Firmen wie Audi oder Daimler stellen bei der Autoshow in Shanghai diese Woche gleich mehrere neue Elektromodelle vor, mit denen sie ihre Position auf dem wichtigsten Automarkt der Welt ausbauen wollen. "Wir treiben den Wandel hin zur nachhaltigen Mobilität in China aktiv voran", sagte Audi-Chef Markus Duesmann. BMW etwa strebt an, bis 2025 ein Viertel seines Absatzes in China mit dem Verkauf von Elektroautos zu erwirtschaften - sechsmal so viel wie derzeit.

Derzeit wird weltweit rund jedes zweite Elektroauto an die Kunden in der Volksrepublik ausgeliefert. Die Regierung in Peking strebt an, dass bis 2025 Autos mit alternativen Antrieben auf einen Marktanteil von einem Fünftel kommen - neben Batterieautos werden dazu auch Fahrzeuge mit Brennstoffzellen gezählt, dazu kommen Plug-In-Hybride, die zusätzlich zum Elektro- über einen Benzinmotor verfügen. Um das Ziel zu erreichen, wurden die direkten Subventionen um zwei Jahre verlängert, die eigentlich Ende 2020 auslaufen sollten. Zusätzlich wurde das Credit-System mit handelbaren Emissionsrechten mehrmals verschärft. Mit den Zertifikaten werden der Bau von Elektroautos oder effizientere Motoren mit Gutschriften belohnt, während die Herstellung spritschluckender Fahrzeuge das Emissionskonto belastet.

Das Credit-System besteht schon seit 2017. Im vergangenen Jahr wurden die Emissionsvorschriften erhöht, und nach vorläufigen Daten des zuständigen Ministeriums gelang es vielen Unternehmen nicht, sie zu erfüllen. Es seien weniger Elektroautos verkauft worden als erwartet, was das Defizit bei den Credits erkläre, sagte der Analyst Shi Ji vom Maklerhaus Haitong International. "Wir schlagen vor, dass Unternehmen, die viele Verbrennerautos verkaufen, ihre Elektrifizierung beschleunigen."

Dazu kommt, dass auch einige Firmen auf die neuen Regeln erst spät reagiert haben. VW zum Beispiel hat Insidern zufolge erst im vergangenen Jahr damit begonnen, die Kosten für die "Green Credits" in China zu erfassen, als Spitzenmanager erkannten, dass sie mehr tun müssen, um die Regeln zu erfüllen. Die Wolfsburger mussten für ihr Gemeinschaftsunternehmen mit der staatlichen FAW Emissionsrechte von Tesla kaufen. VW erklärte dazu, Credits würden wenn notwendig zugekauft, äusserte sich aber nicht konkreter. Für Tesla sind unterdessen die Emissionsrechte eine wichtige Einnahmequelle: Allein vergangenes Jahr erhielt der Elektroautopionier weltweit 1,58 Milliarden Dollar durch den Verkauf von Credits.

E-Autos im Rampenlicht

Seit Jahresanfang gelten nun noch strengere Regeln. So wurde als zusätzliches Kriterium die Energieeffizienz bei Elektroautos eingeführt. Insidern zufolge sollen noch im Jahresverlauf Vorschriften für Nutzfahrzeuge eingeführt werden. Die Regierung in Peking hofft, dass das neue System die Vormachtstellung Chinas bei Elektroautos auf dem eigenen Markt zementiert.

Die deutschen Hersteller blasen auf der Automesse in Shanghai nun zur Aufholjagd. Die weltweit grösste Autoschau kann dank des Erfolges Chinas im Kampf gegen das dort ausgebrochene Corona-Virus so wie früher mit Hunderttausenden Besuchern stattfinden - allerdings dürften darunter wegen der Corona-Regelungen kaum Besucher aus dem Ausland sein. Daimlers Pkw-Tochter Mercedes-Benz wartet mit drei neuen E-Automodellen auf. Weltpremiere feiern die Schwaben mit dem kompakten Stadtgeländewagen EQB. Zudem zeigen sie das Einstiegsmodell EQA und die in der vergangenen Woche präsentierte Luxuslimousine EQS, die im kommenden Jahr in China auf den Markt kommt. Audi stellt unter anderem sein Konzept für einen elektrischen A6 vor.

Auch VW bringt noch mehr Elektroautos auf den chinesischen Markt, wenngleich spritschluckende Limousinen und SUVs bei den Käufern weiterhin hoch in der Gunst stehen. "Die Zukunft unserer Marke ist sicher elektrisch und voll vernetzt", sagte VW-China-Chef Stephan Wöllenstein. "Allerdings bleiben Verbrenner-Autos erste Wahl unserer Kunden." Bis 2023 will die Marke VW acht Modelle ihrer neuen E-Baureihe ID in China anbieten. Bis 2030 soll die Hälfte des Absatzes damit bestritten werden.

Am Markt für kleinere vollelektrische Massenmodelle gibt derzeit aber VW-Rivale General Motors mit dem Partnerunternehmen SAIC den Ton an. Ihr elektrisches Billigauto der Marke Wuling, der Hong Guang Mini EV, mauserte sich seit der Markteinführung im Juli zum Verkaufsschlager mit einem Absatz von 100'000 Fahrzeugen pro Quartal. Der weltweit grösste Autobauer Toyota ist unterdessen im E-Auto-Rennen in China noch abgeschlagen. In Shanghai wollen die Japaner ihre neue reine Elektro-Plattform vorstellen, die Basis für eine breite Palette von E-Autos sein soll. Doch Toyota präsentiert erst ein Konzeptauto für ein mittelgrosses Elektro-SUV, das in einigen Jahren auf den Markt kommt. Bis 2025 sollen es mehr als 20 elektrifizierte Modelle sein.

(Reuters)