Mitte 2017 wurde zum Kauf deutscher Auto-Aktien geraten. Denn die Titel der grossen Hersteller Daimler, BMW und Volkswagen hatten zuvor alle mehr oder weniger deutlich korrigiert. Gründe waren Sorgen um Absatzmärkte, unter anderem ausbleibenden Appetit der Amerikaner oder Chinesen auf deutsche Karossen. Die Erholung des dritten wichtiges Markts, Europa, konnte die Befürchtungen nicht ausreichend dämpfen.

Wer diesen Rat damals befolgte und beispielsweise Anfang August zukaufte, wurde belohnt, denn 2017 stellte sich als Spitzenjahr für die Hersteller heraus. Daimler-Aktien steigen bis Ende Januar, also dem Zeitpunkt vor den Börsenturbulenzen, um 25 Prozent, BMW um 22 Prozent und Volkswagen gar um 40 Prozent.

Im Zuge der jüngsten Turbulenzen korrigierten auch diese Aktien wieder in der Grössenordnung von 10 Prozent, VW gar um 18 Prozent. Neben der unsteten Börsenentwicklung der vergangen Wochen, die fast alle Blue Chips erfassten, plagen die deutschen Autokonzerne auch andere Probleme.

Schlagabtausch um Zölle

Der Schlagabtausch um Zölle zwischen den US-Präsident Donald Trump und der EU führte am vergangenen Wochenende dazu, dass Trump auch Zölle auf Autoimporte in die USA androhte. Der Absatz von Daimler und BMW in den USA beträgt je etwa 15 Prozent. Weil die Hersteller auch in den USA selber produzieren, ist der Effekt solcher Zölle umstritten: Es gibt Beobachter, die sagen, dass der Verkauf von SUV und Luxuslimousinen, wie sie die Deutschen in den USA vor allem anbieten, wenig betroffen sei.

Die Citigroup rechnet vor, dass 71 Prozent der in den USA verkauften BMW importiert seien. Damit wäre der bayerische Hersteller allenfalls am meisten betroffen. Allerdings: Die Zölle sind noch nicht beschlossen. Es ist gut möglich, dass sie gar nicht eingeführt werden. Andererseits dürfte aber klar geworden sein, dass die USA unter Trump Handelsregeln zu ihren eigenen Gunsten ändern wollen.

Auch die Veränderung der Mobilität beschäftigt die grossen deutschen Hersteller. Bei der Entwicklung von Elektroautos müssen die Deutschen weiterhin viel investieren. Bei den Herstellern stehen genug Modelle bereit, die in den nächsten Jahren elektrisch auf den Markt rollen sollen. Aber Deutschland hängt dem Trend etwas hinterher: Der Publikumsliebling Tesla ist ein amerikanisches Auto. Dem Verlustschreiber Telsa haben die profitablen deutschen Autohersteller dafür ihre finanzielle Solidität voraus.

Ein kontroverses Thema sind seit der VW-Affäre um gefälschte Messdaten, die im September 2015 ins Rollen kam, die Diesel-Fahrzeuge. Nachdem Ende Februar durch das deutsche Bundesverwaltungsgericht Diesel-Verbote für Innenstädte erlaubte, hat sich die Diskussion erneut verschärft. Die Bank Berenberg etwa schreibt, dies sei "der Anfang vom Ende der Dieselfahrzeuge". Ob dies stimmt, ist umstritten: Wann, wo und in welchem Umfang solche Fahrverbote erlassen werden, ist nicht absehbar. Aber auf jeden Fall aber erhöht diese Entwicklung den Innovationsdruck auf die Hersteller. Zudem könnten auf die Hersteller teure Umrüstaktionen zukommen.

Daimler wird chinesischer

Der Daimler-Konzern ist vergangenen Monat in die Schlagzeilen gekommen, weil der Gründer des Geely-Konzerns, Li Shufu, einen 9,7-Prozent Anteil kaufte und damit zum grössen Einzelaktionär wurde. Nicht nur der chinesische Milliardär, auch Analysten gefällt Daimler: Viele von ihnen empfehlen die Aktie zum Kauf. Die Margenentwicklung bei der Marke Mercedes – Autos und Lastwagen – wird hervorgehoben. Dass sich der Konzern Anfang Februar wegen Kosten etwas vorsichtigere Ziele setzte, beunruhigte die Anleger nicht sonderlich.

Am Aktienmarkt steht BMW stärker unter Druck als Daimler. Beim Absatz hinkt BMW immer noch Mercedes hinterher, dabei wäre der Hersteller gerne Nummer Eins. Analysten befürchten zudem, dass der Hersteller 2018 operativ stagnieren könnte. Die Grossbank Barclays führt in einer Studie aber auch Vorteile von BMW ins Feld, die auch längerfristig von Bedeutung sind. So hätten BMW-Autos die besten CO2-Werte: Dieser Faktor werde dazu beitragen, dass der bayerische Hersteller seine technologische Vorrangstellung behalte. Das Unternehmen habe zudem seit 10 Jahren grosse Ressourcen in Elektroautos gesteckt.

Bei Volkswagen wird derzeit über einen Börsengang der Lastwagen-Sparte spekuliert.  Die Märkte würden dies wohl begrüssen, weil wenig Synergien zu den Personenwagen bestehen. Aber entschieden ist noch nichts. Ansonsten feierte auch Volkswagen ein gutes 2017, auch im aktuellen Jahr verlaufen die Verkäufe gut.

Tiefe Bewertungen

Wegen der jüngst wieder gesunkenen Kurse, aber allgemein wegen der guten Jahresaussichten verlocken die deutschen Autobauer zum Kauf. Zudem sind die Bewertungen sehr tief. Das prognostizierte Kurs-Gewinn-Verhältnis für 2018 von Daimler beträgt lediglich 7,2, bei BMW ist es bei 7,5 und VW bei gar nur bei 6,4.

Allerdings können Anleger wegen der genannten Probleme, vor allem die ungewisse Zukunft des Diesels und der Handelskonflikt mit den USA, negative Überraschungen erleben. Im Zug der Diesel-Affäre können Anleger ein Lied davon singen, hier wurde enorm viel Investorenvertrauen verspielt. Zumindest abwarten, wie sich die aktuellen Turbulenzen entwicklen, ist ratsam. Wenn sich Anleger für eine deutsche Auto-Aktie entscheiden wollen, dann ist wegen der guten operativen Leistung und des relativ guten Ausblicks derzeit Daimler die beste Wahl.