Weltweit nahm das Volumen der Rüstungslieferungen zwischen Staaten dagegen um 5,1 Prozent ab. Die USA bleiben Branchenprimus, Deutschland bleibt einer der fünf grössten Lieferanten. Sipri-Forscher Pieter Wezeman sagte: "Auch wenn die Waffentransfers weltweit zurückgegangen sind, sind diejenigen nach Europa aufgrund der Spannungen zwischen Russland und den meisten anderen europäischen Staaten stark gestiegen. Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine wollen europäische Staaten mehr Waffen importieren - und das schneller."

Mehr als die Hälfte (56 Prozent) der von diesen Staaten gekauften Waffen stammen dem Bericht zufolge aus den USA und 5,1 Prozent aus Deutschland. Die Ukraine wurde schlagartig einer der grössten Abnehmer: Seit ihrer Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991 hatte sie kaum schwere Waffen eingeführt. 2022 wurde sie durch die Militärhilfen aus den USA und Europa jedoch weltweit zur Nummer drei. Nur Katar und Indien importierten noch mehr. Im Zeitraum 2018 bis 2022 steht die Ukraine mit 2,0 Prozent der globalen Einfuhren auf Platz 14. Ihr drittgrösster Lieferant hinter den USA und Polen ist Deutschland.

"Vor 2022 gab es kaum Waffenlieferungen an die Ukraine. Sie lagen auf einem sehr niedrigen Niveau - vor allem, wenn man ihre Grösse und die Tatsache bedenkt, dass sie sich seit 2014 im Krieg befindet", sagte Wezeman der Deutschen Presse-Agentur. Dies sei der eine Teil, der sich deutlich verändert habe. "Der andere Teil ist, dass europäische Staaten in den vergangenen zehn Jahren, insbesondere seit 2014, erheblich auf die aus ihrer Sicht sehr stark gestiegene Bedrohung durch Russland reagiert haben." Die zunehmende Nachfrage durch die meisten europäischen Länder dürfte die Importzahlen in den kommenden Jahren wahrscheinlich noch viel stärker prägen.

Die USA und Russland sind seit Jahrzehnten die weltweit dominierenden Waffenlieferanten. Doch ihr Abstand zueinander wächst: Während die USA mit einem Anteil von nun 40 Prozent weiterhin Nummer eins unter den Exporteuren sind, ging Russlands Anteil deutlich auf 16 Prozent zurück. Frankreich ist Nummer drei mit starken Zugewinnen auf 11 Prozent. Die dortige Rüstungsindustrie hat auch noch deutlich mehr ausstehende Grossaufträge als Russland. Deshalb hält man es bei Sipri nicht für ausgeschlossen, dass Frankreich Russland überholt.

Das Volumen der russischen Rüstungsexporte sank im Vergleich der Zeiträume 2013-2017 und 2018-2022 um 31 Prozent, besonders stark in den vergangenen drei Jahren. Die Forscher glauben, dass sich dieser Trend wegen des Ukraine-Kriegs fortsetzen wird: Russlands Streitkräfte bräuchten die Waffen selbst. Zudem dürfte die Nachfrage aus anderen Ländern wegen der Sanktionen gegen Russland und des zunehmenden Drucks des Westens auf diese Staaten gering bleiben.

Komplettiert werden die fünf grössten Exportländer durch China und Deutschland. Das deutsche Exportvolumen ging dem Bericht zufolge im Fünfjahresvergleich um 35 Prozent zurück. Damit hatte die Bundesrepublik einen Anteil von 4,2 Prozent an den globalen Exporten (zuvor: 6,1 Prozent). Staaten im Nahen Osten waren die grössten Abnehmer deutscher Rüstungsgüter.

"Bei Deutschland haben wir solche Schwankungen schon zuvor gesehen. Das hängt oft mit einer relativ kleinen Zahl an grösseren Aufträgen für Marineausrüstung zusammen, besonders für U-Boote und Fregatten", sagte Wezeman. Bei mehreren Grossprojekten habe es Verzögerungen gegeben, etwa bei U-Boot-Lieferungen an die Türkei, Israel und Singapur. "Darauf basierend wäre es nicht verwunderlich, wenn die deutschen Rüstungsexporte wieder steigen würden."

Die Sipri-Daten beziehen sich auf das Volumen der Waffenlieferungen, nicht auf deren finanziellen Wert. Dem unabhängigen Institut geht es dabei um langfristige globale Trends: Da das Volumen von Jahr zu Jahr je nach Auftragslage stark schwanken kann, legen die Friedensforscher den Fokus auf Fünfjahreszeiträume statt auf Einzeljahre. Bei der Ukraine machten sie diesmal kriegsbedingt eine Ausnahme./trs/DP/zb

(AWP)