon aus, dass die Teuerung in den USA über die nächsten Monate nur leicht steigen werde.

Handelskonflikt

US-Präsident Trump, der amerikanische Arbeitsplätze erhalten will, läutete im September eine neue Runde von Strafzöllen ein. Waren aus China im Volumen von 200 Milliarden Dollar werden mit Zöllen belegt. China reagierte mit Sonderabgaben auf US-Produkte im Wert von 60 Milliarden Dollar. Seit Anfang Juli überziehen sich die beiden grössten Volkswirtschaften der Welt mit Straf- und Vergeltungszöllen. Während der US-Aktienmarkt dies bisher kaum gespürt hat, sind chinesische Aktien dramatisch gefallen: Zwischen Juli und Anfang diesen Monats legte der Dow Jones um 9 Prozent zu, während der Shanghai Composite in der gleichen Zeit um 2 Prozent zurückging, wobei der Kursrückgang innerhalb der vergangenen 12 Monate bei 20 Prozent liegt.

Einwicklungen wichtiger Indices 12 Monate

Dow Jones+12,1 Prozent
Nasdaq+16,1 Prozent
S&P500+9 Prozent
Shanghai Composite-19,6 Prozent
CSI300-15,9 Prozent
Nikkei+7,8 Prozent
Dax-10,9 Prozent
SMI-6,5 Prozent

Stand: 11. Okt 2018, 11:15 Uhr / Daten: cash.ch/Bloomberg

Yuan-Abwertung

Das wegen des Handelskonflikts unter Druck geratene chinesische Regime will die Wirtschaft und vor allem den Export mit einer Abwertung der Landeswährung Yuan bzw. Renminbi stützen. Die chinesische Notenbank will die Währung unter die Schwelle von 6,90 zum Dollar fallen lassen. Dies hat diese Woche vor allem den japanischen Aktienmarkt belastet und hat auch Kritik von der US-Regierung auf sich gezogen. Die chinesische Währung ist nicht frei konvertierbar, somit kann die Zentalbank in Peking die Wechselkurse massiv beeinflussen.

IWF-Konjunkturprognose

Der Weltwährungsfonds IWF hat diese Woche wegen des Handelskonflikt und anderer Krisen - vor allem auch die hohe Verschuldung von Regierungen - vor einer Eintrübung der globalen Konjunktur gewarnt. Das weltweite Wirtschaftswachstum für die Jahre 2018 und 2019 werde sich gemäss den Spezialisten von zunächst 3,9 Prozent leicht auf das Niveau des Vorjahres von 3,7 Prozent abschwächen. Für die Schweiz erwartet der IWF dieses Jahr 3 Prozent Wachstum – mehr als die 2,3 Prozent bei der letzten Prognose im April, sagt aber wie die meisten Konjunkturinstitute eine Verlangsamung im nächsten Jahr voraus.

 

 

Italien

Das ausgabenfreudige Budget der populistischen italienischen Regierung sorgt für ein Gezerre: Die EU wird die Pläne wohl ablehnen. Die Zinsen für die italienischen Staatsanleihen BTP (Buoni del Tesoro Poliannuali) liegen bei 3,57 Prozent, womit der "Spread" zu deutschen Anleihen auf über 300 Basispunkte zu liegen kommt. Höhere Anleihenzinsen bringen die italienische Regierung und vor allem die sowieso schon strapazierten Bilanzen der italienischen Banken unter Druck. Der Einfluss des Showdowns zwischen Rom und der EU sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die Aktienmärkte ist aber wohl begrenzt.