Lange hat es gedauert, aber diese Woche wurde es Realität: Der Schweizer Leitindex, der Swiss Market Index, hat die Marke von 10'000 Punkten übersprungen. Während sich der amerikanische Dow Jones und der deutsche Dax in etwa auf die Stände vom vergangenen Sommer erholt haben, ist der Schweizer Markt in den vergangenen Wochen in Richtung Rekordniveau davongezogen. 

Angesichts eines unsicheren Umfelds mit Handelsstreit, einer militärischen Auseinandersetzung am Persischen Golf und eingetrübten Konjunkturaussichten haben Anleger kräftig zu den Aktien von Novartis (4-Wochenperformance: +8,3 Prozent), Roche (+4,7 Prozent) und Nestlé (+2,9 Prozent) gegriffen - und diese Titel treiben den SMI wegen ihrer hohen Indexgewichtung massgeblich nach oben.

Mit dem defensiven SMI-Schwergewichtstrio, wie auch mit dividendenstarken, wenig schwankungsanfälligen Versicherern ist man auch bis auf weiteres gut bedient. Laut Thomas Steinemann, Anlagechef der Zürcher Privatbank Bellerive, wird der SMI seinen hohen Stand auch halten können. Er rät im cash-Börsen-Talk aber auch dazu, sich jetzt schon Gedanken über zyklische Werte zu machen, die im Laufe der kommenden Monate wieder stärkere Kurssteigerungen erleben dürften.

"Ich suche nach einem Zeitpunkt, zu dem man wieder eher bei zyklischen und kleineren Titeln einsteigen kann", sagt Steinemann. Diese Gelegenheit biete sich, wenn sich die Konjunktur weiter abschwäche - was in Europa, Japan und China der Fall sei. "Wenn die Zeitungen voll sind mit schlechten Konjunkturnachrichten, muss man in die zyklischen Werte einsteigen."

Kursverläufe des stark defensiv ausgerichteten SMI (grün) und des eher von zyklischen Titeln geprägten SPI Extra (rot) in den vergangenen zwölf Monaten (Grafik: cash.ch)

"Buy on Bad News", sagen auch englischsprachige Börsianer. Denn: Die Börse gehe der Konjunkturentwicklung einen Schritt voran, sagt Anlageexperte Steinemann. Der breite Markt mit den eher zyklischen Werten fiel vergangenes Jahr stärker als der defensiv ausgerichtete Blue-Chip-Markt. "Dies war ein Hinweis, dass sich die Konjunktur abschwächen wird, und das sehen wir jetzt auch", sagt Steinemann.

Umgekehrt werde ein festerer Trend bei den klein- und mittelgrosskapitalisierten Aktien darauf hindeuten, dass sich auch die Konjunktur wieder verbessere. Und in diesem Falle seien dann zyklische Titel gefragt.

Der Schweizer Markt verfüge diesbezüglich nach wie vor über "Industrieperlen", sagt Steinemann - Unternehmen, die in ihren Sparten Weltmarktführer seien. Ungerechtfertigt abgestraft mit einem Year-to-date-Minus von fast 8 Prozent, aber mit hohem Potential versehen sei etwa der Kabelspezialist Komax. Der Schraubenspezialist Bossard indessen, der seit Januar knapp 8 Prozent zugelegt hat, sei bisher wegen des angeblichen Klumpenrisikos mit dem Grosskunden Tesla gebremst worden: Aus solchen kurzfristigen Gründen sei die Performance bisher zu schwach gewesen und könnte sich noch verbessern.

Steinemann warnt Aktienanleger übrigens davor, sich zu sehr auf die Geldpolitik zu verlassen. Im cash-Börsen-Talk äussert er sich kritisch zur Wende der US-Notenbank hin zu Zinssenkungen, die am Mittwochabend offiziell kommuniziert worden ist. Das vollständige Video sehen Sie hier.