Zur Finanzierung der Folgen der Coronakrise könnten die Euro-Länder im neuen Jahr Anleihen im Gesamtvolumen von 1,25 Billionen Euro ausgeben, wie die niederländische Grossbank ING schätzt. Mit dem gemeinschaftlich finanzierten Hilfspaket zur Stützung der Wirtschaft wird auch die Europäische Union selbst zu einem Grossemittenten.

In normalen Zeiten würde eine solche Emissionsschwemme den Renditen Auftrieb geben. Banken von ING über JPMorgan bis hin zur Société Générale sehen die Auswirkungen auf die Märkte allerdings gelassen und erwarten, dass die Bond-Verkäufe durch das milliardenschwere Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank mehr als ausgeglichen werden. Im Dezember hat die EZB ihr Notkaufprogramm für Anleihen um 37 Prozent auf 1,85 Billionen Euro aufgestockt.

Gesamtemissionen von 1,1 Billionen Euro

Die EZB-Käufe von Euroraum-Anleihen könnten das Nettoemissionsvolumen 2021 um fast 60 Prozent übersteigen, sagte Eric Oynoyan, Stratege bei BNP. Er schätzt die Gesamtemissionen auf 1,1 Billionen Euro, womit sie rund 6 Prozent unter dem Niveau von 2020 liegen würden. "Dies sollte dazu beitragen, die negativen Auswirkungen stärkeren Wachstums und höherer Inflation auf die Anleiherenditen im Jahr 2021 teilweise auszugleichen", so Oynoyan.

Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen dürfte sich laut BNP angesichts der EZB-Bondkäufe im neuen Jahr zwischen minus 0,2 Prozent und minus 0,5 Prozent bewegen. Ende 2020 lag die Bund-Rendite bei minus 0,575 Prozent. Nach Schätzungen von ING werden die EZB-Käufe das Euroraum-Emissionsvolumen - bereinigt um Tilgungen - um 240 Milliarden Euro übersteigen. Die ungebrochene Unterstützung durch die Zentralbank dürfte die Volatilität an den Anleihemärkten dämpfen und die Finanzierungskosten der mit der Wirtschaftsbelebung beschäftigten Regierungen deckeln.

Ein Grossteil der Käufe dürfte auf den Januar entfallen. In Bezug auf das Emissionsvolumen wird er wohl der geschäftigste Monat des Jahres, wie Société Générale schätzt. Die Bank rechnet mit rund 175 Milliarden Euro inklusive Emissionen in Verbindung mit dem Beschäftigungs-Stützungsprogramm der EU.

Niedrigere Kreditkosten

Die Finanzagenturen der Eurozone werden Strategen zufolge 2021 wahrscheinlich mehr Anleihen mit längeren Laufzeiten ausgeben, da sie versuchen, niedrigere Kreditkosten für einen längeren Zeitraum zu sichern. Ein Grossteil der Emissionen dürfte über Banken abgewickelt werden. Syndizierungen sind zwar teurer als Auktionen. Sie ermöglichen den Regierungen aber, sehr grosse Summen schnell aufzunehmen und gleichzeitig ihre Investorenbasis zu diversifizieren.

"Wir erwarten eine Menge konkurrierender Angebote, mit vielen 10-jährigen syndizierten Deals, sowie die Wiederaufnahme von SURE-Emissionen durch die EU im Volumen von rund 10 Milliarden Euro", schrieben Strategen der Société Générale um Jorge Garayo in einer Analyse. "Frankreich könnte eine neue 50-jährige bringen", erwartet die Bank. Zusammen mit einem 15-jährigen Papier Italiens dürfte dies der erste Nachfragetest bei Langläufern sein.

(Bloomberg)