An der Wall Street stiessen die Börsianer Ende der vergangenen Woche Risikoassets ab – sprich Aktien. Die Verkaufswelle ging am Montag in Asien weiter. Der japanische Aktienmarkt hatte einen der schlechtesten Handelstage seit Dezember. Aber auch die Bondrenditen sind unter Druck. Man erinnere sich: Vor einem Jahr kratzten die "Yields" der US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit an der 3-Prozent-Marke und stiegen später über sie hinaus – aktuell rentieren die Schuldtitel der USA wieder mit 2,32 Prozent.

Dies alles zeigt die Nervosität der Märkte und deren gestiegene Erwartung, dass es zu einer Rezession kommt. Vor allem die US-Wirtschaft wird als bedroht wahrgenommen. Aber auch die Eintrübung der Konjunktur in Europa beinflusst die Entscheidungen von Investoren.

Von diesen Entwicklungen tangiert ist nebst anderen sicheren Häfen wie Yen und Franken das Gold: Der Goldpreis steigt. Im vergangenen August befand sich der Preis mit 1161 Dollar für eine Unze auf einem Eineinhalb-Jahrestief. Seitdem ist es mit dem Goldpreis kontinuierlich nach oben gegangen. Das Jahreshoch 2019 war am 19. Februar bei 1341 Dollar erreicht.

Der Preis pro Unze Gold in den vergangenen 12 Monaten (Grafik: cash.ch)

Dann ging es mit dem Börsenwert des Edelmetalls wieder bergab, aber nur, um seit Anfang März wieder einen Anlauf zu nehmen. Aktuell kostet eine Unze 1319 Dollar.

Bei Grossinvestoren genauso wie bei privaten Anlegern bleibt Gold generell gefragt. Das Chief Investment Office der UBS berichtet, dass Notenbanken im vergangenen Jahr so viel Gold gekauft hätten wie seit fünf Jahrzehnten nicht mehr. Auch im laufenden Jahr zeigten sie sich als gute Goldkäufer. Vor allem die Währungshüter in den Schwellenländern wollen sich damit unter anderem gegen Inflationsrisiken absichern.

"Der Weg für Gold nach oben ist aus unserer Sicht weiter geebnet", schreiben die Rohstoffanalysten der Commerzbank in Deutschland. Die spekulativen Finanzinvestoren dürften weiter auf steigende Goldpreise setzen, nachdem laut Statistiken der Commodities Futures Trading Commission in den USA die Kontrakte für Netto-Longpositionen deutlich ausgeweitet worden seien. Die sinkenden Aktienkurse Ende vergangener Woche hätten auch die Nachfrage nach Exchange Traded Funds (ETF) auf Gold befeuert.  

Mehrere Faktoren sprechen für Preisanstieg

Die massgeblichen Treiber für den Goldpreis bleiben der Dollar, die US-Zinsen sowie die Entwicklung des Aktienmarktes und die politischen Risiken. Der Dollar hat gegenüber der zweitgrössten Weltwährung Euro innerhalb der vergangenen zwölf Monate um über 9 Prozent aufgewertet, was an sich schlecht ist für den Goldpreis: Dies macht den Erwerb des in der US-Währung gehandelten Edelmetalls teurer. Im Moment sehen Devisenexperten aber eine Stabilisierung des Dollarkurses. 

Auch für einen steigenden Goldpreis sprechen die Handlungen der US-Notenbank Federal Reserve, die wohl dieses Jahr definitiv von Zinsschritten absehen wird und die eine gedämpftere Konjunkturprognose vorgelegt hat. Und: Bei den US-Zinsen zeigt sich eine inverse Zinsstruktur. Die Renditen von den Staatsanleihen mit drei Monaten Laufzeit liegen leicht über jenen mit zehn Jahren Laufzeit. Zuletzt zeigten sich diese Zinskurven im Sommer 2007, also bei Anbruch der letzten Finanzkrise. Der Markt liest daraus, dass wieder eine starke Rezessionsgefahr besteht.

 

 

Bei den politischen Risiken prägt im Moment die verfahrene Lage um den britischen EU-Austritt das Geschehen: Die Krise der britischen Regierung erhöht die Unsicherheit, wobei Brexit ohne Abkommen nach wie vor eher unwahrscheinlich erscheint und damit auch die Einflüsse dieses Tauziehens auf die Finanz- und Goldmärkte limitiert sind. Allerdings ist auch der amerikanisch-chinesische Handelskonflikt noch nicht beigelegt, und neue politische Krisenherde können schnell wieder heiss werden. 

Die Entwicklung der Aktienmärkte schliesslich könnte einen steigenden Goldpreis ebenfalls begünstigen. Nach den deutlichen Kursgewinnen seit dem Jahresanfang in vielen wichtigen Märkten mündet die Entwicklung eher in eine unruhige Seitwärtsbewegung oder, über den Sommer hinweg, in rückläufige Kurse. Sollten sich die Rezessionsanzeichen verdichten, könnte Geld schneller von Aktien in sichere Häfen wie beispielsweise das Gold fliessen.