"Wir müssen endlich die Grössenvorteile Europas nutzen", mahnte Sewing am Mittwoch zum Auftakt der online übertragenen "Handelsblatt"-Bankentagung. "Es war und bleibt richtig, Grossbanken besonders sorgfältig zu regulieren. In Europa haben wir jedoch gleichzeitig viel dafür getan, Banken gar nicht mehr gross werden zu lassen. Das aber ist ein fragwürdiger Kurs - nimmt doch die Bedeutung von Grösse in der Finanzwelt exponentiell zu", sagte der Manager, der seit dem 1. Juli auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB) ist.

Der leistungsfähige Banken- und Kapitalmarkt sei einer der grossen Standortvorteile der USA, sagte Sewing. "Um wieder aufzuholen, braucht auch Europa einen stärkeren Banken- und Kapitalmarkt. Sonst werden wir uns in einer polarisierten Weltwirtschaft zwischen den USA und China nicht behaupten können."

Sewing bekräftigte seine Forderung nach Fortschritten bei der Vereinheitlichung der Kapitalmärkte in Europa. Die Banken- und Kapitalmarktunion sei eine notwendige Bedingung für einen starken Finanzsektor in Europa: "Wir können uns da keinen evolutionären Weg mehr leisten, hier braucht es jetzt einen grossen Sprung. Das wird auch die überfällige Konsolidierung über Landesgrenzen hinweg beschleunigen."

Bei der Kapitalmarktunion geht es im Kern darum, bürokratische Hürden zwischen den einzelnen EU-Staaten abzubauen, um Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen. Verbraucher sollen zudem mehr Möglichkeiten für grenzüberschreitende Geldanlagen bekommen. Kredite und Finanzierungen werden in Europa - im Gegensatz zu den USA - hauptsächlich von Banken vergeben. Pläne der EU-Kommission für eine Kapitalmarktunion liegen seit September 2015 auf dem Tisch, doch die Umsetzung stockt.

(AWP)