«Sell in May» - auch dieses Jahr?", fragte cash seit vergangenem Sonntag seine Leser. Das Umfrage-Ergebnis zeigt ein klares Resultat. Rund zwei Drittel der über 1900 Umfrageteilnehmer glauben nicht an einen Kursrückgang in den kommenden Wochen.

Erste Vorboten einer möglicherweise bevorstehenden Verkaufswelle zeigten sich vor einer Woche als der SMI innert zwei Tagen über drei Prozent einbüsste. Seither ist der Schweizer Leitindex aber wieder auf die Gewinnerstrasse eingeschwenkt und hat rund 2 Prozent aufgeholt. Auch am Donnerstag liegt das Börsenbarometer im grünen Bereich. In den USA geht die Rekordjagd weiter. Der S&P 500 konnte am Mittwoch sein Allzeithoch aus dem Oktober 2007 knacken.

Oft bewahrheitete sich jeweils die Regel, dass im Mai – manchmal auch schon im April – die Aktienmärkte teils deutlich korrigieren. Zehnmal innerhalb der letzten 14 Jahre verlor der SMI durchschnittlich 17 Prozent. Die Gründe für die Kurskorrektoren sind in der Regel mangelnde Impulse. Denn die Jahreszahlen sind bekannt und die Kurs treibende Dividendensaison neigt sich dem Ende zu.

Geringes Enttäuschungspotenzial

Entscheidend für den weiteren Kursverlauf an den Aktienmärkten ist die Berichtssaison. Die Ems-Gruppe machte am Montag den Anfang und hat das erste Quartal im unteren Bereich der eher hohen Markterwartungen abgeschlossen. Das SMI-Schwergewicht Roche publizierte heute die Umsatzzahlen, die stärker als erwartet ausgefallen waren. Auch positiv: Beide Unternehmen bestätigten den Ausblick für das Gesamtjahr.

So richtig los mit der Zahlenflut geht es aber ab kommender Woche. Das Gros der Analysten erwartet hingegen keine negativen Überraschungen, da das prognostizierte Gewinnwachstum der meisten SPI-Unternehmen gering oder in Einzelfällen sogar negativ ist. Entsprechend verhalten sind die Erwartungen an die Erstquartalszahlen und damit das Enttäuschungspotenzial (zum Artikel). Gegen einen deutlichen Kursrückgang an den Börsen sprechen auch die weit geöffneten Geldschleusen der grossen Notenbanken und die tiefen Zinsen. Um eine angemessene Rendite zu erwirtschaften, sind Anleger quasi gezwungen, in Aktien zu investieren.

Eurozone und Nordkorea als Risikofaktoren

Ausserhalb der Eurozone hellt sich auch die Konjunktur in wichtigen Märkten auf. So stiegen in China die Importe im März überraschend stark an, was auf einen Wendepunkt bei der Inlandsnachfrage hindeutet. Und auch in den USA zeigen die Wirtschaftsindikatoren mehrheitlich nach oben.

Anlegern ist empfohlen: Sollte eine überschwängliche Euphorie an den Aktienmärkten eintreten, sollte man ein Teil der Gewinne ins Trockene bringen. Denn das Marktumfeld ist nach wie vor fragil. Die Europäische Zentralbank (EZB) befürchtet, dass sich die Konjunkturerholung im Euroraum verzögern könnte, welche für die zweite Jahreshälfte in Aussicht gestellt wurde, heisst es im Monatsbericht der Notenbank vom Donnerstag.

Zudem könnte ein Raketenstart von Nordkorea an den Aktienmärkten eine gewaltige Verkaufswelle auslösen. Angesichts zunehmender Hinweise auf einen bevorstehenden neuen Raketenabschuss verschärften die USA ihre Warnungen an die kommunistischen Machthaber in Nordkorea. "Nordkorea balanciert nahe an einer gefährlichen Linie", sagte US-Verteidigungsminister Chuck Hagel am Mittwoch in Washington.