Die Bank Pictet war eine der ersten Banken, die 2003 Goldunzen in die Depots ihrer Kunden legte - und dies nicht zu knapp. So ging das bei der Genfer Traditionsbank über Jahre. In einem ausgewogenen Depot lag der Goldanteil zu Jahresbeginn 2013 noch bei knapp 7 Prozent und wurde bis April auf 3,5 Prozent reduziert.

Doch nun vollzieht die Bank eine radikale Kehrtwende. "Wir haben im Mai in allen Kundendepots die Goldpositionen liquidiert", sagt Alfred Roelli, Chefanalyst bei der Bank Pictet, im cash-Börsen-Talk. Dieser Totalverkauf ist umso bemerkenswerter, weil Pictet noch bis Ende des ersten Quartals 2013 positiv auf Gold gestimmt war. "Im Nachhinein betrachtet war dies eine Fehleinschätzung", gibt Roelli selbstkritisch zu.

Der Grund für den Reissaus beim Edelmetall sei die deutliche Eindämmung des Systemrisikos in der Eurozone durch die Aussage des EZB-Präsidenten Mario Draghi im Juli vergangenen Jahres. Damals überraschte er die Märkte mit der Aussage alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu retten. Gold verlor daraufhin definitiv den Status einer Fluchtanlage.

Der Preis ist denn auch seit Oktober vergangenen Jahres um 17 Prozent gefallen. Derzeit notiert das Edelmetall bei knapp 1400 Dollar. Für Kunden, die seit 2003 in Gold investiert waren, war es dennoch ein lukratives Geschäft. Damals notiere die Goldunze bei etwa 380 Dollar und stieg praktisch ohne grössere Rückschlage bis auf die Rekordmarke von 1901 Dollar im September 2011.

Liquidation bei Goldminenaktien 

Konsequent zeigt sich Pictet auch bei den Engagements in Goldminenaktien, deren Performance wesentlich an die Entwicklung des Goldpreises gekoppelt ist. Aus dem Pictet-Anlagebericht "Perspektiven 2013" geht hervor, dass diese per Mitte April dieses Jahres vollständig veräussert wurden.

Roelli will keine Preisprognose abgeben, wie weit Gold noch sinken kann. Nur so viel: "Gold wird vorerst schwach bleiben. und es lohnt sich nicht, darin investiert zu bleiben." An der Langfristprognose von 3000 Dollar pro Unze hält Roelli, der seit 12 Jahren bei Pictet tätig ist, aber fest. Es kommt der Zeitpunkt, wo die Inflation wieder anziehen werde und Gold wieder kaufenswert mache. 

Auf zyklische Aktien setzen

Bis es soweit ist, setzt Roelli aber verstärkt auf Aktien. Bereits zu Jahresbeginn erhöhte die Genfer Traditionsbank die Aktienquote um 10 auf gut 40 Prozent. Die Cashquote ist mit über 22 Prozent aber immer noch hoch. "Wir möchten diese gewinnbringend investieren", sagt Roelli. Eine weitere Erhöhung der Aktienquote soll schrittweise erfolgen.

Allerdings ist der Einstiegszeitpunkt schwierig: "Wir hoffen auf eine Korrektur von 10 bis 15 Prozent im SMI ausgehend vom aktuellen Kursniveau." Viele Investoren seien aber noch stark unterinvestiert, so dass die Kurskorrektur bereits bei etwa 5 Prozent den Boden finden werde, prognostiziert der Chefanalyst. 

Der Blick auf die Kursentwicklung an den Börsen hat denn auch gezeigt, dass Marktkorrekturen - auch sehr geringe - relativ schnell wieder wettgemacht wurden.

Derzeit ist Pictet noch stark in defensiven Werten investiert. Doch die Zeit der Zykliker werde kommen, sobald die Wirtschaft wieder stärker expandiert. Laut Roelli können risikobewusste Anleger aber bereits jetzt in bestimmte zyklische Titel gehen. Er streicht den Technologiesektor hervor, der unglaublich günstig bewertet sei. "Seit dem Platzen der Dotcom-Blase in Jahr 2000 konnten sich die Technologie-Werte nicht mehr richtig erholen", so Roelli.

 

Im cash-Börsen-Talk erklärt Roelli, weshalb die Anleger gegenüber den Aktienmärkten immer noch skeptisch sind. Zudem äussert er sich kritisch zum andauernden Anleihen-Run und zu den Ängsten rund um die vorzeitige Auflösung des Anleihekaufprogramms der amerikanischen Notenbank.