Wissings Ministerium äusserte sich am Dienstag nicht explizit zu dem Vorschlag. Der Minister selbst machte deutlich, dass er an einer schnellen Klärung interessiert sei. Diese müsse aber belastbar und verbindlich sein, sagte eine Sprecherin in Berlin. "Das prüfen wir gerade sorgfältig." Das Ministerium sei im engen Austausch mit der Kommission, um eine Lösung zu finden, die einen verlässlichen Weg aufzeige, wie Pkw mit Verbrennungsmotor auch nach 2035 neu zugelassen werden könnten, sofern sie nur E-Fuels betrieben werden.

Eigentlich hatten sich Unterhändler des Europaparlaments und der EU-Staaten bereits im Herbst darauf verständigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung des Deals durch die EU-Staaten wurde wegen Nachforderungen Deutschlands jedoch abgesagt. Weil auch Italien, Bulgarien und Polen das Verbrennerverbot ablehnen, hätte es ohne die deutsche Zustimmung nicht die nötige Mehrheit für das Gesetz gegeben.

In der Bundesregierung ist es vor allem die FDP, die darauf dringt, dass auch nach 2035 noch Neuwagen mit Verbrenner zugelassen werden dürfen, die klimaneutrale E-Fuels tanken. Die Partei begründet dies mit einem sogenannten Erwägungsgrund in der Einigung vom Herbst, der bestimmte Ausnahmen für Verbrenner mit E-Fuels vorsieht.

Auf dem Weg zu einer Lösung stehen das Verkehrsministerium und die EU-Kommission in engem Kontakt. Wissing hatte der Behörde von Ursula von der Leyen vergangene Woche selbst einen Lösungsvorschlag unterbreitet. Der Kommissionsvorschlag sieht nun unter anderem vor, dass alle Fahrzeuge, die ausschliesslich kohlenstoffneutrale Kraftstoffe tanken, nachweisen müssen, dass sie nicht auch mit Benzin oder Diesel betrieben werden können.

Aus der Wirtschaft kommt bereits deutliche Kritik am deutschen Vorgehen. "Die Unternehmen in der EU brauchen Klarheit und ehrgeizige Rechtsvorschriften", heisst in einem Brief Dutzender Unternehmen wie Ford , Volvo und Vattenfall an EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. "Es wäre ein sehr negatives Signal, die im letzten Jahr erzielte politische Einigung rückgängig zu machen." Die Unternehmen warnen vor einem "gefährlichen Präzedenzfall" in der EU-Politik, der das Vertrauen der Wirtschaft in politische Entscheidungsprozesse untergraben könnte. Zu den mehr als 40 Unterzeichnern gehören auch andere grosse Unternehmen wie die dänische Reederei Maersk, der Einzelhändler Tesco und Unilever .

Die französische Europa-Staatssekretärin Laurence Boone bekräftigte am Dienstag ebenfalls die Pariser Kritik am deutschen Vorgehen: "Ich denke, wir sollten uns an das halten, was vereinbart wurde."/wim/DP/ngu

(AWP)