Die Statistik ist klar: Der September ist für Aktieninvestments ein denkbar schlechter Monat. Kein anderer Börsenmonat weist eine derart negative Durchschnittsperformance auf. Das gilt für den amerikanischen Dow Jones, für den deutschen Dax und auch für die Schweizer Börse. Wie der folgende Chart zeigt, rentierte eine Investition in den Swiss Performance Index (SPI) seit 1988 mit durchschnittlich -1,1 Prozent. Ebenfalls eine negative Bilanz weist nur der Monat August auf.
Quellen: Bloomberg, Raiffeisen Investment Office
Tatsächlich fielen in der Vergangenheit immer wieder Ereignisse in den September, die grosse Auswirkungen auf das Börsengeschehen hatten: 2001 war es die Attacke auf die Twin Towers in New York, 2008 die Insolvenz von Lehman Brothers, 2015 sorgten die chinesischen Börsen für weltweite Verunsicherung unter Anlegern.
Die Grafik zeigt aber auch, dass die Schwankungen zwischen den Jahren gross sind - dass es also auch viele sehr gute Jahre gab (die grauen Punkte). Sprichwörter wie "Sell in May and go away, but remember to come back in September" machen also nur selten Sinn. Anlage-Experten schenken solchen saisonalen Verhaltensmustern denn auch wenig Beachtung.
"Statistisch gesehen gibt es Muster, die auf den September als besonders schlechten Börsenmonat hinweisen. Für uns sind diese aber zu wenig stark, um deshalb die Taktik zu ändern", sagt Roland Kläger, Leiter Investment Office von Raiffeisen. Für Christian Gattiker, Chefstratege der Bank Julius Bär, gehören solche Weisheiten schlicht in den Bereich der "Börsen-Folklore".
Dennoch gibt es einige wiederkehrende Merkmale, die den Herbstanfang an der Börse kennzeichnen. Tatsache ist zum Beispiel, dass nach den Sommerferien Ende August viele Investoren an die Märkte zurückkehren, was zu mehr Liquidität und tendenziell grösseren Schwankungen führt. "Zudem ist der September aus makroökonomischer Sicht der letzte Monat des saisonal schwächsten dritten Quartals. Und in Bezug auf Unternehmenszahlen herrscht gewissermassen ein Vakuum", sagt Bär-Stratege Gattiker.
Folgt der heisse Herbst?
In einem solchen Umfeld rücken dann (geo)politische Ereignisse eher in den Anleger-Fokus, so wie in den letzten Wochen immer wieder geschehen. Unsicherheitsfaktoren wie das Säbelrasseln zwischen den USA und Nordkorea begrenzen derzeit die Kursfantasien: Der Swiss Market Index (SMI) bewegt sich seit rund vier Monaten in einem engen Kursband zwischen 8800 und 9200 Punkten.
Folgt nun an der Schweizer Börse ein heisser Herbst? Wenn sich die geopolitischen Turbulenzen etwas legen, sind die Analysten durchaus zuversichtlich. Julius Bär rechnet in den nächsten sechs Monaten mit einer Rendite im mittleren einstelligen Bereich, die Dividenden miteingerechnet. "Die Weltwirtschaft brummt und erstmals seit sieben Jahren verzeichnen Europas Unternehmen wieder positives Gewinnwachstum", sagt Christian Gattiker. Auch für die Zürcher Kantonalbank bleibt der mittelfristige Aufwärtstrend intakt.
Etwas skeptischer ist Thomas Heller, Anlagechef der Schwyzer Kantonalbank. Seit Anfang 2016 hätten die Märkte keine Korrektur im zweistelligen Bereich mehr erlebt, und allmählich fehlt seiner Meinung nach die Phantasie für noch höhere Kurse. "Doch es braucht nicht viel für einen Rückschlag. Deshalb verpasse ich lieber etwas und stürze dann weniger tief ab als umgekehrt", sagt er.
Bei einer grossen Korrektur würde auch so manche Börsenweisheit wieder auf den Kopf gestellt – und verdeutlichen, was Mark Twain bereits 1894 schrieb: "Für Börsenspekulationen ist der Oktober einer der gefährlichsten Monate. Die anderen sind Juli, Januar, September, April, November, Mai, März, Juni, Dezember, August und Februar."