"En Marche!" (auf deutsch: Vorwärts!) heisst die vom französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron im Jahr 2016 gegründete Bewegung, die inzwischen bereits hunderttausende von Anhängern gefunden hat.
Und vorwärts geht es dank Macron auch an den Finanzmärkten. Seit er vor knapp zwei Wochen den ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen mit 24 Prozent aller Stimmen vor Marine Le Pen (21,4 Prozent) gewonnen hat, herrscht an den Börsen Erleichterung: Der französische Leitindex CAC 40 hat seither über 5 Prozent zugelegt, der deutsche DAX erreichte am Donnerstag gar ein neues Rekordhoch bei 12'648 Punkten. Auch die Schweizer Börse spürt den Drive, der SPI knackte am Donnerstag vor einer Woche erstmals in seiner 30-jährigen Geschichte die 10‘000-Punkte-Marke - und steigt weiter an.
Am Sonntag kommt es nun zum grossen Showdown: Macron tritt in der zweiten Wahlrunde gegen die rechtspopulistische Marine Le Pen an. Die Frage ist, ob der Aufwärtstrend an den Börsen bei einer Wahl Macrons anhält.
"Da ist wahrscheinlich schon einiges in den Preisen drin", dämpft Martin Lück im cash-Börsen-Talk etwas die Erwartungen. Lück ist Chef-Anlagestratege für Deutschland, Schweiz, Österreich und Osteuropa bei Blackrock. Im ersten Wahlgang sei Macrons Vorsprung höher als erwartet ausgefallen, so dass viele Marktteilnehmer bereits stark mit seiner Wahl am nächsten Sonntag rechnen würden, so Lück.
Nichtsdestotrotz haben die Anleger gemäss Lück das "Restrisiko" einer Wahl Le Pens noch nicht zu den Akten gelegt, so dass es trotzdem nochmals eine weitere, leichte Erholungsrally geben werde, falls Macron gewählt wird. "Je überzeugender Macron gewinnt, desto stärker dürfte dieser Effekt ausfallen", so der ehemalige Chefökonom von UBS Deutschland.
Le Pen als Horrorszenario für die Märkte?
Doch Macron ist noch nicht gewählt. Zwar hat er mit 60 zu 40 Prozent der Stimmen in Umfragen deutlich die Nase vorne, doch ist auch eine Wahl Le Pens nicht ganz auszuschliessen. Was dann? "Das wäre ein extremes Erschrecken für die Finanzmärkte", ist Lück überzeugt.
"Sollte es so weit kommen, würden die Märkte in einem ersten Schritt dramatisch abverkaufen", so der Kapitalmarktexperte. Er glaubt jedoch, dass sich die Börsen in einem zweiten Schritt - ähnlich dem Brexit-Votum - erholen würden. Aufgrund der einkehrenden Einsicht, dass es auch für Präsidentin Le Pen keineswegs selbstverständlich sei, ihre Ziele durchsetzen zu können. "Insofern würde sich diese extrem negative Marktreaktion mittelfristig zumindest ein bisschen relativieren." Daher sind Marktturbulenzen, die sich bei einer Wahl Le Pens ergeben können, auch immer eine Chance für Anleger. Sie können nach Abflauen der Aufregung zu tieferen Kursen einsteigen.
Eine Wahl Le Pens wäre jedenfalls eine unerwartete Wendung. Neben den Umfragen hat Macron auch in der ersten und einzigen TV-Debatte vom Mittwochabend eine deutlich bessere Figur gemacht. Zumindest, wenn man den Zuschauerbefragungen des Institut Elabe im Anschluss an die Debatte Glauben schenken will: 63 Prozent der Befragten fanden demnach Macron überzeugender, 34 Prozent Le Pen.
Im cash-Börsen-Talk sagt Martin Lück ausserdem, was die grossen Baustellen der EU sind, welche Branchen er derzeit Anlegern empfiehlt und weshalb sich ein Einstieg in den Schweizer Aktienmarkt noch immer lohnt.