Die Schweizerische Nationalbank (SNB) sitzt auf fast 800 Milliarden Franken Devisenreserven. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird dieser Betrag weiter steigen. Eine so aufgeblähte Bilanz bedroht die Handlungsfähigkeit der Währungshüter - aber zur Frage, was mit den Beständen anzufangen sei, bestehen durchaus Ideen.

Die Vorsorgeökonomen Martin Wechsler und Fabian Thommen schlagen vor, mit 500 Milliarden Franken aus der SNB-Bilanz einen Fonds zu füllen, dessen Ertrag der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) zu Gute kommt. Die beiden Experten berechnen, dass der ersten Säule so Erträge über zehn Milliarden Franken pro Jahr zufliessen würden.

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63 Prozent von fast 4000 Personen in der jüngsten cash-Umfrage finden dies eine gute Idee. Gut 2400 Teilnehmer stimmen der Aussage zu, dass dieser Vorschlag besser sei, als das Rentenalter oder die Steuern zu erhöhen. 1400 Leserinnen und Leser von cash.ch sind im Gegenzug der Ansicht, dass SNB-Reserven anzuzapfen für die Geldpolitik der Schweiz schlecht sei.

Dass Begehrlichkeiten gegenüber den enormen Mitteln in den (virtuellen) SNB-Geldkammern bestehen, haben schon frühere Umfragen gezeigt. Mitte 2015 sprachen sich 77 Prozent für einen schweizerischen Staatsfonds nach dem Vorbild Norwegens oder Singapurs aus. Die Diskussionen, ob SNB-Mittel in die AHV oder in einen Staatsfonds fliessen sollen, ähneln sich. Und ein Staatsfonds könnte Geld für soziale Anliegen zur Verfügung stellen, etwa eine Stabilisierung der Vorsorgesysteme.

Leser Alfred Baumann schlägt indessen vor, auf Basis der SNB-Devisenreserven könnten Infrastrukturkredite vergeben werden, um den Übergang in die digitalisierte Wirtschaft zu erleichtern. Auch die Finanzierung von Projekten mit erneuerbaren Energien hält er für sinnvoll. Dies wäre ebenfalls Aufgaben eines Staatsfonds. Der Leser schreibt aber auch, die Investitionen kämen indirekt ja der AHV zugute.

Umstrittene Negativzinsen

In der Öffentlichkeit fühlen sich derzeit viele durch die SNB-Geldpolitik benachteiligt: Die SNB hat zur Stabilisierung des Euro-Franken-Kurses nicht nur die Devisenreserven massiv erhöht, sie führte auch Negativzinsen ein. Pensionskassen müssen vermehrt auf Aktieninvestments und andere Risikoanlagen ausweichen, weil Obligationen nicht mehr viel hergeben. Sparerinnen und Sparer sind aber auch je länger, je mehr direkt von Negativzinsen auf ihren Bankkonten betroffen (cash berichtete).

"Es ist richtig, dass ein Teil der SNB-Überschüsse an die Pensionskassen und AHV zurückerstattet wird, denn beide werden durch die Negativzinsen von der SNB geschröpft und zu hohen Risiken gezwungen", schreibt Leser "Roli" in der cash-Leserkommentarspalte.

Der Vorschlag, die SNB-Mittel für die Allgemeinheit einzusetzen, findet politisch links wie rechts Gehör. Vor einem Jahr lancierte SVP-Nationalrat Thomas Matter den Vorschlag einer einmaligen Milliardenausschüttung der SNB an die AHV. Matter forderte dies im Rahmen der politischen Bemühungen, die Altersvorsorge in der Schweiz zu reformieren. Von der SP auf der anderen Seite des politischen Spektrums sind immer wieder Forderungen gekommen, Nationalbankgewinne stärker zu verteilen.

Kritiker solcher Ideen finden sich typischerweise bei den Mitte-Parteien oder im bürgerlich-wirtschaftsnahen Lager. Auch UBS-Ökonom Daniel Kalt kritisiert den Vorschlag eines SNB-Fonds zugunsten der AHV. Indem Bilanzgelder ausgelagert werden, würde die SNB erst recht nicht mehr handlungsfähig. Ausserdem würde nur ein kleiner Teil des Fonds aus SNB-Eigenmitteln bestehen, womit je nach Lage der Finanzmärkte Ausschüttungen nicht garantiert werden könnten.