"Die Kombination aus Ukraine-Krieg und Null-Covid-Politik in China schwächen die Konjunktur", warnt Patrick Linden, Partner beim Vermögensverwalter Clartan. "Das Geflüster um eine mögliche Rezession in Europa wird lauter."

Gleichzeitig lasse die Unterstützung durch Firmenbilanzen nach, gibt Marc Decker, stellvertretender Aktien-Chef der Privatbank Quintet, zu bedenken. "Während die Berichtssaison im ersten Quartal bisher sehr stark war, gehen wir davon aus, dass sich das Wachstum verlangsamt und der Druck auf die Gewinnspannen auch aufgrund der Inflation zunimmt, so dass sich die Gewinnaussichten ab jetzt deutlich eintrüben könnten."

Anders als in früheren Krisen würden die Notenbanken diesmal den Börsen auch nicht als "weisse Ritter" zur Hilfe eilen, sagt Anlagestratege Marcus Hüttinger vom Vermögensverwalter Gane. Es sei unwahrscheinlich, dass sie von ihrem Kampf gegen Inflation abliessen und die Finanzmärkte wieder mit Geld fluteten.

Negativer Realzins macht Aktien attraktiv

Für Aktien spreche dagegen, dass die Realzinsen - Leitzins minus Inflation - weiterhin negativ seien, wirft Portfoliomanager Oliver Grass von der Fürst Fugger Privatbank ein. "Ein vollständiger Inflationsausgleich plus zusätzliche Rendite ist beim Investieren in Aktien perspektivisch nicht nur möglich, sondern auch realistisch. Dafür müssen die Anleger jedoch auch in unsicheren Märkten Ruhe bewahren."

In den vergangenen Tagen war davon aber wenig zu spüren. Der Dax schwankte stark und gewann insgesamt rund 2,6 Prozent. Damit vermied er den sechsten Wochenverlust in Folge. Das wäre die längste Serie seit mehr als zehn Jahren gewesen. Der Swiss Market Index (SMI) verliert auf Wochensicht hingegen 0,7 Prozent.

Sind US-Verbraucher weiter in Kauflaune?

Rückschlüsse auf die Aussichten für die Weltwirtschaft versprechen sich Börsianer von den US-Einzelhandelsumsätzen am Dienstag. Er erwarte für April einen Anstieg zum Vormonat um 0,8 Prozent, prognostiziert Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz. "Insgesamt wäre ein solcher Anstieg erfreulich, denn die Zeiten, dass die Verbraucher wegen der Pandemie vor allem Waren kauften und weniger Dienstleistungen konsumierten, sind inzwischen vorbei." Die Kauflaune der US-Verbraucher gilt als Hauptstütze der weltgrössten Volkswirtschaft.

Diesseits des Atlantik stehen nur wenige Konjunkturdaten auf Zettel. Am Mittwoch werden die endgültigen Zahlen zur Inflation in der Euro-Zone im April veröffentlicht. Experten sagen ein Plus von 7,5 Prozent im Jahresvergleich voraus. Am Freitag folgen die deutschen Erzeugerpreise.

Firmenbilanzen laufen ebenfalls nur vereinzelt ein. So öffnen im Ausland unter anderem der Billig-Flieger Ryanair, der Einzelhändler Walmart und der Netzwerk-Ausrüster Cisco ihre Bücher. In der Schweiz veröffentlicht am Montag LM Group die Quartalszahlen. Am Dienstag folgen SonovaObseva und On Holding. Am Mittwoch sind Orascom und Sportradar an der Reihe. Am Donnerstag geben Julius BärDufry, SoftwareONE und Züblin Einblick in den Geschäftsverlauf. Und am Freitag präsentiert Richemont den Zahlenkranz.

Unabhängig davon verfallen am Freitag Optionen auf Indizes und einzelne Aktien. Zu diesem Termin schwanken die Aktienkurse üblicherweise stark, weil Investoren die Preise derjenigen Wertpapiere, auf die sie Derivate halten, in eine für sie günstige Richtung bewegen wollen.

(Reuters/AWP/cash)