Eine altes Marktgesetz lautet: Geraten die Börsen unter Druck, steigt der Goldpreis. Die Idee dahinter: Trauen die Anleger den Aktienmärkten nicht, verschieben sie ihr Geld in sogenannte sichere Häfen wie Gold oder auch dem Schweizer Franken. Allerdings ist diese Regel derzeit ausgesetzt – zumindest was das Edelmetall betrifft.

In den letzten zwei Wochen brach der Goldpreis – im relativen Gleichschritt zu den Aktienmärkten – von seinem Hoch bei 1700 Dollar auf derzeit rund 1480 Dollar ein. Das sind satte 13 Prozent – für das eigentlich relativ schwankungsresistente Edelmetalle ein selten heftiger Absturz. Damit ist Gold so wenig wert wie seit drei Monaten nicht mehr.

Ein Blick auf die Goldpreis-Enwicklung der letzten zwölf Monate zeigt, wie kurz und heftig die Korrektur bisher ausfiel.

 Goldpreis-Enwicklung in den letzten 12 Monaten, Quelle: cash.ch

cash geht auf die vier wichtigsten Fragen zum Edelmetall ein, die sich Anleger derzeit stellen.

1. Warum ist die Krisenwährung Gold so volatil während der Corona-Krise?

Der Markt erlebt derzeit einen massiven Abzug von Liquidität. Die durch die Corona-Krise verursachten Unsicherheiten führten dazu, dass Anleger ihr Geld aus sämtlichen Anlageklassen abzogen, auch aus Gold. Warum?

Derzeit versuchen viele Marktteilnehmer, durch den Verkauf von Gold Gewinne mitzunehmen und somit ein Teil der Verluste im Aktienhandel auszugleichen. Zudem werden die Erlöse aus dem Goldverkauf mitunter dazu gebraucht, die Cash-Quote zu erhöhen.

Einerseits benötigen Anleger in der Krise Liquidität, um bei sinkenden Kursen nachkaufen zu können. Doch auch spekulative Anleger, die sich in anderen Anlageklassen "verzockt" haben und dringend Bares benötigen (so genannte Margin Calls), müssen notgedrungen ihre Goldbestände verkaufen, um an Cash zu kommen. Das lässt den Goldpreis absacken.

2. Was hat der starke US-Dollar mit der Dollarschwäche zu tun?

In den letzten zwei Wochen stieg der Dollar nach längerer Schwächephase gegenüber dem Euro um rund 4 Prozent. Das wirkt sich aus zweierlei Gründen negativ auf den Goldpreis aus.

Erstens: Weil Gold in der Regel in Dollar notiert und gehandelt wird (Feinunze), macht ein starker Dollar das Edelmetall für Käufer ausserhalb der Dollar-Region teurer. Das hat zur Folge, dass die Nachfrage nach Gold sinkt.

Zweitens übertrumpft der Dollar in grossen Krisen das Gold oft in seiner Funktion als sicherer Hafen. "Es gibt derzeit eine klare Präferenz für den Dollar, wenn sich die Marktrisiken erhöhen", stellt Vivek Dhar gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg fest. Das könne kurzfristig noch etwas weiter auf dem Goldpreis lasten, so der Experte.   

3. Wie wirken sich Massnahmen der Geldpolitik auf den Goldpreis aus?

Grundsätzlich gilt: Je stärker die Massnahmen der Notenbanken ausfallen, sprich je inflationärer das Umfeld wird, desto besser sind die Vorzeichen für Gold. Das von der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag verabschiedete 750-Milliarden-Programm für Anleihenkäufe könnte daher in den nächsten Wochen und Monaten einen "bullischen" Effekt auf das Edemetall haben. Mit dem beschlossenen Notfallprogramm mit einem Umfang von 750 Milliarden Euro will die EZB den Markt bis Ende 2020 mit zusätzlichem Geld fluten.

Zusammen mit anderen bereits laufenden und schon geplanten Käufen von Staatsanleihen, Firmenanleihen und anderen Titeln steigt das Volumen aller Anleihenkäufe der europäischen Währungshüter damit in diesem Jahr auf 1,1 Billionen Euro – zumindest langfristig ein gutes Zeichen für Goldanleger.

4. Wie sieht die langfristige Entwicklung des Goldpreises aus?

Trotz des jüngsten Sturzes des Goldpreises sind sich die meisten Experten einig, dass Gold auf längere Sicht noch Potenzial nach oben hat. James Luke, Goldexperte vom Fondshaus Schroders, drückt es so aus: "Derzeit könnten wir uns kaum ein bullischeres Umfeld für Gold vorstellen als wir es jetzt vorfinden."

Luke begründet dies mit den bereits sehr niedrigen Zinsen und hohe Schuldenständen in der Welt. Weitere Massnahmen würden den Goldpreis weiter stützen. Luke erwartet einerseits, dass die Zinsen durch die Geldpolitik der Notenbanken weltweit bei nahe null verharren werden. Zudem glaubt er, dass künftig vermehrt fiskalpolitische Massnahmen dazu eingesetzt werden, dass die Inflationsziele (knapp unter zwei Prozent) erreicht werden. Dabei schliesst er auch eine Ausgabe von Helikopter-Geld an die Bevölkerung keineswegs aus.